

Es ist sehr kalt an diesem Tag. Straßen und Wege sind von Schnee bedeckt. Das Wetter lädt nicht zum Spazierengehen ein. Mehrere ältere Damen steuern dennoch in Richtung Broilerbar. Per pedes oder mit dem Fahrrad. Einige wurden auch gebracht. Eine Dame wird etwas später mit dem Taxi vorgefahren. Das habe sie sich heute gern etwas kosten lassen. Auch wenn es draußen ungemütlich sei, wolle sie unbedingt dabei sein, erklärt sie bei ihrer Ankunft.
Für die fast 40 Spätlese-Damen sind die Mittwochnachmittage eine feste Größe im Kalender. Die regelmäßigen Treffen werden von den meisten Frauen nur bei Krankheit oder anderen wichtigeren Dingen hintenangestellt.
Vor 30 Jahren gründete sich der Hoyerswerdaer Verein Spätlese, der, ähnlich wie beim namensgleichen Prädikatwein, eine lange Tradition hat und einst von Gitta Liebeskind (†) und Rosemarie Schöder geleitet wurde. Die heutige Vorsitzende Renate Rebbitz blättert in alten Zeitungsartikeln. Auf den historischen Fotos sind fröhliche Senioren zu sehen die zusammen feierten, Spaß hatten, Ausflüge unternahmen oder bei Informationsveranstaltungen und Lesungen interessiert zuhörten. Die Pressebeiträge dokumentierten einen bunten Querschnitt der vielfältigen Angebotspalette. Angefangen von der Teilnahme an Tiergartenfesten bis hin zur Organisation zahlreicher eigener Veranstaltungen.
In Bestzeiten zählte der Verein über 100 Mitglieder. Heute sind es 38 Damen, die ein Durchschnittsalter von 85 Jahren haben, die sieben ältesten Mitglieder sind bereits über 90 Jahre alt. Die Feste sind nicht unbedingt leiser, aber etwas gemütlicher geworden. Manchmal ist es sehr leise. Ist ein Mitglied verstorben, wird auf seinem Platz eine Kerze angezündet und die Spätlese-Damen gedenken ihm mit einer Schweigeminute.
Die Ausflüge werden an das gestiegene Alter der Spätlese-Damen angepasst. Verreisten die Mitglieder einst noch mehrere Tage zusammen, stehen heute eher Tagesfahrten auf dem Programm.
An dem Spätlese-Konzept hat sich bis dato aber nichts geändert. So möchte der Verein, dem man ab einem Alter von 50plus beitreten kann, die kulturelle und künstlerische Betätigung und die Gesundheitsfürsorge fördern. Auch die gegenseitige Unterstützung, beispielsweise bei Behördengängen, sowie Hilfe bei Einsamkeit, Mutlosigkeit und Hilflosigkeit ist nach wie vor ein wichtiger Punkt im Vereinsleben.
»Ich freue mich über diese ehrenamtliche Aufgabe im Verein. Es kommt von den Mitgliedern Dankbarkeit zurück und wir arbeiten auch mit anderen Vereinen eng zusammen«, berichtet die Vorsitzende Renate Rebbitz, die ihr Amt bereits über acht Jahre ausübt. Und Reiseorganisatorin Annemarie Arnold fügt hinzu, wie gern sich die Mitglieder an lustige Ereignisse zurückerinnern, die auch heute noch für Gesprächsstoff sorgen. Wie bei einer Faschingsfeier, als alle Damen als Nonne verkleidet kamen und der lustige Trupp von einem männlichen Mönch »angeführt« wurde. Oder die langjährigen Veranstaltungen im Lausitz-Center, bei denen die Spätlese-Damen große Unterstützung vom ehemaligen Center-Leiter Dieter Henke bekamen. »Das geht aber jetzt auf Grund unseres Alters nicht mehr«, berichtet Renate Rebbitz.
Am Mittwoch, 31. Januar, feiert der Verein »Spätlese« sein 30-jähriges Bestehen in der Broilerbar, die seit über zehn Jahren zum festen Vereinstreffpunkt geworden ist. Das neue Jahresprogramm steht auch schon längst fest. So stehen neben den Clubnachmittagen, Faschingsfeier und Spielenachmittag auch eine Frauentags-Fahrt, Ausflüge, Vorträge über Verbraucherrecht, Apothekenwissen und polizeiliche Aufklärungsarbeit, Lesungen, eine Modenschau und lustige Witznachmittage im Mittelpunkt der Treffen.
Interessierte ab 50plus können gern bei den Treffen, die jeden Mittwoch von 13.30 bis 16.30 Uhr in der Broilerbar, F.-J.-Curie-Straße 35, stattfinden, vorbeischauen.