

„Der Laden ist optimal für mich, mit großen Schaufenstern und Parkplätzen vor der Tür“, verrät Gwiszcz. Im Erdgeschoss zieren bereits verschiedene Kopftücher die Regale. Der Blick in die obere Ebene fängt die Schneiderpuppen mit Stücken ihrer Kollektion ein. Gleich daneben sind die Nähmaschinen schon im Einsatz. An der Wand beherbergt ein großes Gestell diverse Stoffballen: weiße Baumwollspitzen, Blaudruck-Stoffe mit unterschiedlichen Mustern, Ballen mit senfgelbem Stoff, mit dunkelrotem und solche in kräftigen Grüntönen. Demnächst werden noch Vorhänge den Arbeits- und Umkleidebereich von den Blicken der Passanten trennen. Heimatgefühle für Spreewälder Zu schauen haben diese dennoch sehr viel, denn die Stücke der Lübbenauerin sind auffällig einzigartig. Insbesondere die Spreewälder werden beim Betrachten der Kollektion Heimatgefühle verspüren. Für ihre Entwürfe verwendet Sarah Gwiszcz kräftige Farben und greift auf bewährte Muster hiesiger Trachten zurück. Sie selbst hat auch „eine uralte Tracht“ zu Hause und lässt sich gern von den sorbischen/wendischen Modellen inspirieren. Dazu gekommen ist sie durch ihr Studium an der Akademie Mode & Design in Berlin. „Das war schon witzig, da gehe ich nach Berlin studieren und werde wieder mit dem Spreewald konfrontiert“, lacht sie. Die Hochschule hat sich dem Projekt „Sorbisch modern“ gewidmet. Zielstellung war es, Kleidung für junge Sorben zu entwerfen. Das hat ihr gefallen und so ist sie dabei geblieben. Im Anschluss hat sie das Jugendprojekt „Zieh dir was an!“ geleitet. Modelabel „Wurlawy“ im März 2014 gegründet Im März 2014 hat die junge Designerin ihr eigenes Modelabel „Wurlawy“ gegründet. Frei aus dem Sorbischen/Wendischen übersetzt, steht der Name für „wilde Spreewaldfrauen“. Wild sind auch ihre entworfenen Kleidungsstücke, mit Totenköpfen auf Kopftüchern, mit denen sie in der Vergangenheit für Aufmerksamkeit sorgte. „Von den Totenköpfen will ich eigentlich weg. Aber nun hat mir die „Plauener Spitze“ zwei Muster mit entsprechenden Motiven geschickt und gesagt ‚Mach was draus‘“, schmunzelt Sarah Gwiszcz. Den Faden will sie natürlich aufnehmen. Trotz bevorstehender Geschäftseröffnung sitzt die Modedesignerin entspannt an ihrem Schnitttisch und arbeitet ohne Unterlass an einem bestellten Kleid. „Alle Stücke, die hier vor Ort gekauft werden, sind Maßanfertigungen“, verrät die 27-Jährige. Sie habe auch Konfektionen in den gängigen Maßen hergestellt. Diese werden im Online-Shop angeboten. „Den muss ich unbedingt neu bestücken. Er ist so gut wie leer gekauft“, schießen ihr die Aufgaben durch den Kopf. Shop ist Atelier und Werkstatt „Konfektion zu machen ist nicht so einfach, weil jeder Körper anders gebaut ist.“ Die Stücke müssen so geschnitten sein, dass sie einer breiten Masse passen. Wer auf Nummer sicher gehen will, lässt lieber Maß nehmen. „Das habe ich auch schon per Telefon gemacht. Ein Spreewald-Gast aus Bayern wollte seine Frau mit einem Blaudruck-Kleid überraschen. Und es passt“, freut sich die neue Ladenbesitzerin. Von ihrem eigenen Geschäft verspreche sie sich viel, schätzt die Nachfrage aber auch realistisch ein. „In der Vergangenheit habe ich öfter gemerkt, wenn ich erreichbar gewesen wäre, hätte ich einen Auftrag mehr gehabt.“ Ihren Shop in der Straße des Friedens nutzt die Jungdesignerin fortan auch als Atelier und Werkstatt. „Wenn ich hier bin, bin ich auch erreichbar“, so Gwiszcz. Ihre Öffnungszeiten will sie in die Nachmittagsstunden legen. „Dann kommen meine Kunden.“ Stammkunden habe sie auch schon. Und diese sind nicht nur an ihren modernen Kollektionen interessiert. „Ich fertige auch ganz normale Trachtenteile, nach altem Vorbild. Das hat sich mittlerweile herumgesprochen“, freut sie sich. Wer also für die nächste Fastnachtssaison noch ein Kopftuch, eine Trachtenjacke (im Spreewald „Polka“ genannt) oder einen Rock benötigt, kann die Stücke bei Sarah Gwiszcz in Auftrag geben. Auf viele Bestellungen ist sie auch angewiesen, um ihr Geschäft zu halten. „Ich hoffe, dass sich der Laden trägt und ich auch im nächsten Sommer noch hier sitze“, wünscht sich die Spreewälderin für die Zukunft. „Ich bin sehr froh, dass mir die WiS mit dem Bezug des Geschäftes entgegenkam“, gibt sie zu. „Das macht nicht jeder. Angebot steigert Lebensqualität „Sarah Gwiszcz bereichert das Sortiment in der Lübbenauer Neustadt. Wir freuen uns, dass sie das ehemalige spreewiesel-Center am wis-a-vis angemietet hat“, erklärt Michael Jakobs, Geschäftsführer der WiS. „Sie macht den Spreewald auf ihre einzigartige Weise bekannt und sorgt für Aufmerksamkeit. Davon profitieren alle in der Region“, ist sich der Wohnungswirtschaftler sicher. Er freue sich, „wenn talentierte, gut ausgebildete Leute der Region treu bleiben und mit ihren Angeboten für mehr Lebensqualität sorgen.“ Darum unterstütze die WiS Sarah Gwiszcz gern. Vorgeschlagen habe man ihr die Ladenfläche bereits 2012. „Fashion-Week-Auftritt“ „Damals hatte ich jedoch nur eine Kollektion und konnte niemanden finden, der sich mit mir den Laden und die Miete teilt“, erläutert Sarah Gwiszcz rückblickend. Drei Jahre später sieht die Situation anders aus. Im Juli hatte sie ihren ersten „Fashion-Week-Auftritt“ auf der Veranstaltung „Potsdam Now“. „Die Anfrage kam ziemlich kurzfristig und ich war hin und her gerissen, ob ich es wagen soll“, verrät sie. Eine eigene Show laufen zu lassen, sei für einen Designer ein erheblicher finanzieller Aufwand. „Nach Rücksprache mit Kollegen und einer Förderzusage der Stadt Lübbenau habe ich mich dann doch zu dem Auftritt entschlossen. Und das war gut so“, erzählt Gwiszcz. Zahlreiche Medien haben über sie und ihre außergewöhnliche Kollektion berichtet. „Danach steigerten sich die Aufträge“, sieht sie sich in ihrem Schritt bestärkt Familie gibt Rückendeckung Unterstützung für ihre Ideen bekommt sie aus dem Elternhaus. „Meine Mutti hält mir seit jeher den Rücken frei und redet mir immer gut zu.“ Auch bei der Besichtigung des Ladengeschäftes hat diese ihre Tochter positiv bestärkt: „Was überlegst du eigentlich noch?“ hat sie gefragt. „Ohne die familiäre Rückendeckung wäre ich nicht so weit gekommen“, gibt sie ehrlich zu. „Denn eigentlich bin ich ein Schisser, der vor allem Neuen ordentlich Bauchflattern hat.“ Lampenfieber gehört ja bekanntermaßen vor jedem Auftritt dazu und hat auch die Spreewälder Modedesignerin ins Rampenlicht katapultiert Alternativen zum Dirndl Und was sagen die Einheimischen dazu? „Ich trage selbst oft eine Tracht und finde es toll, was Sarah macht“, meint Candy Hentschel aus Burg. „Wenn man sich anschaut, wie viele junge Mädels in unserer Region ein bayerisches Dirndl besitzen, ist es wirklich an der Zeit, dass passende Alternativen geschaffen werden“, findet sie. „Ich mag die Blaudruck-Motive und habe schon viele „Wurlawy“-Stücke gesehen, die mir gefallen würden. Da muss ich allerdings noch ein wenig sparen“, verrät die 35-Jährige. „Das Teuerste an meinen Sachen sind die Stoffe“, erklärt Sarah Gwiszcz. Qualität hat dabei für sie oberste Priorität. So auch beim Näh-Vorgang selbst. „Made in Germany“ sei ihr wichtig und darum arbeitet sie mit einer Näherei in Cottbus zusammen. Auch ihren Schmuck lässt sie in der Region fertigen. „Angesichts der vielen Stunden, die Sarah Gwiszcz für und mit dem Kunden für die Anfertigung eines Stückes zubringt, ist der Kaufpreis keinesfalls zu hoch“, schätzt auch Candy Hentschel ein. Modenschau am Eröffnungstag Am Eröffnungstag will Sarah Gwiszcz bei einer Modenschau zeigen, was Frau auch in der kühleren Jahreszeit tragen kann. Gespannt erwartet sie ihre ersten Kunden in ihrem neuen Laden. Als kleine Überraschung gewährt sie einen Rabatt auf Accessoires für alle, die anlässlich des WiS-Herbstfestes im Kostüm erscheinen. Neben ihrer bestehenden Kollektion will die Modedesignerin auch Innendekorationswaren, wie Kissen oder Blaudrucktischdecken anbieten. An Taschen und Stoff-Beuteln arbeitet sie derzeit ebenfalls eifrig, um für die Eröffnung vorzuproduzieren. Hintergrund: „sorbisch modern“ ist ein Projekt der „Anstoß – Generationsübergreifende Entwicklung gesellschaftlicher Perspektiven in der Niederlausitz" und der Akademie Mode & Design Berlin in Zusammenarbeit mit der Domowina und der Stiftung für das sorbische Volk. • Facebookseite von Sarah Gwiszcz