Rolf Karbaum

Grenzen

Lausitz. Ein Kommentar von Rolf Karbaum, Oberbürgermeister a.D. von Görlitz.

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Bild: Lausitzwelle

Spannend sind die Grenzen innerhalb Europas. Die sind zum großen Teil formal weggefallen. Für mich als ehemaligen DDR-Bürger ein Vorgang, den ich noch immer als ein Wunder betrachte. Ich erinnere mich an den 21. Dezember 2007, als um Mitternacht das Schengen-Abkommen an der deutsch-polnischen Grenze in Kraft gesetzt wurde. Um 23.59 Uhr sah ich das letzte Auto, das von den Grenzbeamten kontrolliert wurde. Eine Minute später fuhr der nächste Pkw langsam und ohne anzuhalten über die Grenze, ein für mich damals unfassbarer Vorgang, den ich noch nie beobachtet oder erlebt hatte. Das war ein großer Schritt auf dem Weg des Zusammenwachsens von Görlitz und Zgorzelec zu einer Zwillingsstadt auf der Grenze zwischen zwei Staaten in Europa.

Doch es gibt immer wieder Debatten über diese Möglichkeit des freien Grenzübertrittes, speziell im Zusammenhang mit den Flüchtlingsströmen aus vielen Teilen der Welt nach Europa und speziell nach Deutschland. Wären sich die EU-Mitgliedsstaaten einig, könnte man die EU-Außengrenzen gemeinsam wirkungsvoll gegen unerlaubte Einreisen schützen und Ankommende nach einheitlichen Regeln aufnehmen oder abweisen.

Stattdessen werden temporär, lokal und national Grenzkontrollen wieder an Brennpunkten der Flüchtlingsbewegungen durchgeführt. Die Gegner unserer Demokratie rufen laut nach genereller Schließung der Grenzen und nach dem »Dexit«. Das aber kann, darf und wird keine Lösung sein, sondern vielmehr der Weg zurück in einen Nationalismus, wie wir ihn hoffentlich nie mehr erleben werden.

 

»kommentiert:« läuft immer donnerstags, 6.50 und 14.45 Uhr, im LAUSITZWELLE Radio über UKW und DAB+ und als Video auch im LAUSITZWELLE Fernsehen in der Drehscheibe Lausitz. Alle Kommentare sind jederzeit bei www.lausitzwelle.de sowie auf youtube.com/LAUSITZWELLE abrufbar.


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