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Tony Keil

Nieskyer Waggonbauer wollen Antworten

Niesky. Die Mahnwachen vor dem Waggonbau in Niesky gehen weiter. Bewegung seitens des Eigentümers: Bisher Fehlanzeige.

Auch im neuen Jahr gehen die Mahnwachen für den Waggonbau Niesky weiter. Am 10. Januar stehen die Beschäftigten wieder vor dem Werktor und kämpfen für das Fortbestehen des Standortes. Sie fordern auch 2023 weiterhin jeden Dienstag von ihrem Eigentümer, endlich Verhandlungen mit den betrieblichen und gewerkschaftlichen Akteuren über konkrete Maßnahmen zu den ungeklärten Kernfragen Perspektive, Struktur und Strategie aufzunehmen.

 

Der Waggonbau Niesky war 2018 an das slowakische Unternehmen Tatravagónka verkauft und damit das Insolvenzverfahren abgeschlossen worden. Es gab eine fünfjährige Standort- und Beschäftigungsgarantie. Die läuft 2023 aus. Wie es danach weitergeht? Völlig unklar. Seit 2022 fordern die Beschäftigten den Eigentümer des Waggonbaus, Alexander Beljajev, zu Gesprächen auf. Eine Reaktion gab es bisher nicht. Auch mehrere Schreiben der Landesregierung, um deren Unterstützung der Betriebsrat und die IG Metall Ostsachsen gebeten hatten, blieben bis heute ohne konkreten Gesprächstermin. „Wir stehen weiterhin tatkräftig an der Seite unserer Kolleginnen und Kollegen beim Waggonbau Niesky. Es ist schwer zu ertragen, dass sich der Eigentümer keinen Zentimeter auf die Beschäftigten zubewegt“, sagt Eileen Müller, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Ostsachsen. „Ihr Anliegen ist mehr als nachvollziehbar und berechtigt. Sie wollen Antworten für ihre persönliche Zukunft und es geht auch um die Zukunft der Region Niesky.“

 

Seit April 2022 sind die Mitarbeiter in Kurzarbeit, werden nur noch ins Werk bestellt, wenn Material da ist, um alte Aufträge abzuarbeiten. Ob es neue gibt, ob der Standort überhaupt weitergeführt werden soll, darauf fehlen Antworten. Die Belegschaft ist laut IG Metall bereits deutlich geschrumpft. 370 Mitarbeiter waren es demnach im Sommer 2022. Jetzt sind es rund 100 weniger. Teils, weil befristete Verträge ausliefen, teils aber natürlich auch, weil Mitarbeiter kündigten und sich etwas anders suchten.

 

Zukunftsteam erarbeitete Sofortprogramm

 

Die Belegschaft stellt keinesfalls nur Forderungen. Vergangenes Jahr wurde ein Zukunftsteam gebildet, in dem Betriebsrat, Mitarbeiter aus allen Abteilungen und IG Metall vertreten sind. Gemeinsam haben sie ein Sofortmaßnahme-Programm erarbeitet. Die aktuelle Lage sei dramatisch, aber man sehe eine Perspektive, heißt es in dem Schriftstück, dass im August 2022 entstand und auf der Website der IG Metall Ostsachsen eingesehen werden kann.

 

„Neben den Herausforderungen der nachwirkenden Corona-Krise gibt es derzeit enorme Schwierigkeiten bei notwendigen Materialzulieferungen für die Auslastung vorhandener Produktionskapazitäten“, schreibt das Zukunftsteam. Der Ukrainekrieg und die damit verbundene Energiekrise sowie der Abbruch bestehender Lieferketten hätten die Lage des Waggonbaus zusätzlich verschärft, heißt es weiter. „Maßnahmen und Strategien des Managements und des Eigentümers Tatravagónka, die diesem erodierenden Prozess entgegensteuern und perspektivisches Auftragsvolumen zur langfristigen Sicherung von Beschäftigung schaffen, bleiben aus. Die betriebliche Kommunikation zur Lösung der Problemlage gestaltet sich schwierig, Entscheidungsträger sind nicht greifbar.“ Mit dem erarbeiteten Sofortprogramm wolle man konkrete und unmittelbar umsetzbare Vorschläge unterbreiten, „um den Standort im Sinne aller Beschäftigten und der Industrieregion Lausitz kurzfristig zu sichern und ihm langfristig die Chance auf eine Zukunft zu geben.“


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