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Wie tief ist denn eigentlich so ein »Tal der Tränen«?

Lausitz. Ein Kommentar von Reiner E. Rogowski, ehemaliger Geschäftsführer der Oberlausitz-Kliniken, Bautzen.

Reiner E. Rogowski

Reiner E. Rogowski

Bild: Lausitzwelle

Unlängst ist mir der Begriff »Tal der Tränen« aufgefallen. In der Beschreibung von »Zuständen«, unserer Gesellschaft, kamen Meinungen, dass wir uns solch einem Tal nähern, uns dort befinden, nicht rauskommen, tiefer reinrutschen und ähnliches. Aber kein Hinweis, dass wir als Gemeinschaft den Weg raus aus solch einem Tal mehrmals geschafft haben.

Der Begriff »Tal der Tränen« beschäftigt mich. Was ist damit gemeint? Eine Deutung, eine Quelle, findet sich in der Bibel, in den Psalmen (Ps. 87, V. 4). Hier ist von einer dürren, öden, unfruchtbaren Region die Rede. Ein Vergleich unserer Region, unseres Landes mit anderen Teilen der Welt bringt mich absolut nicht dazu zu denken, dass wir uns in einer solch dürren, öden Region befinden.

Ja, wir haben unsere Probleme, gesellschaftliche, wirtschaftliche, demografische, auch persönliche und existenzielle. Aber wir haben in der BRD, in Sachsen und in der Oberlausitz, eine Situation, die alles andere als »öde und dürre« ist.

Unlängst war ich in einigen sorbischen Kommunen im Landkreis. Über das Flair, das Aussehen der Gemeinden bin ich begeistert. Es sind tolle Dörfer im schmucken Zustand. Fleiß und Arbeit der Bewohner haben lebenswerte Orte werden lassen. Ja, es gibt es auch noch die Plätze, wo absolut »Hand anzulegen« ist. Aber, wie sah es vor drei Jahrzehnten aus? Schon vergessen?

Auch im persönlichen Bereich gibt es nicht nur »blühende Landschaften«. Schicksalsschläge, Krankheiten, Widrigkeiten, persönlich oder beruflich – davor sind wir nicht gefeit. Doch da sind die sehr guten sozialen und gesundheitlichen »Sicherungssysteme« in unserem Staat. Bei uns »muss keiner verhungern«, im Notfall kommen Rettungsdienst, Polizei, Feuerwehr und in der Notaufnahme muss keine »Vorkasse« geleistet werden, wie in mach anderen Ländern.

Ja, wir werden weniger und älter. Das bedingt aber auch, dass unsere Kinder und Enkel beste berufliche Chancen in der Region, d.h. in ihrer Heimat haben. Früher sind sie weggezogen, wir litten und leiden unter der Trennung. Heute bleiben sie und wir buhlen um Zuzug von Arbeits- und Fachkräften. Unsere Kommunen stehen vor einer Ansiedlungswelle, sind herausgefordert Aufbau statt Abbau zu bewältigen.

Das Für und Wider kann ich noch lange fortsetzen. Jeder von uns kann das. Wo will ich hin? Ja, wir haben Probleme, individuell und gesellschaftlich. »Probleme sind da, um gelöst zu werden.« Diesen Ratschlag habe ich vor vielen Jahren bekommen. Und er lässt sich umsetzen. Gemeinsam, selten einsam, haben wir als Bewohner der EU, der BRD und des Kontinents Stärken entwickelt.

Grundsätze sozialer Marktwirtschaft gelten weiterhin – »wenn es dem Land gut geht, geht es auch seinen Bürgern gut«. Diese Aussage der 60/70er Jahre gilt nach wie vor. Wobei die Betonung schon auf »sozial« liegt. Sozial bedeutet in jedem Fall miteinander, d.h. gemeinsam, nicht ohne einander oder gar gegeneinander.

Also wenn wir eine »Talsohle« überwinden wollen, dann bitte diese nicht noch tiefer ausheben. Gemeinsam ist der Weg aus einem gefühlten oder real existierenden »Tal der Tränen« leichter zu schaffen. Besonders dann, wenn man sich hilft, sich engagiert, gesellschaftspolitische und soziale Verantwortung übernimmt. Da wird der eine dem anderen beim Verlassen der Tränentäler gerne und hilfreich unter die Arme greifen. Gemeinsam, mutig und positiv denkend und redend geht das leichter.

 

»kommentiert:« läuft immer donnerstags, 6.50 und 14.45 Uhr, im LAUSITZWELLE Radio über UKW und DAB+ und als Video auch im LAUSITZWELLE Fernsehen in der Drehscheibe Lausitz. Alle Kommentare sind jederzeit bei www.lausitzwelle.de sowie auf youtube.com/LAUSITZWELLE abrufbar.


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