

Vielerorts beobachten Patienten in den Wartezimmern auch erkrankte Asylbewerber, die völlig selbstverständlich auch ohne Chipkarte behandelt werden. Uns erreichte deshalb die Frage: Wie dann eine genaue Abrechnung erfolgen kann? In Thüringen sind Arztpraxen auf einem Teil der Kosten für die Flüchtlingsbehandlung sitzen geblieben. Allein im ersten Quartal 2016 hätten Land und Kommunen aus rein formalen Gründen Behandlungen im Wert von 300.000 Euro nicht vergütet. Deshalb erwägt die Ärztevertretung jetzt gegen Land und säumige Kommunen zu klagen. Ob das auch für Ärzte in Sachsen gilt, darüber sprachen wir mit Ingo Mohn von der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen. Was sind die Schwierigkeiten für die Abrechnungen der Behandlung von Flüchtlingen in Sachsen? Es sind in der Regel Formalien. So steht z.B. auf einem Schein, der Patient habe sich bis zum 16. vorzustellen und er erscheint am 17. Die Behandlung ist medizinisch notwendig, sie erfolgt sachgerecht, nur einen Tag später. Der Kostenträger handelt dann zwar formal richtig, im Sinne der Angelegenheit aber unverhältnismäßig, da niemandem ein Schaden entstanden ist und nachträglich zusätzlicher Verfahrensaufwand verursacht wird. Wie erfolgt die Abrechnung ohne Krankenkassenkarte? Der Kostenträger stellt dem Flüchtling einen Behandlungsschein aus. Der behandelnde Arzt rechnet diesen über die KV mit dem Kostenträger ab. Die Abrechnung der Behandlung akuter Notfälle reicht der Arzt nachträglich ein. Steht auch in Sachsen eine Klagewelle ins Haus? Die KV Sachsen ist hier bereits mit dem Sächsischen Landkreistag im Gespräch. Zukünftig wünschen wir uns einen Rahmenvertrag für alle sächsischen Landkreise und Kommunen. Die Ärzte wünschen sich auch bei der Behandlung von Flüchtlingen einheitliche, unbürokratische Regelungen sowie eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Beteiligten. Auch wenn von Seiten der Ärzte die stringenten Vorgaben des Asylbewerberleistungsgesetztes akzeptiert werden, sind in Einzelfällen pragmatische Lösungen sinnvoll und erforderlich. Werden Flüchtlinge trotzdem ohne Einschränkungen behandelt? Grundsätzlich werden die vorsprechenden Flüchtlinge behandelt. Die KV Sachsen setzt sich gegenüber den Kostenträgern für die sächsischen Ärzte ein, dass alle berechtigt erbrachten Leistungen auch bezahlt werden. Bei Behandlung in den Chemnitzer und Dresdner Asylpraxen ist ein Ausgleich möglicher Defizite vertraglich geregelt. Die Stadt Leipzig dagegen hatte sich gegen eine Verlängerung der Vereinbarung für die dortige Asylpraxis im Jahr 2017 ausgesprochen. Nur in den Asylpraxen werden Dolmetscherdienste vorgehalten. Ansonsten sollte der Flüchtling nicht ohne Dolmetscher in eine Arztpraxis gehen, da die sprachliche Verständigung eine Voraussetzung für eine korrekte Anamnese ist. Interview Verena Farrar