Dana Sittel

»Ich rate jedem, den eigenen Weg zu gehen«

Einmal wollte sie gern in der Zeitung zu sein, denn sie hat viel durch im Leben. Die Familie erfüllte ihr diesen Herzenswunsch zum 90. Geburtstag.
Helga Nagel, die »gute Seele« aus Zinsdorf, feiert Ihren 90. Geburtstag. 
 Foto: privat

Helga Nagel, die »gute Seele« aus Zinsdorf, feiert Ihren 90. Geburtstag. Foto: privat

Zinsdorf. Sie hatte es schon als Kind nicht leicht, ist bei der Großmutter aufgewachsen. Mit circa drei Wochen wurde Helga Nagel von einem Pastor getauft, der ihr schließlich auch ihren Namen gab. Mit acht Monaten wurden sie und ihre »engste« Schwester voneinander getrennt, seit 1944 hatten sie sich deshalb nicht mehr gesehen. Umso größer war die Wiedersehensfreude, als sie 1975 wieder zueinander fanden. In der Zwischenzeit hatte sich viel getan.

Viel schwere Arbeit

Helga Nagel hat bereits mit 12 Jahren körperlich hart gearbeitet, ab dem 14. Lebensjahr bei der Maschinen-Ausleih-Station (kurz MAS). Dort war sie Milchfahrerin und absolvierte den Traktorenlehrgang. Später folgte der Kurs für den Mähdrescher. Im Jahr 1950 bei dem sogenannten »Deutschlandtreffen der Jugend« hatte Helga Nagel ihren künftigen Mann Heinz kennengelernt, ein Jahr später folgte die Hochzeit. Mit ihm entstanden im Laufe der Zeit fünf Kinder, davon zwei Jungen, drei Mädchen. Trotz allem hat sie ihr ganzes Leben lang gearbeitet, ständig genäht für alles und jeden und nebenbei auch sauber gemacht. In der Schule war sie besonders gern mit den Jungs unterwegs, denn »die haben auch mal Blödsinn gemacht, wir waren immer klettern und haben ein paar Streiche gespielt« erinnert sich die Jubilarin gern zurück. Sticken und Kochen waren schon damals ihre Leidenschaften. Weitere Fertigkeiten erlernte sie durch ihre beruflichen Tätigkeiten im Drei-Schicht-System in der Schraubenfabrik Elsterwerda, in der Möbelfabrik Wahrenbrück, bei Reiss als Rechenschieberin oder an der Drehbank bei ihrem Einsatz als Teilfacharbeiterin. Auch bei der Agrotechnik in Wahrenbrück verbrachte sie zwölf Arbeitsjahre ihres Lebens. Neben allen Schwierigkeiten und dem nahezu alleinigen Großziehen der Kinder wurde auf eines nie verzichtet: Die Wirtschaft zu Hause mit vielen Schweinen, Hühnern oder Kaninchen. Auch die Gartenarbeit samt dem Anbau von Obst und Gemüse sowie deren Verarbeitung nach dem ernten oder das Schlachten gehörten immer mit dazu.

Garten und Tiere

»Unzählige Gläser Obst haben wir damals eingeweckt. Klar hat das Arbeit gemacht, aber damals gab es ja nichts, da war das eben so. Und mein Mann war ja beruflich stark eingebunden und so gut wie nie zu Hause durch die Arbeit in der Landwirtschaft« erinnert sie sich. Zurückblickend auf ihre Erfahrungen stellte sie außerdem fest, dass sie bislang auch keinen »Urlaub« kennt, zumindest nicht im heutigen Sinne.

Kein Urlaub

»Ein einziges Mal waren wir außer Lande, für wenige Tage in Moskau. Da gab es eine berufliche Auszeichnungsveranstaltung, die haben wir genutzt, denn ansonsten hatten wir keine Zeit« berichtet sie. Im Jahr 2001 konnte gemeinsam mit dem Ehemann Heinz die goldene Hochzeit gefeiert werden, bevor er dann im Jahr 2003 verstarb. Seit 1961 lebt Helga Nagel in Zinsdorf, nun seit Jahren allein in ihrem Haus. »Nun habe ich elf Enkelkinder und 15 Urenkel, wir sehen uns aber selten. Daher frei ich mich immer, wenn mal wieder alle zusammen kommen und genieße aber danach auch wieder die Ruhe« schildert sie eindrucksvoll.

Danke & Fazit

Die ganze Familie bedankt sich an dieser Stelle herzlich bei »Oma Helga« dafür, dass sie immer da ist und stets ein offenes Ohr hat, ihre Liebsten gerne umsorgt. Als Fazit rät sie: »Egal, was andere sagen oder wie sie reden, ich rate jedem, seinen eigenen Weg zu gehen. Auch mein Start war holprig, doch inzwischen nennen sie mich hier im Ort »die gute Seele von Zinsdorf«, also hat es ich ja gelohnt« freut sie sich. Die ganze Familie und auch der Wochenkurier wünschen nur das Beste zum 90. Geburtstag!


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