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"Und heute muss ich widersprechen!"

Zittau. Pegida hat heute in Zittau zu einer Mahnwache aufgerufen. Den Anlass nennt das Bündnis "Zittau gemeinsam" eine "krasse Form von Geschichtsrevisionismus". Zittaus Oberbürgermeister ruft die Zivilgesellschaft auf, ein Zeichen zu setzen.

Symbolfoto

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Bild: Keil

Pegida will heute vor dem Theater in Zittau mit einer Mahnwache dem 80. Jahrestag der Kapitulation der Wehrmacht in Stalingrad gedenken. Das Bündnis „Zittau gemeinsam“ rief aus diesem Grund am Dienstagabend weitere Bündnisse, Vereine, Initiativen und Einzelpersonen der Stadt Zittau zusammen, um dies nicht stillschweigend hinzunehmen und verfasste ein Statement zu der geplanten Mahnwache. „Diese Aktion steht in klarem Widerspruch zum Gedenktag zur Machtübernahme der Nationalsozialisten vom 30. Januar 1933, der Tag an dem die Weichen für die Geschehnisse des 2. Weltkriegs gestellt wurden«, so Peter Knüvener von den Städtischen Museen Zittau. Die Aussage „Es darf kein zweites Stalingrad geben“, die von Pegida Zittau in diesem Zusammenhang verwendet wird, sei eine krasse Form von Geschichtsrevisionismus, in dem sie einen völlig unangemessenen Zusammenhang zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine herstellt.

 

Kritisiert wird in dem Zusammenhang auch die Entscheidung der Versammlungsbehörde, Fackeln als Demonstrationsmittel zuzulassen. Damit ermögliche man das Anknüpfen an nationalsozialistische Bilder. Das sei ein beängstigendes Signal und zeige, dass Pegida Zittau entschlossen ist, Hass und Intoleranz zu fördern, heißt es in dem Statement.

 

„Wir rufen die Öffentlichkeit auf, gegen diese Veranstaltung und jegliche Form des Rassismus, Antisemitismus, Nationalchauvinismus und Geschichtsrevisionismus zu protestieren«, sagt Tom Richter, Student und Mitglied im Studierendenrat der Hochschule Zittau/Görlitz. „Wir müssen uns zusammenschließen, um sicherzustellen, dass nationalsozialistische Bestrebungen nie wieder die Macht ergreifen und dass das Gedenken an die Überwindung des Nationalsozialismus respektiert wird.“

 

Auch der Ort der geplanten Mahnwache wird scharf kritisiert. Ingo Putz, Schauspieldirektor des Gerhart-Hauptmann-Theaters in Zittau: „Das Theater mit seiner Geschichte ist ein Ort, der zur Erinnerung und Reflexion der Vergangenheit dient, und darf nicht als Bühne für Veranstaltungen genutzt werden, die die Geschichte verfälschen und Geschichtsrevisionismus betreiben. Wer vorgibt, den Frieden zu preisen, aber die Bildsprache und Symbolik von Faschisten benutzt, der bereitet den Boden für neue Gewalt.“

 

Man sei entschlossen, für eine Gesellschaft einzustehen, die frei von Hass und Intoleranz ist, und werde sich gegen jede Form von Rassismus, Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus auf allen Ebenen wehren und eine Gegenveranstaltung vor Ort abhalten, heißt es abschließend.

 

"Es ist ein ungeheuer geschmackloses Schauspiel

in Zittau geplant"

 

Auch der Zittauer Oberbürgermeister Thomas Zenker zeigt für die geplante Pegida-Aktion nur Unverständnis. In einem langen Statement auf Facebook schreibt er zunächst: „Demokratie muss Meinungsvielfalt aushalten, wir müssen unbedingt um die richtigen Wege für unsere Gesellschaft streiten. Es ist gut, diese Aufgabe nicht nur den verschiedenen Parlamenten, Parteien und Organisationen zu überlassen.“ Das gelte natürlich auch für die montäglichen Demonstranten – auch sie sollten akzeptieren und vor allem verstehen, dass zahlreiche Menschen anderer Meinung sind, oder manche Aussage nicht widerspruchslos stehen bleiben könne.

 

Weiter schreibt er: „Und heute muss ich widersprechen! Denn es ist ein ungeheuer geschmackloses Schauspiel in Zittau geplant, das ausgerechnet vor dem Gerhart-Hauptmann-Theater inszeniert werden soll. Unter dem Vorwand für den Frieden zu „kämpfen“ wurde […] eine Kundgebung für den 2. Februar 2023 angemeldet, die in den geplanten und angemeldeten Details offenbar finstere Zeiten glorifizieren will. Vor dem GHT, dem 1936 mit nationalsozialistischem Brimborium eröffneten damaligen „Grenzlandtheater“, wollen Herr Thomas W. und seine Mitstreiter/-innen dem 80. Jahrestag der Kapitulation der Wehrmacht in Stalingrad mit Feuer und Fackeln gedenken. Der Anmelder – mit seinen rassistischen Redebeiträgen vom Zittauer Markt auch im Sächsischen Verfassungsschutzbericht zitiert und als Anmelder von Pegida in Dresden und Zittau überregional bekannt – will damit sowie mit dem „Singen des Lieds der Deutschen“ für den Frieden kämpfen. Eine Ansprache ist auch angekündigt. Womit müssen wir uns hier auseinandersetzen? Was soll dieses Spektakel? Können wir diese Provokationen nicht einfach ignorieren? Ich glaube, das dürfen wir nicht. […] Wir leben in einer Dreiländerregion, die sehr deutlich erfahren hat, welche schrecklichen Auswirkungen totalitäre Ideologien haben. Wir leben in einer Region, die mit viel Kraft aus der Zivilgesellschaft zahlreiche syrische, afghanische und ukrainische Kriegsflüchtlinge sicher untergebracht hat. Einer Region, die auch eigene bitterste Erfahrungen zu Krieg, Flucht und Vertreibung auf allen drei Seiten tief verinnerlicht hat. Auch deshalb dürfen wir derartige symbolische Vereinnahmungen nicht widerspruchslos hinnehmen!“

 

Das komplette Statement des OB gibt’s hier.


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