Die Kita Ulja wollte mit ihren Kindern ins Kino. Doch das stellte sich als nicht ganz so einfach heraus, weil die ODEG nicht garantieren kann, dass alle Kids in ihren Zügen Platz finden.
In Weißwasser gibt es schon lange kein Kino mehr. Wer Filme auf der großen Leinwand sehen will, fährt nach Rietschen, Spremberg, Cottbus oder Görlitz. Der Besuch in Görlitz war auch der Plan der Weißwasseraner Kita „Ulja“. Eine Agentur hatte angeboten, den Kindern den Film „Pettersson und Findus – Findus zieht um“ schon vor der eigentlichen Premiere zu zeigen. Von da an Stand der Kinobesuch auf dem Programm. Das entsprechende Kinderbuch wurde vorgelesen, Hörspiele gehört und sich auch sonst mit dem Thema Kino beschäftigt. Und weil die Kita Ulja allein nicht genug Kinder fürs Kino zusammenbekam, wurde die Kita „Regenbogen“ gleich mit eingeladen.
Am 12. September wollten also 96 Kinder und 15 Betreuer mit dem Zug nach Görlitz. Die Wahl fiel auf die Neißestadt, weil hier der Weg vom Bahnhof zum Kino am kürzesten ist. Die Kinder können bei der ODEG kostenlos fahren, damit war die Bahn perfekt für das Projekt. Weil sie es von Früher so kennt, meldete Kitaleiterin Nina Exner die Fahrt an. Von der ODEG bekam sie allerdings folgende Antwort: „Aufgrund eines oftmals erhöhten Fahrgastaufkommens und begrenzter Kapazitäten in unseren ODEG-Zügen sind bis auf Weiteres keine Gruppenanmeldungen und Anmeldungen von Fahrradgruppen mehr möglich.“ Als die Leiterin telefonisch nachhakte, wurde ihr nochmals mitgeteilt, dass das Bahnunternehmen nicht garantieren kann, das alle Kinder Platz finden.
Vor allem die Art und Weise stieß Nina Exner dabei sauer auf. Sie wurde am Telefon mit dem Satz abgespeist, das sie eben wenn nicht genug Platz ist die Hälfte der Gruppe am Bahnhof stehen lassen soll. Die könne ja mit dem nächsten Zug fahren. „Wir wären zu Kompromissen bereit gewesen. Zum Beispiel hätten die großen Kinder während der Fahrt auch stehen können“, so Exner. In zwei Zügen zu fahren wäre aber nicht gegangen. Zum einen weil dann die erste Gruppe um 7.36 Uhr gefahren wäre. Der Zug sei aber immer besonders voll. Zum anderen hätte man nicht gewusst, was man eine Stunde lang in Görlitz mit der ersten Gruppe machen soll. Schließlich schaltete sich auch die Weißwasseraner Stadtverwaltung ein, bekam aber die gleiche Antwort.
Das sagt die ODEG
ODEG-Geschäftsführer Arnulf Schuchmann bestätigt, dass sein Unternehmen hier keine Garantien geben kann. „Gruppenanmeldungen werden seit Jahren nicht mehr angenommen, da jeder Anmeldende damit verbindet, eine Beförderungsgarantie für seine Gruppe zu haben“, teilt der Geschäftsführer auf Anfrage mit. „Diese können und dürfen wir im Nahverkehr ohne Reservierungssystem nicht geben.“
In den Zügen der ODEG zwischen Weißwasser und Görlitz stehen 124 Sitzplätze, 90 Stehplätze und 10 Fahrradstellplätze zur Verfügung. Bei einer Gruppe mit über 100 Personen kann es da schnell eng werden. Die bereitgestellten Kapazitäten wiederrum werden vorab in der europaweiten Ausschreibungen der Leistungen vom Aufgabenträger festgelegt. Danach richten sich die Betreiber, in dem Fall also die ODEG, und kalkulieren und bieten danach. Im dann abzuschließenden Verkehrsvertrag werden die Kapazitäten festgelegt und bestellt.
Das Reisende keinen Platz mehr in den Zügen finden, kommt laut ODEG äußerst selten vor, hauptsächlich wenn Fahrräder mitgenommen werden wollen, die Fahrradstellplätze aber belegt sind. Im Falle einer so großen Gruppe wie der der Kita ist es aber eben auch nicht auszuschließen. „Faktisch entscheidet unser Servicepersonal, ob an einer Station noch weitere Reisende zusteigen können. Diese Entscheidung erfolgt im Rahmen unseres Hausrechts, das von den Mitarbeitern ausgeübt wird, und dient der Sicherheit der Reisenden“, teilt die ODEG weiter mit.
Einen weiteren Triebwagen anzuhängen sei auch nicht ohne weiteres möglich. Zum einen seien die Kapazitäten knapp bemessen, um keine Leerkosten zu erzeugen. Zum anderen braucht es einen freien Wagen und einen zusätzlichen Treibfahrzeugführer. Und zu guter Letzt ist es natürlich auch eine Frage der Kosten, die vorab mit dem Aufgabenträger zu klären seien. Da sich die Kita erst am 24. August gemeldet habe, sei der „zeitliche Vorlauf nicht mehr gegeben“ gewesen.
Doch noch ins Kino
Am Ende kamen die Kinder aber doch noch zu ihrem Kinobesuch. Statt mit der Bahn ging es in Bussen nach Görlitz. „Thomas Baum hatte von unserem Problem in der Zeitung gelesen und sich bei uns gemeldet“, erzählt Nina Exner. Der Landtagsabgeordnete finanzierte die Fahrten, so dass es für die Kids schließlich in drei Bussen auf Reisen ging. „Später meldete sich auch ein Unternehmer aus Meißen, der ebenfalls helfen wollte. Für diese Hilfsbereitschaft möchten wir uns bedanken“, so die Kitaleiterin. Beendet ist die Geschichte damit allerdings noch nicht. Die Stadt Weißwasser will das Gespräch mit dem ZVON (Auftraggeber der ODEG) suchen. „Wir wollen für die Zukunft für ähnliche Fälle eine Handlungsweise abstimmen“, erklärt Angela Paulke von der Stadtverwaltung. Es könne nicht sein, dass in großen Städten Kindergruppen ganz selbstverständlich ins Kino kommen und hier klappe das nicht.