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Verena Farrar

Direkt unter der Oberfläche

Canitz. An der Canitzer Straße sind seit fast einem Jahr die Archäologen beschäftigt. Jetzt wurde ein historisches Urnenfeld freigelegt.

Zur Vorbereitung der Verlegung der neuen Ferngasleitung der Ontras Gastransport GmbH untersucht das Landesamt für Archäologie Sachsen zwischen Riesa und Canitz den künftigen Leitungsverlauf auf wertvolle Hinterlassenschaften aus der Vergangenheit.

 

An beiden Seiten der Canitzer Straße sind die Geschichtsforscher bereits fündig geworden. Seit Beginn der Arbeiten Mitte 2021 konnten auf einer Fläche von mehr als 6.000 Quadratmetern bis heute 1.000 archäologische Funde gemacht werden. Diese Schätze der Vergangenheit belegen, dass das Gebiet seit der Zeit der Bandkeramik von 7.000 Jahren bis zur slawischen Siedlung im 12. Jahrhundert immer wieder mehr oder weniger Stark bewohnt war. »Die Fläche an der Aue war mit ihrem Zugang zur Döllnitz und zum Mühlgraben im heutigen Canitz sehr attraktiv für unsere Vorfahren«, erklärt Grabungsleiterin Yvonne Heine. Sie und ihr Team von acht Mitarbeitern vor Ort konnten aus den unterschiedlichsten Zeiten künstlerisch gestaltete Scherben, Steingefäße, Pfeilspitzen, Webgewichte und sogar Gefäße mit geschmolzenen Metallen und hiesigem Eisenerz sichern, die den Beginn des metallurgischen Handwerks vor Ort beweisen.

 

Im südlichen Abschnitt konnten zahlreiche bronzezeitliche Urnengräber aus der Zeit um 1.200 v. Chr. gefunden werden. Diese sind zwar zerscherbt aber erstaunlicherweise alle vollständig und das obwohl sie Jahrtausende stellenweise nur 50 Zentimeter unter dem Pflughorizont gelegen haben. Die Gräber bestehen alle aus einem Hauptgefäß, welche die eigentliche Urne darstellt und mehreren kleineren Gefäßen mit Grabbeigaben.

 

Eine bisher unbeantwortete Frage liefert eine doppelte Palisade, die durch den Siedlungsort verläuft. »Wir wissen bisher weder zu welchem Zweck sie gebaut worden, noch wer sie wann errichtet hat«, gesteht Dr. Harald Stäuble, Referatsleiter beim LfA Sachsen. Viele Fragen sind noch offen. Auch was die Erforschung des Urnenfeldes angeht, ist ein Ende noch nicht abzusehen. Denn auch auf der anderen Seite der Canitzer Straße erstreckt sich das Gräberfeld weiter. Dort ist bereits ein Bagger dabei die obere Schicht abzutragen, um die Fläche für die Archäologen vorzubereiten. Die gute Nachricht: Unter Zeitdruck stehen die Forscher dabei nicht, erst 2025 will die Firma Ontras die Gasleitung mit einem 40 Zentimeter-Querschnitt von Strehla kommend in Richtung Canitz verlegen. Dort ist ein Anschluss an eine bestehende Verbindungsleitung geplant.


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