Rainer Könen

»Wie eine Winterolympiade im Sommer«

Region. Die Fußball-WM in Katar beginnt am 20. November. Von Vorfreude ist jedoch auch im Rödertal wenig zu spüren.

Die diesjährige Fußball-WM scheint derzeit noch nicht den sprichwörtlichen Hund hinterm Ofen hervorzulocken.

Die diesjährige Fußball-WM scheint derzeit noch nicht den sprichwörtlichen Hund hinterm Ofen hervorzulocken.

Bild: Pixabay

Nur noch ein paar Tage, dann geht sie los, die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar (20. November bis 18. Dezember 2022). Die Frage, die sich derzeit viele stellen: Soll man sich diese weltweit umstrittene WM im TV anschauen? Oder das Ereignis boykottieren, der heimische Bildschirm dunkel bleiben? Denn erstmals findet ein solches Turnier im Winter und nicht im Sommer statt, steht das Ausrichterland aufgrund von massiven Menschenrechtsverletzungen sowie der zwielichtigen Vergabe im Dezember 2010 gewaltig in der Kritik. Wie fallen die Reaktionen im Rödertal auf dieses Sport-Event aus?

 

»Ich werde mir nur die Spiele der deutschen Mannschaft ansehen“, so Alexander Nuck, Unternehmenskommikationsleiter des Kleinwachauer Epilepsiezentrum. Ottendorfs Bürgermeister Rico Pfeiffer erklärt, dass »ich nicht in Stimmung für eine solche WM bin«. Außerdem, so der Bürgermeister weiter, gebe es in diesen Zeiten wichtigere Themen als Fußball. Der Wachauer Johannes Baumgärtel, Mitinhaber der B&B-Eventagentur, erzählt, dass er sich bei früheren Welt- oder Europameisterschaften »oft einige interessante Begegnungen angeguckt« habe. In diesem Jahr werde er »das Geschehen nur sporadisch verfolgen«. Radebergs Oberbürgermeister Frank Höhme findet den Zeitraum der Ausrichtung »ungünstig«. Weil die Vorweihnachtszeit »mental schwer« mit einem solchen Fußball-Event in Verbindung zu bringen sei. Er werde sich dennoch die deutschen Spiele ansehen, darauf hoffen, »das wir Weltmeister werden«. Den Ottendorfer Bäcker Marlon Gnauck lässt die ganze Aufregung im Vorfeld dieser WM »völlig kalt. Der Grund: »Fußball interessiert mich nicht.« Er finde andere Sportarten wie Eishockey oder Handball aufregender, da »ist mehr Action«. Jürgen Georges, der Vorsitzende des Weixdorfer Dixiebahnhof-Kulturvereins, empfindet diese WM mit dem ganzen Drumherum als »vollkommen absurd«. Warum solle man zuschauen, wenn »Millionäre gegen Millionäre kicken und das Endspiel am vierten Advent« sei? Für ihn sei diese WM das »reinste Absurdistan«. Sehr »befremdlich« findet Radebergs Kantor Rainer Fritzsch das, was da demnächst in Katar über die Bühne gehen wird. Er frage sich, wie das sein werde, wenn auf Weihnachtsmärkten Public-Viewing-Areale eingerichtet werden sollten. Fritzsch: »Für mich nicht vorstellbar.« Aktiv verfolgen werde er das WM-Geschehen nicht, dazu habe er keine Zeit. Er müsse sich in der Vorweihnachtszeit um so vieles kümmern, auch Kirchenkonzerte organisieren. Rolf Daehne, Chef des Radeberger Kinovereins Buena Vista, erklärt, dass er während der vierwöchigen WM beim abendlichen Durchzappen des Fernsehprogramms sicher bei der ein oder Live-Übertragung »hängenbleibe«. Ihm fehlt »diese freudige Sommeratmosphäre«, die man bei zurückliegenden Weltmeisterschaften im ganzen Land spüren konnte. Für ihn sei diese WM in etwa so, als ob »man die Winterolympiade im Juli durchführt«. Und noch etwas stört ihn. »Wie soll man sich aufs Weihnachtsfest vorbereiten, wenn im TV ständig Fußballspiele gezeigt werden?« Weihnachten und Fußball, das passe nicht zusammen. Wenn die WM in Katar läuft, wird bei Holger Blum der heimische TV-Bildschirm dunkel bleiben. »Ich werde kein Spiel gucken, diese Veranstaltung boykottieren«, so der bekannte Biertheater-Regisseur. Eigentlich sei er Fußball-Fan, aber was bei dieser WM schon alles schief gelaufen sei, das gehe ihm zu weit. Blum: »Da kommt einfach keine Freude auf.«

 

Und nun? Muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er den Fernseher einschaltet und die Organisatoren dieser Veranstaltung via Fernbedienung unterstützt. Vergessen ja viele: Die deutschen Fernsehzuschauer entscheiden ja über die Einschaltquoten mit, wie viel Geld bei der nächsten WM an die Fifa überwiesen wird.


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