»Man muss sich in den Schriftsteller einfühlen können«
Man kennt das ja von Besuchen in Buchhandlungen und Bibliotheken. Greift man zu einem Buch, prangt da groß auf dem Cover der Name des Autors. Wer wissen möchte, wer es übersetzt hat, erfährt dies auf der ersten Seite. Ein kurzer Blick auf den Hinweis »Aus dem Amerikanischen von…« oder »Aus dem Englischen von…«, und dann? Hat man schon weitergeblättert, weil man zu neugierig auf den Inhalt des Buches ist, um sich damit zu beschäftigen, was für eine Leistung das ist, Bücher zu übersetzen. Nun, die Ullersdorferin Ursula Ewald kennt diese Mühen, sie hat schon etliche Bücher US-amerikanischer Autoren übersetzt. Worauf es bei einer Übersetzung ankommt, welche Bücher sie interessieren und warum sie auf ihren Lesungen in der Region so gut ankommt, darüber sprach die gebürtige Wienerin mit dem WochenKurier.
Sie arbeiten seit etlichen Jahren als Übersetzerin, reisen häufig in die USA, suchen sich für Ihre Übersetzungen Bücher aus, die nicht unbedingt ein breites Publikum ansprechen. Haben Sie ein Faible für Nischenkultur?
Ach nein, das würde ich nicht sagen. Die Auswahl der Bücher hat sicher auch was mit meiner pädagogischen, fremdsprachlichen Ausbildung zu tun. Als mir vor Jahren in New York »Abraham Lincoln‘s Vermächtnis« in die Hände fiel, war ich begeistert, entschloss ich mich sofort, dieses Buch über den Lebensweg des einstigen US-Präsidenten zu übersetzen.
Was macht eine gute Übersetzung aus, worin besteht für Sie der Reiz und die Herausforderung einer Übersetzung?
Eine Übersetzung muss vor allem inhaltlich treffend sein. Man kann sich sprachliche Freiheiten, etwa bei zeitgemäßen Ausdrücken, schon erlauben. Bei meinen Übersetzungen, besonders auf dem Gebiet der amerikanischen Literatur, bemühe ich mich, die sprachlichen Intensionen des Autors, seine besonderen Nuancen, stilistische Feinheiten und etwas von der Satzbau-Melodie zu erfassen und einzufangen. Was oft viel Zeit kostet.
Einige der von Ihnen übersetzten Bücher stellen Sie in hiesigen Bibliotheken und Kulturhäusern vor. Können Sie sich noch an Ihre erste Lesung erinnern?
Oh ja, sehr gut sogar. Meine erste hatte ich auf einer Dresdner Spiel- und Büchermesse, dort habe ich Lincolns Buch vorgestellt. Es gab viel Beifall vom Publikum, weiß ich noch genau, alle waren sehr angetan, ich natürlich auch (schmunzelt).
Sind Sie nur als Übersetzerin tätig oder schreiben Sie auch selbst?
Nein. Bisher habe ich noch kein Buch geschrieben, dazu fehlte mir einfach die Zeit. Aber ja, ich würde schon gerne eines schreiben, ich wüsste auch schon das Thema: die Lebensgeschichte meiner Familie, die als Flüchtlinge durch jüdische Familienbande während des Zweiten Weltkriegs mehrfach aus Wien und Leipzig flüchten mussten. Vielleicht schaffe ich das noch.
Wird ein von Ihnen übersetztes Buch bei der diesjährigen Leipziger Buchmesse (21. bis 24. März) vorgestellt?
Geplant war es. Aber der Abschluss einer Übersetzung klappte aus gesundheitlichen Gründen der amerikanischen Autorin für die diesjährige Leipziger Buchmesse nicht. Im vergangenen Jahr wurden jedoch gleich drei meiner Übersetzungen auf der Buchmesse präsentiert, unter anderem zwei Werke aus der amerikanischen Romantik. Das waren John Muirs Buch »Stickeen - Geschichte eines Hundes« und »Wilde Äpfel« von Henry David Thoreau.
Und aus Thoreaus Essay, der sich mit der historischen Entwicklung des Apfelbaums auseinandersetzt, werden Sie demnächst wieder lesen?
Ja, die Lesung findet am Mittwoch, 13. März, im Festsaal von Schloss Klippenstein statt. Beginn ist um 10 Uhr. Wird auch eine Menge Bildmaterial geben, ist fast eine Powerpoint-Präsentation. Es lohnt sich, auf jeden Fall zu kommen.
Infos zu Ursula Ewald:
In Wien während des Zweiten Weltkriegs geboren. Mit ihrer Familie flüchtete sie nach Leipzig, machte Abitur, studierte dort an Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK), war Dozentin für Slawistik/Anglistik an der Universität Greifswald, arbeitete als Englischlehrerin am Dresdner Marie-Curie-Gymnasium, ist Fachberaterin für Englisch, Dozentin an Abendschulen und Mitglied im Verband deutschsprachiger Übersetzer. Seit 2004 lebt sie in Ullersdorf. Zu ihren Hobbys gehört neben dem Sport - sie spielte in der 2. DDR-Volleyballliga - auch Jazz und Klassische Musik. Einige ihrer Lieblingsautoren sind: Ernst Hemingway, Henry David Thoreau, Wolfgang Goethe und Rainer Maria Rilke.

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