Umdenken beim Totholz?
Seit Ende August dieses Jahres ist schweres Gerät im Nationalpark Sächsische Schweiz unterwegs. Dabei geht es den abgestorbenen Bäumen endlich an die Wurzel – oder besser gesagt an den Stamm. Hauptwege, wie im Polenztal und der Elbleitenweg werden von den tickenden Zeitbomben beräumt. Die Maßnahme, die sich zunächst in den Gemeindegebieten von Hohnstein, Lohmen und Schmilka erstrecken wird, soll der Freihaltung von Rettungs- und Wanderwegen dienen.
Weitere Arbeiten sind bereits im Winter zur Absicherung von Gebäuden erfolgt. »Wir haben eine Genehmigung für die Beräumung von 13 Einsatzwegen und fünf Wanderwegen von der Landesdirektion erhalten. Bis Februar sollen die Arbeiten an diesen Stellen abgeschlossen sein«, sagt Uwe Borrmeister, Leiter des Nationalparks.
Erstaunliche Entwicklung?
Eine »erstaunliche Entwicklung«, wie aus Reihen der Bürgerinitiative Naturpark Sächsische Schweiz bemerkt wird, ist hier möglicherweise ein vorsichtiges Abrücken vom Prinzip des Nationalparks, »Natur Natur sein lassen« zu beobachten. Es stellt sich daher die Frage, ob diese Maßnahme ein Umdenken der Nationalparkverwaltung über die Bedeutung des Totholzes als Brandlast darstellt oder zunächst nur einige »Rettungswege« beräumt werden sollen. Die Beräumung der ersten Areale des Nationalparks von Totholz wird von der Bürgerinitiative begrüßt, hat sie doch diese Forderung im Zusammenhang mit einem standortgerechten Waldumbau schon seit den Waldbränden im letzten Sommer aufgestellt.
Ein erstes Waldbrandgutachten von Prof. Michael Müller von der TU Dresden brachte hervor, dass Totholz nicht zur verstärkten Ausbreitung des Feuers beigetragen hätte. Dies gelte allerdings nicht für Reisig, dem bescheinigt wird, Bodenfeuer länger anzuhalten. Aufbauend auf diesem Gutachten erschien im März 2023 der »Bericht der Expertenkommission zu den Waldbränden des Sommers 2022.« Die Bürgerinitiative kritisiert die vielen Unklarheiten in dem Bericht, wie beispielsweise die fehlende Definition von »Totholz« und die Bewertung des Einflusses der abgestorbenen Fichten bei der Entstehung von Flugfeuern. Die Sprecherin der Naturpark-Initiative, Hanka Owsian, stellt sich nun die Frage: »Liegt der jetzt vollzogenen Reduzierung des Totholzanteils im Nationalpark die Erkenntnis zugrunde, dass totes, trockenes Holz wie Zunder brennt und dadurch Waldbrände begünstigt und folglich Menschenleben, Pflanzen und Tiere gefährdet werden?«
Nationalpark folgt Expertenkommission
Zumindest folgt die Nationalparkverwaltung den Empfehlungen der Expertenkommission und setzt die Maßnahmen zur Waldbrandvorbeugung auf oberste Priorität, wobei sie auch Hinweise der Bürgerinitiative berücksichtigt hat. Dazu gehört die Fällung und teilweise Beseitigung von Totholz für die Wegesicherung entlang von Rettungs- und Wanderwegen sowie in der Nähe von Objekten und Siedlungen. »Dabei wird bei Sicherungsmaßnahmen entlang der bearbeiteten Wegstrecken im Nationalpark aufgrund des vorbeugenden Waldbrandschutzes mit dem gefällten Totholz in diesem Jahr teilweise anders als vorher verfahren. Das Feinmaterial des an den Wegen eingeschlagenen Holzes – also Äste und Reisig unter sieben Zentimeter Durchmesser – wird in unmittelbarer Wegenähe entfernt, um die Brandlasten zu senken und Hindernisse für Einsatzkräfte zu minimieren«, sagt Nationalpark-Leiter Uwe Borrmeister. An den wichtigsten Einsatzwegen werden auf einer Breite von jeweils fünf Metern Stämme, Totholz und Reisig entfernt. Eine grundsätzliche Entnahme von Totholz aus dem Nationalpark wird aber nicht angestrebt. »Wir entscheiden, wo wir die verfügbaren Ressourcen einsetzen können und das geschieht zunächst in den Bereichen, wo Totholz an Siedlungen angrenzt«, ergänzt er.