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Stefan Staindl

»Wer Ostern, Christi Himmelfahrt und Pfingsten feiert, glaubt an eine Zukunft.«

Senftenberg. Bunte Ostereier in den Vorgärten weisen auf das Osterfest hin. Über das wichtige Fest der Christen spricht Uta Wendel, Pfarrerin im evangelischen Kirchenkreis Niederlausitz, im WochenKurier-Interview.

Pfarrerin Uta Wendel wird ab September kirchliche Amtshandlungen und voraussichtlich auch Gottesdienste in der evangelischen Kirchengemeinde Senftenberg übernehmen. Pfarrer Manfred Schwarz geht in den Ruhestand.

Pfarrerin Uta Wendel wird ab September kirchliche Amtshandlungen und voraussichtlich auch Gottesdienste in der evangelischen Kirchengemeinde Senftenberg übernehmen. Pfarrer Manfred Schwarz geht in den Ruhestand.

Bild: © Franziska Dorn

Christen feiern Ostern mit der Auferstehung Jesu die Überwindung des Todes und die Aussicht auf ein ewiges Leben im kommenden Reich Gottes. Was ist für Sie Kern der Osterbotschaft?

›Das Leben geht weiter.‹ Für mich ganz persönlich, für unser Miteinander in dieser Welt, für unsere Erde - auch für unsere Kirche. Und zwar ein Leben, das diesen Namen auch verdient! Ein Leben unter dem Segen Gottes. Ich glaube, dass Gott immer wieder neu Leben schafft: In der Natur. Aber auch in ausweglos scheinenden Situationen. Nach Katastrophen. Und nach allem, was Menschen einander antun können. Gottes Liebe ist größer als alle Todesmächte. Die Liebe ist es, die Leben schafft. Und die Liebe hat gewonnen. Ich denke, das haben die Jünger Jesu nach seinem Tod erfahren. Gottes Liebe, wie Jesus sie verkündet hat, ist wieder wirksam. Deshalb: ›Das Leben geht weiter.‹

So eine Auferstehung von den Toten ist heute nur schwer vorstellbar. Wie erklären Sie dieses Wunder den Menschen im 21. Jahrhundert?

Der Glaube an die Auferstehung hat nichts mit irgendwelchen Zombie-Vorstellungen zu tun. Er meint nicht, dass Jesus ein zweites biologisches Leben bekommen hätte - das dann ja auch irgendwann an sein Ende gekommen wäre. Aber seine Freunde müssen erfahren haben: Das, was Jesus gesagt und gelebt hat, ist wieder da. Vertrauen in Gottes Liebe. Solidarität mit den Schwachen, mit denen auf der Schattenseite der Welt. Leben aus der Vergebung. Liebe und Barmherzigkeit. All das war wieder da, obwohl Jesus auf grausame Weise getötet worden ist. Nicht die Angst hat das letzte Wort, sondern die Liebe.

Welche Kraft und welche Hoffnung können wir heute aus der Osterbotschaft ziehen - gerade mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen und Krisenherde unserer Zeit?

Die Kraft, immer wieder neu anzufangen. Jeder Tag ist eine neue Schöpfung. An jedem Tag steht uns Gott aufs Neue zur Seite - was auch immer passiert ist. Es geht darum, das Jetzt zu gestalten und auf Zukunft hin zu hoffen. Für mich persönlich heißt das: Das Leben hat Sinn - auch wenn ich krank bin oder um einen lieben Menschen trauere. Aus der Liebe zu leben macht Sinn. 

Unser biologisches Leben kommt natürlich irgendwann an sein Ende. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott dann für uns da sein wird. Für unsere Welt heißt das: Es macht Sinn, Menschen in Krisengebieten beizustehen, zu helfen und zu trösten, für mehr Gerechtigkeit einzutreten. Es macht Sinn, die Hoffnung auf Frieden nicht aufzugeben. Gespräche, Verhandlungen grundsätzlich für möglich zu halten - auch wenn im Moment alles dagegenspricht. Es macht Sinn, barmherzig zu sein, für die Schwachen einzutreten - auch wenn man sich damit nicht überall Freunde macht.

Aktuell befinden wir uns in der Fastenzeit. Diese Phase der Entbehrung endet am Ostersonntag. Welche Rolle spielt die Fastenzeit für das Osterfest?

Ich kenne das ›leibliche Fasten‹, - den freiwilligen Verzicht auf bestimmte Lebens- oder Genussmittel - und das ›seelische Fasten‹ - der Verzicht auf ungute Gewohnheiten beziehungsweise die bewusste Hinwendung zu hilfreichen Gewohnheiten. Das Fastenmotto der evangelischen Kirche heißt in diesem Jahr ›7 Wochen ohne Alleingänge‹. 

Ich sehe Fasten als so eine Art ›Frühjahrsputz‹ für Leib und Seele. Wer zum Beispiel auf Alkohol verzichtet, belastet seinen Körper weniger, fühlt sich fitter, ist allerdings auch sensibler. Eine gute Voraussetzung, um sich anderen Menschen und ihren Nöten zuzuwenden! So kann man sich körperlich dazu bereit machen, den Weg Jesu ein Stück weit mitzugehen. Und wenn es dann zu Ostern wieder ein Glas Wein gibt - oder andere schöne Sachen-, feiern wir das Geschenk des Lebens. ›Ohne Alleingänge‹ möchte ich es allerdings auch noch nach Ostern hin und wieder versuchen!

Ostern ist ein Fest der Freude. Jesus hat den Tod besiegt, ihn entmachtet. Der Apostel Paulus bejubelt das im 1. Korintherbrief, er verspottet den Tod und schreibt »Verschlungen ist der Tod vom Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?«. Diese große Freude wird auch in den Osterliedern deutlich - etwa in »Wir wollen alle fröhlich sein« oder »Christ ist erstanden«. Auf diese große Freude und das Verlachen des Todes basierte im Mittelalter der Brauch des Osterlachens - das »Risus Paschalis«. Während des Gottesdienstes - etwa in der Predigt - wurden die Besucher zum Lachen gebracht. Wie betrachten Sie dieses Osterlachen und inwieweit ist es heute in den Ostergottesdiensten noch zu finden?

Das ist ein wunderbarer Brauch, der jetzt zum Glück wiederentdeckt wird! Lachen nimmt unseren Gedanken das Schwere, es verweist auf - ja! - Gott, der (oder die) sicher auch manchmal über unsere ach so gewichtigen theologischen Überlegungen lacht …

Lacher erzielen geht oft schnell mit Witzen. Welchen würden Sie für einen Ostergottesdienst favorisieren?

Das bleibt bis zum Ostergottesdienst noch mein Geheimnis …

Meistens verfliegt die Osterfreude bereits nach Ostermontag, der Alltag geht wieder los. Wie kann man sich diese Fröhlichkeit über das gesamte Jahr erhalten?

Indem wir immer wieder nach neuem Leben Ausschau halten. Im Frühling geht das leicht: Da gibt es Knospen und Blüten, Eier und Küken, Schmetterlinge. Das ganze Jahr über gibt es neues Leben zwischen uns Menschen: Wenn es nach langem Schweigen wieder eine Annäherung gibt, den festen Willen, einander zuzuhören. Wenn jemand Freude daran findet, etwas für andere zu tun, wenn er oder sie dabei ›aufblüht‹. Aber auch: Wenn jemand aus untragbaren Lebensumständen ausbricht, neuen Lebensmut fasst, wieder lachen kann. All das können wir wahrnehmen, uns darüber freuen, fördern!

In unserer aufgeklärten Welt verbinden viele Leute das Osterfest vor allem mit bunten Ostereiern, fleißigen Osterhasen und mit Suchaktionen durch den Garten. Inwieweit torpedieren diese weltlichen Bräuche das christliche Osterfest?

Überhaupt nicht! Eier, muntere Hasen und blühende Gärten sind doch wunderbare Symbole. Ostern ist ein Fest der Freude, und all diese Bräuche unterstützen diese Freude! Sie gehören allerdings in die Zeit nach dem Ostergottesdienst. Die Passionszeit, besonders die aktuelle Karwoche, hat ihr eigenes Thema, das auch gestaltet werden will - zum Beispiel durch Passionsandachten oder Kreuzwege.

Im Kirchenkreis Niederlausitz werden in der Osternacht wieder Osterfeuer - die großen Geschwister der Osterkerzen - brennen. Welche Symbolkraft steckt für Sie hinter der Tradition der Osterfeuer?

Aus meinen früheren Gemeinden kenne ich Osterfeuer als Bestandteil der liturgischen Osternacht. Da wird gesammeltes Gestrüpp, etwa Heckenschnitt, verbrannt - und dasselbe Feuer entzündet dann die Osterkerze, die dann feierlich in die dunkle Kirche getragen wird. Für mich bedeutet das: Gott ist Herr über Leben und Tod. Dasselbe Feuer, das das Alte verbrennt, ist auch das Lebenslicht. Bei den niederlausitzer Osterfeuern geht es meines Wissens eher um Geselligkeit. Nichts gegen Geselligkeit, aber ich finde, solche Veranstaltungen sind am Karsamstag schlecht platziert. Wäre die Valpurgisnacht vom 30. April zum 1. Mai nicht ein besserer Termin dafür?

Welche christlichen Bräuche beziehungsweise Symbole gibt es neben der Osterkerze in den Gotteshäusern während der Osterzeit noch?

In den Familiengottesdiensten wird gern das ›Ostergras‹, das die Kinder Wochen vorher gesät haben - in Anlehnung an das Jesuswort ›Wenn das Weizenkorn … in die Erde fällt und stirbt, … bringt es viel Frucht‹ -, als Osternester gestaltet und so den Kindern wieder mitgegeben. In manchen Gemeinden gibt es den ›Emmaus-Gang‹ - ein Spaziergang der Gemeinde, manchmal mit einem Impuls zum Nachdenken, oft mit Picknick und Ostereiersuchen. Diese Tradition ist eine Anlehnung an die Geschichte von den trauernden Jüngern, die in einem Gespräch mit einem Fremden und in einer Abendmahlsfeier im Nachhinein den auferstandenen Jesus Christus erkannten.

40 Tage nach dem Osterfest wird Christi Himmelfahrt gefeiert und 50 Tage nach Ostern das Pfingstfest. Inwieweit ist bei den beiden Festen nach wie vor ein Hauch Ostern zu spüren?

An Christi Himmelfahrt feiern wir: Jesus ist mehr als nur ein guter Mensch und seine Auferstehung ist mehr als nur eine Halluzination. Jesus ist das menschliche Gesicht Gottes. Was er gesagt und getan hat, ist mal ›wieder da‹ und mal ›wieder weg‹ - so wie es in der biblischen Geschichte beschrieben wird. In der Tat, nicht immer ist ein liebender Gott in unserer Welt sichtbar, manchmal sehen wir nur dicke Wolken. Aber er ist da, und was er sagt, gilt!

Pfingsten ist ein Ostern, das sich in den Jüngern selbst ereignet: Aus traurigen Leuten werden Menschen mit Freude und Hoffnung! Aus mutlosen Leuten werden Menschen, die über ihren Glauben Auskunft geben können. An Pfingsten bricht Ostern sich Bahn: Die Osterbotschaft wird in die Welt getragen - allen Widerständen zum Trotz.

Was noch zu sagen wär…?

Wer Ostern, Christi Himmelfahrt und Pfingsten feiert, glaubt an eine Zukunft. Sätze wie ›Da kann man nichts machen, ›Die da oben machen ja doch, was sie wollen‹ und ›Es geht doch immer nur ums Geld‹ sollten wir aus unserem Repertoire streichen. Ja, wir hören täglich von Gewalt und Zerstörung, von Hartherzigkeit und Gleichgültigkeit, von fehlgeleiteten Menschen und verhärteten Fronten. Aber Gott ist auch noch da. Das Leben geht weiter! Ich wünsche Ihnen gesegnete Feiertage - und wenn es dann soweit ist: Frohe Ostern!


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