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Verena Farrar

Wieder Pflanzenschutz im Wein

Das Vertrauen ist weg: Winzer Jan Ulrich trennt sich kurzfristig von einem Großteil seiner Weinlieferanten.

Aktuell wurden 2.500 Liter Wein der Kernertrauben vom Verkauf und Vertrieb zurückgehalten. Wiederholt wurden von Hobbywinzern mit Pflanzenschutzmittel verunreinigte Früchte in der Weinkellerei Jan Ulrich abgegeben. Jetzt trennt sich der Winzer von vielen seiner Lieferanten, um die hohe Qualität seines Weins zu sichern. Schon wieder müssen Carola und Jan Ulrich ausbaden, was ihnen unsauber arbeitende Lieferanten eingebrockt haben. Im Wein der Sorte „Kerner“ wurde der Grenzwert für das Pflanzenschutzmittel Dimoxystrobin überschritten. „Gesundheitsschädlich oder gar giftig ist der Wein deswegen zwar nicht, aber das Pflanzenschutzmittel, dass in der Landwirtschaft erlaubt ist, darf im Wein nicht vorkommen“, erklärt der 46 Jährige. Er betreibt die Weinkellerei auf seinem Weingut gemeinsam mit seiner Frau bereits seit 1996. Das Schlimmste für die Winzer aus Diesbar-Seußlitz ist der Vertrauensverlust. „Wir wissen ja nicht mehr, wem wir noch trauen können“, so Jan Ulrich in der offiziellen Pressekonferenz. Mittlerweile wissen sie nicht, ob ihnen mit Vorsatz mit verunreinigter Wein verkauft wird, oder ob ein Hobbywinzer schlampig mit den strengen Vorgaben umgegangen ist. In jedem Fall waren zwei der drei genommen Proben positiv. Wieder hat sich gezeigt, dass der amtlich gültige Sachkundenachweis Pflanzenschutz kein ausreichendes Mittel ist, um die Reinheit des Weines zu garantieren. Denn bei der Prüfung der eingereichten Pläne gab es keinerlei Fehlverhalten oder Auffälligkeiten. Erst in der vorgeschriebenen Probe zur Anstellung der Qualitätsweinprobe wurde die Belastung ermittelt. Welcher Traubenlieferant die belasteten Früchte bei Ulrichs abgegeben hatte, soll jetzt eine Rindenprobe beweisen. Schwer enttäuscht waren die Ulrichs über die Informationspolitik der Landesuntersuchungsanstalt Sachsen (LUA). In ihren Augen habe das Amt seine amtliche Schweigepflicht verletzt und Informationen, die dem Winzer vorbehalten sind, an Dritte - in diesem Fall vermutlich sogar Journalisten - weitergegeben. „Wir werden eine Dienstaufsichtsbeschwerde einreichen. Wir können uns diesen unprofessionellen Umgang mit so sensiblen Daten nicht länger gefallen lassen“, erklärt Carola Ulrich. Immerhin sei das nicht das erste Mal gewesen. Ziemlich genau vor einem Jahr erlebte der Winzerbetrieb Ulrich das gleiche Szenario. 13.000 Liter verunreinigter Wein wurden damals vernichtet. Einen Teil der Kosten hatte die Versicherung eines möglichen Verursachers gezahlt, dann aber das Geld wegen mangelnder Beweise zurückgefordert. Wichtig für die Verbraucher ist: Auch diesmal wurde der Wein von Ulrichs sofort gesperrt und ist nie in den Verkauf oder Vertrieb gelangt. Dennoch ist der Imageschaden wieder enorm. „Noch einmal stehen wir diese Katastrophe nicht durch“, gesteht Carola Ulrich. Deshalb müsse man jetzt klare und endgültige Konsequenzen ziehen: „Wir werden uns von vielen Hobbywinzern trennen!“, fügt sie an. Die Traubenerzeuger der Region werden zeitnah informiert, ob ihre Trauben auch künftig noch abgenommen werden können oder nicht. „Leider wird das auch einen Wandel im Weinbau des Elblandes bedeuten, immerhin könnte es sein, dass viele ältere Hobbywinzer ihr Geschäft deshalb aufgeben“, vermutet Jan Ulrich. Für die Weinkunden werde das bedeuten, dass zugekaufte Sorten, die Ulrichs selbst nicht auf ihrem Weinberg haben, nicht mehr im Sortiment erhältlich sind. Das sei das kleinere Übel mit dem man eben leben müsse. „Wir sind unseren Kunden verpflichtet und stehen seit Jahren für die hohe Qualität unserer Erzeugnisse, das dürfe weder durch unsachgemäßen Umgang mit Pflanzenschutzmitteln, noch durch eine zerstörerische Berichterstattung einzelner Medien vernichtet werden“, mahnt Carola Ulrich. Nicht nur das Sächsische Weinbaugebiet im Elbland und die Kulturlandschaft haben einen guten Namen zu verlieren, sondern jeder einzelne Winzer. www.weingut-jan-ulrich.de


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