Ein Hoyerswerdaer geht auf Tour
Seit seinem 15. Lebensjahr macht er Musik und hat mit den Jahren sein Hobby zum Beruf gemacht. Während er tagsüber als Simon beim MDR Sputnik im Radio moderiert, lässt er abends als Krom seine Träume wahr werden. Was ihn musikalisch beeinflusst hat und warum er nicht in Hoyerswerda spielt.
Was hat dich in oder an Hoyerswerda besonders geprägt und was hatte es für einen Einfluss auf deine Musik?
Hoyerswerda an sich ist ja ein sehr besonderes Pflaster, weil man erst mal ein bisschen ab vom Schuss ist. Man ist relativ weit entfernt von den großen Städten und hat so ein gemütliches Kleinstadtleben, aber dennoch war irgendwie immer viel los. Was mich eigentlich geprägt hat ist die historische Verantwortung unserer Stadt durch die Ausschreitungen ‘91, die dort passiert sind. Das hat uns natürlich in der Schulzeit auch geprägt, da haben wir auch viel darüber gesprochen. Hoyerswerda hatte dadurch immer so einen Stempel und den hat es immer noch. Das habe ich auch gemerkt, als ich rausgezogen bin.
Ich habe dann relativ schnell gemerkt, wenn mir irgendeine Verantwortung in die Hand gelegt wurde, dann ist es sich damit auseinanderzusetzen und alles dafür zu tun, damit sich das nicht wiederholt. Das ist DAS, was mir die Stadt mitgegeben hat: einen kritischen Blick für die Politik und das Einsetzen für Toleranz, für Menschenrechte, weil die Schattenseiten vor meiner Geburt in meiner Stadt schon deutlich passiert sind, aber die Aufarbeitung bis heute anhält.
Ich glaube, politische Statements zu setzen, auch in der Musik oder in den Konzerten ist ein elementarer Bestandteil meiner Show. Das war es im Battle-Rap schon immer. Es gibt eigentlich keine Show ohne politisches Statement, nicht weil ich mich verpflichtet fühle, sondern weil es mir extrem wichtig ist. Das hab ich in meiner Stadt, in meiner Schule gelernt und das werde ich immer mit mir tragen.
Hast du auch etwas vermisst an deiner Heimat, außer Freunde und Familie?
Vermissen würde ich jetzt nicht sagen. Ich möchte es mal so vergleichen: Wenn ältere Menschen irgendwann in eine Stadt fahren, in der sie vor 60 Jahren gelebt haben, und von den Veränderungen erzählen und ihre Jugend Revue passieren lassen, dieses Gefühl hab ich jetzt schon mit nicht mal 30, weil in Hoyerswerda so viel Rückbau stattfindet. Die Blocks, zwischen denen wir damals gespielt haben, meine Schule, das ist alles abgerissen. Ich bin ja im WK X groß geworden. Ich geh jetzt schon durch Teile der Stadt und die haben sich einfach in den letzten Jahren so krass verändert, dass gar nicht mehr alles sichtbar ist, was ich damals erlebt und gesehen habe.
Ich habe das Gefühl, Hoyerswerda hat nicht die Möglichkeiten alle Menschen für immer zu halten, das geht einfach rein infrastrukturell nicht, aber gleichzeitig haben alle Leute, alle Weggezogenen, die Möglichkeit ständig Einfluss auf ihre Stadt zu haben und werden da auch mit offenen Armen empfangen.
Erzähle doch etwas mehr von deiner Musik. Wie bist du dazu gekommen und was genau machst du eigentlich?
Im Genre befinden wir uns im Hiphop und die Rap-Texte haben natürlich verschiedene Facetten. Es ist eben wie bei allen Künstlern, dass die Bandbreite etwas größer ist. Aber es hat immer sehr originale Soundeinflüsse. Mein Bruder Samuel zum Beispiel, der ja auch in der Stadt aufgewachsen ist, der studiert jetzt Schlagzeug in Dresden. Er baut auch mit an den Beats. Wir sind bei den Instrumentalen, die wir zusammen anfertigen, an einem sehr natürlichen Sound dran. So wie man es in den Aufnahmen hört, so werden wir es eben auch live spielen. Ich werde als Haupt-Rapper auf der Bühne stehen, dann wird mein Kumpel SzumH mit rappen. Wir haben DJ Pint mit dabei und meinen Bruder am Schlagzeug. Pro Tourspot haben wir immer noch einen lokalen Act, der in der Stadt dann auch relativ bekannt ist.
Also im Prinzip bist du ja dein eigener Chef. Wie schaffst du das alles zeitlich?
Ich muss sagen, die Tour habe ich mir wesentlich entspannter vorgestellt in der Vorbereitung. Das ist auch ein Commitment mit meiner Frau. Wenn sie das nicht mittragen würde, dann wäre das erst mal gar nicht alles möglich. Mein Alltag sieht folgendermaßen aus: Ich steh morgens auf, um zehn Uhr mache ich erst mal eine Konferenz beim MDR, sitze dann zwei Stunden am Laptop und arbeite alles runter, die ganzen Kommunikationen zur Tour. Gestern bin ich nach der Arbeit sofort ins Studio gefahren. Wir haben noch anderthalb Stunden für die Tour geprobt, denn es muss ja auch noch Musik gemacht werden.
Das ist jetzt auch nichts, was für immer ausgelegt ist, weil es einfach zwei verschiedene Jobs sind, die ich im Moment zeitgleich ausübe. Aber ich bin halt ein strukturierter Typ. Mein Schreibtisch ist voller To-Do- und Abhaklisten und da wird alles nacheinander abgehakt, damit auch nichts vergessen wird und sich jeder auf mich verlassen kann. Ich gehe abends noch die Stadt plakatieren, damit die Werbung auch stattfindet. Das Pensum ist enorm und ich freue mich auch schon auf April, wenn es dann wieder ein bisschen ruhiger wird, ehrlich gesagt. (lacht)
Aber jetzt mal unter uns: Bist du vielleicht ein kleiner Kontrollfreak, der das ungern abgibt, weil er dann nicht weiß, was am Ende herauskommt? (lacht)
Voll, hundertprozentig, bin ich! Analyse komplett abgeschlossen. Ich bin ein verkappter Perfektionist und alle Leute, die mit mir arbeiten, die haben, glaube ich, sehr viel mit den Augen gerollt, weil die gesagt haben: Oh jetzt hier noch ein Atmer und da nochmal Mini-Schnipsel weg. Aber ich habe eine ganz genaue Passion und eine ganz genaue Vision von dem, was ich machen will. Ich habe aber auch gemerkt: Was kann ich wo abgeben, wem kann ich vertrauen.
Musik zu machen ist enorm kostenintensiv. Und alles, was du nicht selbst machst, verursacht Kosten. Natürlich könnten wir die ganze Tour an eine Booking-Firma geben, aber wenn ich jetzt vorrechnen würde bei den Eintrittspreisen, was sowieso schon alles wegfällt, weil der Club ja beteiligt wird, weil es auch versteuert werden muss, weil die Leute bezahlt werden müssen, weil der Vor-Act ausbezahlt wird, weil Plakate gedruckt werden... Das machen wir alles auch selbst und es ist alles aus der eigenen Schmiede erstellt worden. Viele Leute ziehen nach Berlin um Musik zu machen, um sich da praktisch in so ein Netzwerk reinzusetzen, was sehr, sehr viel Geld kostet und was auch auf sehr professioneller Ebene abläuft. Wir haben ein Netzwerk, das besteht nur aus Freunden und einer macht etwas für den anderen. Andere Leute gehen abends zum Fußball trainieren und wir machen abends Musik zusammen. Ich glaube, es wird auch sehr emotional werden, da wir in Halle unseren Eröffnungsgig spielen. Das wird vier Tage nach meinem Geburtstag sein. Der Ticketverkauf läuft echt gut in Halle und da wird einfach volle Bude sein.
Wo wir grade beim Thema Tour sind. Gibt es einen Grund, warum ihr nicht in Hoyerswerda spielt?
Ich wollte in Hoyerswerda spielen, das war eigentlich mein sehnlichster Wunsch. Ich wollte gerne alle Städte miteinander verbinden, in denen ich gelebt habe. Das ist ja auch eine Tour für mich, ich beschenke mich einfach selbst. Deswegen ist es kein Zufall, dass wir in Halle starten. Ich wollte aber unbedingt, auch für meine Familie und Freunde, in Hoyerswerda spielen. Es gibt da einen Anlaufpunkt, die haben das aber erst mal kategorisch ausgeschlossen, wegen der Art der Musik, die wir machen. Die hatten auch nicht die Muße, unsere Tour dort stattfinden zulassen. Ich glaube, es wäre in Hoyerswerda auch sehr voll geworden. Es wäre für mich halt irgendwie cool gewesen, die Heimatstadt mit dabei zu haben, in der ersten Tour. Das ist ein bisschen ein Wermutstropfen. Die Alternative ist Dresden und ich weiß von sehr vielen Leuten, dass sie von Hoyerswerda nach Dresden kommen.
Wo findet man eigentlich dein aktuelles Album?
Ein Album gibt es noch nicht, das liegt unter anderem an meinem Perfektionismus, aber auch an dem enormen Pensum. Es fallen Dinge hinten runter und das waren bei mir jahrelang die Lieder. Ich hab keine Songs rausgehauen. Ich mache Mucke seit 15 Jahren, ich bin in der Battle-Rap-Szene sehr, sehr aktiv und die Videos haben zurzeit bei YouTube auch eine Million Klicks, aber es ist natürlich sehr zeitaufwändig.
Ziel wird es sein, in diesem Jahr aus zehn Songs eine EP fertigzumachen, die dann auch auf Vinyl gepresst wird. Ich möchte gern mein 30. Lebensjahr mit meinem eigenen ersten Release gebührend feiern. Das wird wahrscheinlich erst gegen Herbst stattfinden. Man findet aber auch alles bei www.kromgang.de. Auf unserer Homepage ist alles gebündelt, von Klamotten über Releases, Booking-Anfragen.
Wo siehst du dich in der Zukunft, also wo siehst du dich in fünf Jahren?
Ich wurde das beruflich auch immer gefragt, ob von meinen Chefs oder von Leuten, die beim Radio zugehört haben. Ich habe nie so gedacht und das ist auch gut so. Alles, was kommt, ist auch immer eine Überraschung und verschiedene verrückte Projekte entstehen. Ich schau nicht auf die Zukunft in fünf Jahren, das hemmt einen nur. Du gerätst dann unter Druck. Ich genieße es einfach nur. Ich freue mich, gleich arbeiten gehen zu können. Ich habe einfach einen Traumjob, der mir jeden Tag Spaß macht. Morgen haben wir eine Probe, da freue ich mich drauf. Und viel weiter geht die langfristige Planung eigentlich nicht als bis zur Tour, auch wenn jetzt schon die ersten Bookings für die Festival-Saison da sind. Mal eine Familienfeier im September, ok schreibe ich mir in den Kalender rein, aber ich weiß noch nicht mal, wo ich in diesem Jahr im Urlaub bin. Das entscheidet sich meistens auch eine Woche vorher. In die Zukunft gucken - ganz schwierig bei mir.
Die Tourdaten im Überblick:
- 2. März: Halle
- 8. März: Dresden
- 9. März: Saalfeld
- 14. März: Leipzig
- 21. März: Jena
- 22. März: Erfurt
- 23. März: Greiz
Alle Infos unter www.kromgang.de

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