Töpferwerkstatt als Chance
Ludwigsdorf/Görlitz. Beim Lebenshof bekommen junge Menschen die Möglichkeit, den Schulabschluss nachzuholen und sich beruflich auszuprobieren.
Adrian und Annalena geben ihr Handy ab. Handyverbot beim Ludwigsdorfer Lebenshof. Der 17- und die 20-Jährige nehmen an einem besonderen Programm teil. Das ist die Produktionsschule. Adrian und Annalena machen in der Keramik-Abteilung mit. Die Produktionsschule bietet ein Arbeits- und Lebensumfeld, in dem die Jugendlichen verpasste Sozialisationsphasen nachholen können, wie Ullrich Warnatsch erklärt. Der 70-Jährige ist ehrenamtlicher Geschäftsführer des Lebenshofes. Die Jugendlichen, die in Ludwigsdorf betreut werden, lernen ihre Chancen und Ressourcen kennen. Wer möchte, bekommt Hilfe für die Vorbereitung auf einen Schulabschluss. Den haben die Teilnehmer noch nicht in der Tasche. Annalena will den Abschluss unbedingt schaffen. Mit Unterstützung der Lebenshofmitarbeiter sieht die Jugendliche gute Chancen, dass das klappt. Und auch Adrian überlegt diesen Weg zu gehen.
In der Keramikwerkstatt lassen die beiden ihrer Kreativität freien Lauf. Unikate entstehen an der Töpferscheibe, Figuren, Dekorationsartikel, Geschirr. Buntfröhlich bemalt und gebrannt im Töpferofen. Die Keramiken kommen zum Verkauf in den Lebenshof-Laden nach Görlitz. Da probieren sich die Projektteilnehmer im Verkauf aus.
"Es geht unter anderem darum, das eigene Leben auf den Weg zu bringen", erklärt Ullrich Warnatsch das Lebenshof-Ziel. Manche der Jugendlichen, die nach Ludwigsdorf kommen, haben Drogenerfahrungen, sind keine Strukturen gewöhnt. Ziel sei, jungen Menschen ohne Abschluss und die vom sozialen Sicherungssystem nicht aufgefangen sind, eine berufliche Entwicklung zu ermöglichen. 18 junge Menschen machen bei den Werkstattangeboten aktuell mit. Dazu zählen auch die Holzwerkstatt und der Bereich Küche und Hauswirtschaft. Ullrich Warnatsch sagt, dass die Plätze derzeit nicht ausgelastet sind. Das macht ihm Sorgen. Denn so wird die Förderung für das Projekt gekürzt. "Die Personalkosten laufen jedoch weiter", benennt der Mitbegründer des Lebenshofes die Schwierigkeit. Eine Verpflichtung sei die Teilnahme an den Projekten nicht. "Es gibt keine Sanktionen durch das Jobcenter", sagt der Geschäftsführer. Das sei vor einigen Jahren und damit vor der Einführung des Bürgergeldes noch anders gewesen. Erfolgsgeschichten gibt es gleichfalls. Ullrich Warnatsch erzählt von einem ehemaligen Teilnehmer, der mittlerweile beim Zoll arbeitet. Andere, die Schulabschlüsse und Ausbildungen nachholten, sind heute im sozialen Bereich tätig. "Wir arbeiten aktuell an einem Buch über unsere Lebenshofgeschichten", sagt Ullrich Warnatsch. Den Lebenshof gibt es seit einem viertel Jahrhundert.
Zusätzlich zu den Werkstätten werden junge Menschen in Ludwigsdorf betreut, die altersmäßig und aufgrund ihrer Behinderungen in kein Förderraster fallen. "Das finanzieren wir allein durch Spenden", berichtet der Geschäftsführer.