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Ein Film gegen das Vergessen

»Klara und Salo Jacob – ermordet in Theresienstadt. Sie fehlen.« Mit Kreide geschrieben steht dies seit dem Abend des 9. Novembers auf der Langen Straße vor dem Haus mit der Nummer 39. Vor dem Haus hält eine Kerze und eine Rose die Erinnerung wach.
Filmaufnahmen auf dem Marktplatz zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Foto: Anne Broda

Filmaufnahmen auf dem Marktplatz zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Foto: Anne Broda

Klara und Salo Jacob betrieben dort ein Bekleidungsgeschäft. Ab 1933 wurde in Deutschland ein Gesetz nach dem anderen erlassen, dass es Juden enorm erschwerte und schließlich unmöglich machte, ihren geschäftlichen oder privaten Tätigkeiten nachzugehen. Salo und Klara Jacob entschieden sich unter wachsenden Druck der Nationalsozialisten etwa 1936 Spremberg zu verlassen. Sie versuchten in Breslau neu anzufangen. Von dort wurden sie im August 1942 ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Ein halbes Jahr später wurden beide dort ermordet. Klara und Salo Jacob waren – wie viele weitere Jüdinnen und Juden – ein selbstverständlicher Teil der Spremberger Stadtgesellschaft. Im Nationalsozialismus wurden sie von ihren Mitbürgern ausgegrenzt, verfolgt und vertrieben.

Am Anfang stand nur ein Name

Eine Gruppe von Spremberger*Innen hat in den letzten Wochen viele solcher Biographien recherchiert. Am Anfang stand oft nur ein Name. Mit Hilfe von Archiven, Datenbanken und Zeitzeug*Innen fügten sich dann oft Puzzleteile aneinander und Hinweise zu weiteren Schicksalen taten sich auf. Wertvolle Hinweise fanden sich etwa im Spremberger Heimatkalender von 2002. Dort fand sich auch der Hinweis auf die Novemberpogrome in Spremberg. Der Spremberger Anzeiger titelte am 10. November 1938: »Auch in Spremberg kam es zu nächtlichen Kundgebungen vor jüdischen Wohnungen. Mehrfach drang man in die Räume ein, durchsuchte und zertrümmerte einen Teil der Einrichtungen.« »Wir stehen erst am Anfang der Recherche und konnten trotzdem schon enorm viel herausfinden«, erzählt Pfarrerin Jette Förster und sagt weiter: »Viele Menschen haben bereits Interesse geäußert, mit zu forschen oder bei dem nächsten Gedenken mitzumachen.« Eigentlich wollten die Kirchengemeinden am 9. November auf dem Marktplatz gedenken. »Aufgrund der Corona-Pandemie haben wir uns aber entschieden, dieses Jahr einen Film zu drehen, der auf Kanal 12 und bei YouTube ausgestrahlt wird«, berichtet Pfarrerin Elisabeth Schulze. Pfarrerin Jette Förster ergänzt: »Mich hat es sehr beeindruckt, dass sich für jede Biographie eine Spremberger*In gefunden hat. Wir konnten vor den Wohnhäusern drehen und dabei haben sich spannenden Gespräche mit den heutigen Bewohner*Innen ergeben.« Die Gruppe will weiter forschen und freut sich über weitere Mitstreiter*Innen. Für Pfarrerin Elisabeth Schulze leistet das aktive Erinnern einen wichtigen Beitrag zu unserem heutigen Zusammenleben: »An wen wir erinnern, welche Ereignisse im Stadtbild präsent sind, sagt etwas darüber aus, was uns heute wichtig ist und welche Einstellungen wir an unsere Kinder weitergeben möchten.«


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