

Mit den alljährlich stattfindenden Lausitzforen 2038 bieten die Unternehmerverbände Brandenburg-Berlin (UVBB) und Sachsen eine Plattform, um den Strukturwandel in der Lausitz bis 2038 zu begleiten, zu bilanzieren und Impulse zu geben.
Beide Verbände sowie die Interessengemeinschaft der Unternehmerverbände Ostdeutschland und Berlin hatten Anfang November 2023 zum 2. Lausitzforum ins Kulturhaus der BASF Schwarzheide eingeladen. 260 Vertreter vor allem von kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie von wissenschaftlichen und kommunalen Einrichtungen folgten sechs Talkrunden zu Themen wie »Modellregion Lausitz«, »Potenziale der Lausitz« oder gar »Lausitz – Region der Superlative«.
Das Lausitzforum begann jedoch kritisch. Gastgeber Dr. Burkhardt Greiff konstatierte in seiner Begrüßung zwar, dass mittlerweile die Lausitzer Unternehmen stärker in die Lösung der Probleme in der Wirtschaft einbezogen würden, dennoch sei man nach wie vor in einer Mehrfachkrise: »Wir vermissen verlässliche Entscheidungen der Politik und klare Konzepte. Energiekrise, Krieg, Wirtschaftsprotektionismus, ausufernde Bürokratie und Fachkräftemangel bilden ein explosives Gemisch. Nur wenn diese Probleme schnell und sachkundig gelöst werden, kann der Mittelstand den eingeleiteten Strukturwandel mit Erfolg vollziehen.« Angesichts der sich rapide verschlechterten Standortbedingungen für Investitionen in Deutschland zitierte der UVBB-Präsident mit »Kapital ist scheu wie ein Reh« sogar warnend Karl Marx. Aber er gab auch zu: »Der Strukturwandel ist in Gang gekommen, die regionale Wirtschaft engagiert sich gemeinsam mit allen anderen Akteuren für eine zielstrebige Transformation.«
Stefan Zundel, Professor an der Brandenburgisch-Technischen Universität Cottbus-Senftenberg, ging jedoch darüber hinaus. Zwar gäbe es weiterhin Hindernisse auf dem Weg des Strukturwandels, aber es flössen Milliarden an Fördersummen in den Südosten der Republik, erste Projekte seien in der Umsetzung, internationale Unternehmen hätten sich in den letzten zwei Jahren angesiedelt und die durch den Kohleausstieg bereits weggefallenen bzw. noch wegfallenden Arbeitsplätze seien bereits jetzt schon kompensiert. Prof. Zundel: »Die Lausitz ist die im Strukturwandel am meisten bevorteilte Region Deutschlands.« Das belegte er mit nüchternen Zahlen und sprach von einer historischen Chance der Lausitz, (wieder) zu den Gewinnerregionen Europas werden zu können.
Haupthemmnis dabei sei dabei in der Tat der Fachkräftemangel. Im schlimmsten Fall könnten 2038 bis zu 90.000 Menschen in der Lausitz fehlen, welche »die Arbeit machen«. Sein Fazit: »Wir brauchen Arbeitsmigration!« Was keine weiterhin unkontrollierte Einwanderung bedeute, aber eine gezielte Einwerbung von ausländischen Fachkräften.
BTU-Rektorin Gesine Grande berichtete in diesem Zusammenhang von ansteigenden Studentenzahlen auch in den klassischen Ingenieursrichtungen, 40 Prozent der Bewerber kämen dabei aus aller Welt. Der Großteil aller Absolventen würde gern in der Region bleiben, so Prof. Grande. Sie forderte die Lausitzer Unternehmen auf, dieses Potenzial zu nutzen. Hindernis jedoch: Die internationalen Studierenden verstünden alle Englisch – in regionalen Unternehmen eher eine Ausnahme-Sprache.
Renè Ritz von der ostsächsischen Bader Kara Personalservice GmbH widerspricht gar dem vielbeschworenen Fachkräftemangel. Das sei »ein Mythos«. Er sieht das Problem nicht in zu wenig Menschen, sondern in der Politik. Die habe dazu geführt, dass Deutschland keine Gesellschaft mehr sei, wo sich Arbeit, Leistung, lohne.
Dr. Christian Ehler, EU-Abgeordneter für Brandenburg und engagierter Pro-Lausitzer, würdigte die wichtige Rolle, welche die Kommunen im Wandel der Lausitz einnehmen. Als der Kohleausstieg beschlossen und noch keinerlei Plan, wie es weitergehen könne, vorlag, haben sich Bürgermeister der Lausitz »als erste aus der Deckung gewagt«.
Sie wüssten am ehesten, dass bei allen guten Chancen, die die Region jetzt hätte, der Strukturwandel in das Leben der Menschen eingreift. »Es geht um Verständnis und Akzeptanz, was besser eingeworben werden muss.« Das erfordere eine intensivere gesellschaftliche Auseinandersetzung. »Es gibt Ängste! Doch Furcht war noch nie ein guter Ratgeber. Wir haben darauf zu wenig Antworten«, gestand der EU-Parlamentarier ein.