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jas/pm/asl

Begleitausschuss verabschiedet weitere 13 Vorhaben

Nachdem Ende Juni in Weißwasser bei der ersten Sitzung des Regionalen Begleitausschusses (RBA) 40 kommunale Projekte positiv beschieden worden sind, tagte das Gremium am vergangenen Mittwoch zum zweiten Mal. 14 kommunale Vorhaben galt es in der Energiefabrik Knappenrode zu bewerten.

Von den 14 kommunalen Vorhaben wurden am Ende 13 mit einem Gesamtvolumen von rund 120 Millionen Euro aus Bundesmitteln positiv votiert und priorisiert. Der Schwerpunkt der positiv beschiedenen Vorhaben lag dabei auf dem Bereich der Daseinsfürsorge, aber auch Projekte des Tourismus, der Forschungs- und der wirtschaftsnahen Infrastruktur standen zur Diskussion.

»Wo ist die Kita, wo ist die Schule und wo kann ich abends ein Bier trinken?«

Der Fokus lag also wieder auf weichen Standortfaktoren. Dafür erntete der RBA bereits nach der ersten Sitzung scharfe Kritik. Der Hauptgeschäftsführer der IHK Dresden, Dr. Detlef Hamann, bezweifelte damals schon offenkundig, ob die befürworteten Vorhaben geeignet seien, um die ostsächsische Region nach dem Aus von Braunkohleförderung und -verstromung strukturell neu auszurichten und vor allem wirtschaftlich zukunftsfest zu machen. Ein zentrales Problem sei jedoch der Arbeitskräftemangel, betonte Birgit Weber, Vorsitzende des RBA und Beigeordnete des Landkreises Bautzen. Bernd Lange, Landrat des Landkreises Bautzen und ebenfalls stimmberechtigtes Mitglied im RBA, bekräftigte diese Tatsache: »Wir können noch so viele Arbeitsplätze schaffen, doch das bringt nichts, wenn uns die Leute hier fehlen.« Daher müsse zunächst die Ansiedlung von Menschen fokussiert werden. Daher gehören beispielsweise auch der Ausbau einer Kita in der Gemeinde Deumitz-Thumitz oder der Neubau des Lessingbades in Kamens zu einem Strukturwandel, entgegnet Weber einigen Kritikern, zumal eine direkte Unternehmensförderung mit Strukturfördermitteln weiterhin nicht möglich ist. Sie verdeutlicht: »Die Mehrzahl der Projekte hatte dieses Mal ganz zentral die Menschen und einen lebenswerten Raum im Fokus. Damit wollen wir erreichen, dass die Menschen in den Regionen gehalten werden oder bestenfalls sogar zurückkehren.« In zahlreichen Gesprächen mit Unternehmern, die sich in der Region potenziell ansiedeln wollen, seien die ersten Fragen nach der Breitbanderschließung vor allem: »Wo ist die Kita, wo ist die Schule und wo kann ich abends ein Bier trinken?« Das zeige, wie wichtig auch diese Faktoren in dem gesamten Prozess sind, so Weber weiter.

Zweiter Anlauf geglückt: Görlitz bekommt neue Straßenbahnen

Wie bereits im Juni setzte sich das Gremium intensiv mit den einzelnen Vorhaben in einer mehrstündigen Sitzung auseinander. Neben der Daseinsfürsorge standen auch Projekte zur Abstimmung, die ihren Beitrag zur Klimaneutralität leisten werden und beispielsweise als Leuchtturmprojekte alternativer Antriebsformen dienen sollen. Jubel dürfte es demnach in Görlitz gegeben haben. Wurde der eingereichte Projektantrag der Görlitzer Verkehrsbetriebe, mit dem für mehr als 92?Millionen Euro neue Straßenbahnen gekauft und das Nahverkehrsnetz in der Stadt ausgebaut werden sollte, in der ersten Sitzung noch abgelehnt, da damals der innovative Ansatz noch nicht ausreichend erkennbar war, wurde das Projekt diesmal erfolgreich bestätigt. Mit dem überarbeiteten Projektantrag »Moderne klimaneutrale und barrierefreie Verkehrsinfrastruktur - ÖPNV-Modellstadt« soll der innovative Ansatz nun erkennbar sein, bei dem es »um autonomes Fahren, Wasserstoffantrieb, um moderne Kundeninformation und die aktive Vernetzung mit dem Umland« geht, heißt es aus dem Rathaus. Mit einem Gesamtvolumen von fast 68 Millionen Euro ist es das kostenintensivste Projekt, über das bei der zweiten Sitzung entschieden wurde.

Macht Weißwassers OB Torsten Pötzsch seine Drohung wahr?

Auf Unverständnis dürfte diese positive Projektbewertung bei Weißwassers Oberbürgermeisters Torsten Pötzsch gestoßen sein. Er kritisierte vor der zweiten Sitzung des RBA öffentlich, dass das Kohlegeld in zu großen Mengen in die nicht kernbetroffenen Regionen fließe. Pötzsch drohte sogar damit, den Regionalen Begleitausschuss zu verlassen, sollte sich an der Art und Weise der Geldverteilung nichts ändern. Bisher ist nicht bekannt, ob der Weißwasseraner OB seine Drohung wirklich wahrmacht. Weber machte derweil deutlich, dass eine etwaige Quotenregelung zur Verteilung der Gelder unter dem Gesichtspunkt der »Kernbetroffenheit« strikt abgelehnt werde. »Ein erfolgreicher Strukturwandel bedarf einer Regionsentwicklung im Gesamten. Der Bund hat die gesamten Flächen der Landkreise Bautzen und Görlitz zum Entwicklungsgebiet ernannt und daran haben wir uns auch zu halten«, so die RBA-Vorsitzende. Ganz leer ging die Stadt Weißwasser in Knappenrode auch nicht aus. Der Antrag zum geplanten Aus- und Umbau des Untergeschosses der Volkshochschule für rund 380.000 Euro mit dem Ziel – Schaffung der Infrastruktur für digitale Bildungsangebote – wurde vom RBA bestätigt.

»Wir müssen aufhören, unsere Lausitz schlecht zu reden«

Birgit Weber appelliert: »Wir sollten die Probleme nicht in den Fokus rücken, sondern positiv auf das bisher Erreichte schauen.« Rund 80 Projektanträge im Rahmen des Strukturstärkungsgesetzes seien bereits am Laufen. Die von der ersten Sitzung im Juni positiv votierten Projekte wurden allesamt vom Bund bestätigt. »Das spricht für die gute Arbeit des RBA«, meint Prof. Dr. Norbert Menke, einer der Geschäftsführer der Sächsischen Agentur für Strukturentwicklung (SAS). Aufgrund des aktuell bestehenden Arbeitskräftemangels wird es in nächsten Jahren auch Zuwanderung in die sächsische Lausitz brauchen. »Deswegen wird es auch wichtig sein, unser Image nach außen positiver darzustellen«, erläutert Weber und ergänzt: „Dazu kann und sollte jeder seinen Beitrag dazu leisten.«

Hintergrund

Die 14 kommunalen Vorhaben, über die auf der zweiten Sitzung RBA entschieden worden ist, sind nach der »Förderrichtlinie für Zuwendungen nach dem Investitionsgesetz Kohleregionen – RL InvKG« qualifiziert und priorisiert worden. Der Regionale Begleitausschuss hat hierbei die Kernaufgabe inne, am Projektauswahlverfahren mitzuwirken. Die durch den RBA positiv beschiedenen Vorhaben werden dann dem Freistaat Sachen und dem Bund zur endgültigen Entscheidung vorgelegt. Erst dann könne ein Fördermittelantrag bei der Sächsische Aufbaubank gestellt werden. Die nächste Sitzung des RBA in der Lausitz ist für den 1. Juni 2022 terminiert. Die durch die Landkreise vorgeprüften Projektvorschläge, die nach dem Wunsch des Projektträgers diesen 3. RBA erreichen sollen, müssen bis spätestens 29. November 2021 bei der SAS eingereicht werden.


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