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Sandro Paufler

Ist der ÖPNV attraktiv genug?

Ostsachsen. Der designierte Geschäftsführer des Verkehrsverbundes ZVON, Christoph Mehnert, spricht im Interview über Preissteigerungen, das 49-Euro-Ticket und wo der ÖPNV im ländlichen Raum an seine Grenzen stößt.

Christoph Mehnert wird ab 1. Januar 2024 Geschäftsführer des ostsächsischen Verkehrsverbundes ZVON. Im Vorfeld stand er dem WochenKurier Rede und Antwort.

Christoph Mehnert wird ab 1. Januar 2024 Geschäftsführer des ostsächsischen Verkehrsverbundes ZVON. Im Vorfeld stand er dem WochenKurier Rede und Antwort.

Bild: Holger Hinz

Herr Mehnert, bei der letzten Verbandsversammlung wurde die Haushaltsentscheidung auf kommendes Jahr vertagt. Welche Gründe hatte das?

Christoph Mehnert: Der Werdegang war so, dass wichtige finanzielle Eingangsgrößen negativ waren und wir die Finanzzuwendungen des Freistaates noch nicht erhalten haben, die der Bund dem Freistaat Sachsen im nächsten Jahr zusätzlich zuweisen wird. In Abstimmung mit den Verbandsmitgliedern des ZVON haben wir dann gemeinsam entschieden, dass wir voraussichtlich im ersten Quartal 2024 in die konkrete Haushaltsplanung einsteigen wollen. Dann wissen wir wirklich, über welche Zahlen wir sprechen.

 

Die Preise im ZVON-Verkehrsgebiet wurden im August leicht nach oben angepasst. Zudem ist von einer weiteren Preissteigerung von sieben Prozent die Rede. Die Nutzung des ÖPNV sollte doch attraktiver werden und nicht abschrecken, oder?

Der Preis ist eine wichtige, aber nur eine Facette der Attraktivität des ÖPNV. Dem Fahrgast geht es auch darum, ob überhaupt ein Angebot besteht und in welcher Regelmäßigkeit etwas fährt. Letztendlich wollen wir Fahrpreise an den Markt bringen, die für den Fahrgast erschwinglich sind. Zur Ehrlichkeit gehört aber auch dazu, dass sich auch bei uns die Energiekosten nach oben bewegt haben. Derzeit ist es so, dass die Kostendeckung des ÖPNV durch Fahrgeldeinnahmen eher gering ist. Den größten Teil machen Zuschüsse aus der öffentlichen Hand aus. Deswegen gilt es zu überlegen, ob und wie der Fahrgast an den Kostenentwicklungen zu beteiligen ist. Dass Fahrpreiserhöhungen unschön sind, steht außer Frage.

 

Macht sich das 49-Euro-Ticket für den ländlichen Raum bezahlt?

Aus meiner Sicht ist das 49-Euro-Ticket besonders für die städtischen Bereiche eine gute Idee. Aber für den ZVON als ländlichen Raum gesehen ist es vermutlich nicht ganz optimal. Das 49-Euro-Ticket bevorzugen Pendler auf langen Distanzen und Fahrgäste, die wie in Dresden Straßenbahnen vor der Haustür haben und wo Züge im Viertelstundentakt fahren. Ein derartiges Angebot ist im ländlichen Raum kaum möglich. Deswegen ist das 49-Euro-Ticket für unsere Region eher nicht das Erfolgsmodell.

 

Welche Angebote wären denn für den ländlichen Raum attraktiv?

Mir ist es wichtig, dass wir eine Diskussion mit den Verbandsmitgliedern führen und ein ähnliches Verständnis haben, inwieweit der ÖPNV im ländlichen Raum eine wirkliche Alternative zum PKW ist oder wo es Bereiche gibt, wo wir ehrlicherweise sagen müssen, dass der ÖPNV nicht mehr als ein Grundangebot darstellt. Es gibt Gegenden im ZVON, da ist es schwierig einen Stundentakt zu realisieren. Es gibt Orte, die liegen mit ihren wenigen Einwohnern relativ abgelegen von den Haupterschließungslinien. Und es gibt jenseits von irgendwelchen Siedlungen weit abgelegene Einfamilienhäuser, die zwar per se einen Anspruch auf ÖPNV-Angebote haben, aber wo wir mit der Definition ÖPNV als Massenverkehrsmittel an unsere Grenzen stoßen. Unsere Region ist so geprägt, dass wir die Hauptachsen gut angeschlossen haben. Bei den Gebieten dazwischen gilt es zu überlegen, welche Anbindung realistisch ist und welche nicht. Wir müssen auch gegenüber den Fahrgästen ehrlich sein und dürfen keine falschen Erwartungen wecken. Wir können das ÖPNV-Angebot im ländlichen Raum mit unserer Fläche nicht so ausbauen, wie es in einem städtischen Ballungsgebiet der Fall ist.


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