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»Paula« on Tour: Regen, Pech und weitere Pannen

Chile/ Zeithain. Überwältigt von der großen Hilfsbereitschaft wird »Paula« wieder flott gemacht. Aber jetzt streikt der Wettergott...

Die Hilfsbereitschaft hier in dieser abgelegenen Gegend ist enorm. Oder liegt es nur daran, dass wir hinter einer Kurve mitten auf der Piste stehen? Ein Typ mit einem Pickup, der mit uns auf der Fähre war, hält an. Man kennt sich ja gefühlt schon eine Ewigkeit, wenn man drei Tage zusammen auf dem Kutter war. Der betrachtet sich den Schaden, wiegt bedächtig den Kopf hin und her und ruft seinen Kumpel an, der ebenfalls mit an Bord war. Kurz darauf kommt die Gendarmerie, das zeugt davon, dass sich unser Malheur schon rumgesprochen hat. Sie telefonieren hecktisch und mit ausholenden Armbewegungen. Wir sind unterdessen zu Randfiguren geworden und schauen zu, wie unser Problem von anderen versucht wird zu lösen. Dann sind plötzlich alle wieder weg und wir wissen nicht so recht, ob jetzt eine »Rettungsaktion« anläuft oder nicht. Wir warten…

Eine reichliche Stunde später kommen zwei LKW. Aus jedem springt einer heraus. Ketten und Spanngurte werden herangeschleppt, beide verschwinden unter »Paula« und ehe wir uns versehen, haben sie das Getriebe hochgezogen, verspannt und festgekettet. Für mich völlig unvorstellbar, dass wir nun langsam fahren können. Wir retten uns zurück nach Cochrane und bekommen einen Stellplatz bei Lionell, dem älteren der beiden, auf dessen Werksgrundstück. Morgen Vormittag will er mit einem Mechaniker wiederkommen. Wir sollen uns keine Sorgen machen, alles kein Problem, lacht er. Na, sein Wort in Gottes Gehörgang, denken wir und können nur das Beste hoffen, um uns Mut zu machen.

Montagmorgen kommt Lionell mit dem Mechaniker. Ein kleiner, drahtiger Typ, der in seinen Körperabmessungen perfekt unter »Paula« passt, ohne viel Worte arbeitet er korrekt und flott. Mit der ausgebauten gebrochenen Halterung fährt er zum Schweißer, baut sie wieder ein, ruckelt mal hier und mal da, schraubt alles bombenfest und schneller als wir in unseren kühnsten Träumen gehofft hätten, fahren wir winkend und hupend vom Hof. Dennoch bewegen wir uns extrem unsicher und vorsichtig. Der Schreck sitzt uns noch gewaltig in den Knochen und jedes noch so kleine ungewöhnliche Geräusch, lässt uns zusammenzucken.

Am Zusammenfluss des Rio Baker mit dem Rio Nef finden wir einen Platz zum Übernachten mit tollem Blick auf tosende Stromschnellen. Der nächste Morgen weckt uns mit Sonnenschein. Hätten wir gewusst, dass dies für die nächsten zwei Wochen die letzten wärmenden Strahlen sind, hätten wir sie vielleicht noch intensiver genossen ...

Über Puerto Bertram und Rio Leon erreichen wir Tranquilo bei bedecktem Himmel. Drei Mal durchqueren wir den kleinen Ort, bis wir endlich einen Schweißer finden. Uns ist der Auspuff abgerissen. O.K. bei den Pisten ist Schwund unumgänglich. Es ist später Nachmittag geworden und wir verschieben die Bootstour zu den Marmorhöhlen auf morgen.

Die ganze Nacht höre ich den Regen aufs Dach prasseln. Frank zeigt mir im Handy die Wettervorhersage für die nächste Woche: Regen, Regen, Regen.

In Regenmäntel gehüllt, bleibt uns nichts anderes übrig, als die Tour im offenen (!) Boot bei Regen zu machen. Die Höhlen sind trotzdem wunderschön und wir stellen uns einfach vor, um wie viel schöner sie wären, wenn die Sonne strahlen würde.

Weiter geht es gen Norden. Wir sind schon viele Pisten auf dieser Welt gefahren, aber die Carretera Austral macht uns und »Paula« stellenwiese echt mürbe. Stundenlang ruckeln wir von einem Schlagloch ins nächste, immer im Hinterkopf die gebrochene Getriebehalterung. Wie lange hält die Schweißnaht? Was fällt als nächstes ab?

Die beschriebenen schönen Landschaften links und rechts der Strecke können wir leider nicht sehen. Regen, Regen und tiefhängende Wolken. Das haben wir nun wirklich nicht verdient.

In Puyuhuapi können wir direkt vom Auto aus Delfine in der Bucht beobachten. Sie kommen ganz nah ans Ufer und scheinen zu spielen. Aber in Wirklichkeit sind sie auf der Jagd, was für ein Schauspiel. Es lässt uns für einen kurzen Moment den Regen vergessen. In Cohaynce lockert es stellenweise auf und wir können durchatmen. Fünfzig Kilometer weiter reißt uns der Nachschalldämpfer ab. Wir stehen wieder Mitten im Nirgendwo, können uns aber, mit Stricken und Draht, bis zum nächsten Schweißer, selbst helfen.

Und dann, wie aus dem Nichts, wird die üble Piste plötzlich eine akzeptable Teerstraße. Die Stimmung steigt, der Dauerregen wechselt zu Schauerregen, die Sonne kann man mit viel Fantasie erahnen. Wir erreichen Chaiten. Ein einsamer Ort am Meer und bei einem kleinen Spaziergang beschließen wir, ab hier die Fähre zur Insel Chiloe zu nehmen und auf die letzten paar Kilometer auf der Carretera zu verzichten. Mal sehen, ob wir noch einen der wenigen Plätze bekommen.

 

* Bücher zu vorangegangenen Touren »Südamerika I« und »Westafrika« unter: www.paula-on-tour.de

 

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