Uta Pfützner/ck

Hier aufm Dorf

Lausitz. Ein Kommentar der freien Lausitzer Autorin Uta Pfützner.

Uta Pfützner

Uta Pfützner

Bild: Privat

»Hier aufm Dorf kennt man sich untereinander. Man hilft sich, wenn es möglich ist, gerade und ganz besonders in der direkten Nachbarschaft.

Beispiel: Einer (egal wer) lässt am Sonnabend gegen 9 Uhr ein hämmerndes Geräusch (wahlweise Bohren, Sägen etc.) erklingen. Der Ablauf ist immer gleich. Die Männer schauen zuerst aus dem Fenster und fragen ihre Frau, wer da gerade was in seinem Garten baut. Hernach gehen sie vor die Haustür, versammeln sich geschlossen bei demjenigen, der das Geräusch verursacht hat, und beratschlagen, wie es am Besten zu machen sei. Dabei tragen sie zumeist Bierflaschen in der Hand und eine wichtige Miene zur Schau. Die Baustelle wird mehrfach umschritten. Das ist sehr wichtig, da ein anderer Blickwinkel mitunter dazu beiträgt, das gesamte Projekt völlig neu zu überdenken. Gegen Ende der Beratung wissen alle Nachbarn Bescheid darüber, was am Sonntag zu tun ist. Nämlich eine nochmalige Besprechung, allerdings ohne Maschinenlärm, da am Sonntag Ruhe herrscht, hier aufm Dorf.

Ähnlich funktioniert das mit dem Rasenmähen. Bereits während des Frühstücks sitzen die Männer wie auf einem Bienenstock und lauschen hinaus, ob jemand damit beginnt. Wenn auch nur das geringste »Brrrrrummnänänänääään« ertönt, können wir Frauen die Siegesglocken läuten, weil uns dann zwei Stunden keiner im Weg umherläuft. Das ist so, hier aufm Dorf.

Hier aufm Dorf nimmt man sich die Zeit für ein paar Worte, wenn man sich zufällig auf der Straße trifft. Man fragt nicht lange, sondern tut es einfach. Treibt sich ein Fremder hier rum, wird er misstrauisch beäugt und aufgefordert, das Gelände zu verlassen. Die Kinder gehören im Grunde allen Leuten, weil jeder aufpasst, dass ihnen nichts passiert. Einsam ist man nicht, hier aufm Dorf.

Zu guter Letzt: Es mag sein, dass das Dorfleben Nachteile hat. Wenig Einkaufsmöglichkeiten, wenig medizinische Versorgung. Einen ganz gewaltigen Vorteil hat es aber auch. Wenn der Nachbar sein Heu noch draußen hat und es kommt ein Gewitter, dann kann man sicher sein, dass jemand es zusammenrafft und mit einer Plane bedeckt. Es ist einfach immer einer da, der beschützend seine Hände drüber hält. Deswegen bleib ich hier bis zum jüngsten Tag, hier aufm Dorf.

 

Das passende Video gibt‘s auch im LAUSITZWELLE Fernsehen in der Drehscheibe Lausitz: im Livestream unter www.lausitzwelle.de, auf www.youtube.com/LAUSITZWELLE, im Kabelfernsehen sowie via DVB-T2 (Kanal 27) und MagentaTV ab 18 Uhr sowie im Satellitenprogramm bei SachsenEins ab 18.30 Uhr.


Meistgelesen