Öffnungszeiten vorerst ausgesetzt - Mitarbeiter gehen nach Hause
Reichenbach. Der Saisonstart im Familien- und Freizeitbad verlief holprig.
"Einerseits wegen des Wetters", sagt Rettungsschwimmerin Antje Schuster. Unter zehn Grad Lufttemperatur und Regen laden nicht zwingend zum Schwimmen ein. Wobei Bürgermeisterin Carina Dittrich den Sprung ins 17 Grad kalte Wasser zum offiziellen Eröffnungstag tatsächlich wagte. Das hat in der Kleinstadt Tradition: Anbaden des amtierenden Stadtoberhauptes ist sozusagen festgeschriebener Brauch - egal, wie das Wetter ist. Carina Dittrichs Empfehlung nach ihrem doch eher kühlen Bad: "Warten Sie noch ein paar Tage, bis das Thermometer höhere Celsiusgrade anzeigt", sagt sie. Die geplanten Öffnungszeiten im Mai in der Zeit von 10 bis 18 Uhr wurden zum Saisonstart jedenfalls erstmal ausgesetzt. So informiert die Stadt auf Facebook und in einem Rundschreiben an die Presse. Die Mitarbeiter erfuhren erst durch den Facebook-Eintrag, dass das Bad vorerst geschlossen sein soll.
Das Rathaus will unter anderem über die Internetseite der Stadt kurzfristig informieren, wann der Badbetrieb richtig starten kann. Die Aussichten für das kommende Wochenende sind nicht schlecht: Wetterprogramme im Internet zeigen steigende Temperaturen, allerdings auch keine Hitzewelle, an.
Es gibt aber noch einen weiteren Grund, der die Mitarbeiter des Bades ein wenig beunruhigt. Bislang hätten Fachangestellte für Bäderbetriebe, die bereits im wohlverdienten Ruhestand sind, in Reichenbach sehr zuverlässig und zur Abdeckung der Badöffnungszeiten den laufenden Betrieb gesichert. Aktuell sei das zumindest in dieser Art rund um die Uhr so nicht möglich. Mitarbeiter würden fehlen.
Rettungsschwimmerin Antje Schuster steht Mitte Mai fast allein auf weiter Flur, freut sich über die Unterstützung von Dagmar Klemmt. Die 69-jährige Rentnerin war viele Jahre ehrenamtlich bei der Wasserwacht Niesky engagiert, hilft seit einigen Jahren im Reichenbacher Bad. "Mir ist es ein Herzensanliegen, dass Kinder das Schwimmen lernen", sagt sie. Die beiden Frauen werden in dieser Saison den Jüngsten in den Kursen das Schwimmen beibringen. Die Kurse sind komplett ausgebucht, das Interesse daran groß, wie die Mitarbeiterinnen berichten.
Die Problematik, Fachkräfte für den Bäderbetrieb zu gewinnen, sei nicht neu, sagt Ralf Schwarzbach. Er ist Technischer Leiter des Freibades. Seiner Meinung nach werde in dem Beruf "zu wenig Nachwuchs ausgebildet." Dazu komme, dass Arbeitszeiten auch am Wochenende nicht für jeden attraktiv seien.
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) veröffentlichte bereits vor zwei Jahren alarmierende Zahlen auf Basis der Bundesagentur für Arbeit.
Demnach fehlten im Sommer 2023 deutschlandweit 915 Bademeisterinnen und Bademeister. Bundesweit gibt es nach IW-Recherchen zwischen 6.000 und 7.800 öffentlich zugängliche Bäder. Die Zahl sei seit Jahren rückläufig, der Personalmangel verschärfe die Problematik weiter.
Die offizielle Badesaison in Sachsen beginnt in jedem Jahr am 15. Mai und endet am 15. September. An Wochenenden und da vor allem bei schönem Wetter und in den Sommerferien sind Freibäder beliebtes Ausflugsziel für Familien. Jetzt ist die Hoffnung groß, dass bei Sonnenschein auch wieder viele Gäste nach Reichenbach ins Bad kommen und personell der Betrieb gut abgedeckt werden kann.