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Carola Pönisch

So ticken die neuen Winzer im Elbland

Chillout-Mucke statt Klassik, soziale Netzwerke statt Printmedien und Bodenständigkeit anstelle von Expansionsgedanken: Im Elbland hat sich die nächste Winzergeneration längst auf den Weg gemacht. Selten gelingt die Nachfolge so reibungslos wie in Sörnewitz bei der Familie Schuh.
Foto: Schramm

Foto: Schramm

Es ist der offizielle Tag der Unternehmensübergabe in Sörnewitz. Im Hintergrund tüdelt elektronische Musik und Matthias Schuh und seine Schwester huschen zwischen Fotografen, Kunden und Weinpräsentationen hin und her. Ab heute hat der Nachwuchs das Sagen im Weingut und auf den Weinbergen. Vater Walter, der nach der Wende aus Trier hierher kam, geht in den Ruhestand – wohlverdient, wie man sich hier erzählt. Auf dem Traktor zwischen Reben – das ist so ziemlich das erste, woran sich Sohn Matthias Schuh (28) erinnern kann. „Eben im Weinberg aufgewachsen", lacht er. Klassische Winzerlehre und Weinbautechniker folgten. Es ging für zwei Jahre nach Neuseeland und für einige Zeit nach Bordeaux. Hat´s was gebracht? „Ja. Weniger beruflich, vielmehr für die persönliche Entwicklung. Weinbau ist letztendlich doch überall gleich", erzählt Matthias weiter. Die Familie Schuh kümmert sich um eine Anbaufläche von etwa fünf Hektar und produziert jedes Jahr rund 60.000 Flaschen. 80 Prozent davon geht an Privatkunden, etwa 15 Prozent in die Gastronomie. Man legt Wert auf eine intensive Zusammenarbeit mit den Gastronomen. „Schließlich verkaufen wir nicht nur ein Getränk, sondern ein Stück Genießer-Kultur mit einer Geschichte dahinter", meint Matthias. Dank eines Zufalls ist der Schuh-Wein seit einigen Jahren sogar auch in Dänemark erhältlich. Dazu kommen die Pension, das Weinrestaurant und zwei Vinotheken in Meißen und Sörnewitz. Die Aufgaben sind zwischen den Geschwistern klar verteilt. Doch was reizt eigentlich an dem Job? „Er ist abwechslungsreich und manchmal auch ziemlich anstrengend. Man muss sich hin und wieder selbst kneifen, in welcher Traumkulisse man arbeiten darf. Du kannst aber im Weinberg auch wunderbar abschalten und dir neue Sachen überlegen", sagt der 28-Jährige. Vermutlich entstand auch dort die Idee zu der neuen Etikettenserie im Periodensystem der Elemte-Stil – „Tr" für Traminer, „Mt" für Müller-Thurgau und „Bg" für Weissburgunder. Neuerdings finden sich auch die Weine „Roter Schuh" und „Weißer Schuh" im Sortiment. Matthias überlegt noch, einen „Heißen Schuh" für die kalte Jahreszeit anzubieten. Um die Neuigkeiten bekannt zu machen, setzt er auf soziale Netzwerke. Trotz der Liberalisierung im Weinanbau zum Jahresbeginn hegt man zwischen Coswig und Meißen keine Expansionsgedanken. „Die Betriebsgröße ist ideal. Ich will auch künftig noch im Weinberg stehen und wissen, was dort passiert", erzählt Matthias. Und der ganze behördliche Kram, von dem man im Weinanbau immer hört? „Ehrlich gesagt habe ich auch keine Lust, jeden Liter im Weinbuch einzutragen. Das gehört aber eben dazu. Sowas gibt´s in jeder Firma", sagt er. Von den Eltern gab es jedenfalls keine Ansage. Katharina und Matthias beteuern, sich ihre berufliche Zukunft selbst ausgesucht zu haben. Dass der Nachwuchs im Weinbau meistens aus den eigenen Reihen stammt, ist für die Branche Fluch und Segen zugleich. Viele Winzer, die in den 70er angefangenen haben, gehen straff auf die Rente zu. „Ich persönlich kenne außer mir nur einen Jungwinzer in der näheren Umgebung", meint Matthias. Wie sich die Lage im kleinsten Anbaugebiet der BRD entwickeln wird, kann keiner vorhersagen. Dass es für die nächste Generation noch viel Arbeit gibt, um Sachsen-Wein bekannter zu machen, ist jedoch unstrittig. „Wir sind aber dran", verspricht Matthias. André Schramm


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