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Tony Keuil

Kunst trifft Forschung

Görlitz. In der Stadthalle kann man momentan Kunst der besonderen Art erleben. Im Fokus steht der Geruchssinn. Dazu wird parallel auch geforscht.

Bei der Beschreibung wird geklotzt, nicht gekleckert. "Osmodrama ist ein interdisziplinäres Projekt und der Beginn einer neuen Kunstform", heißt es auf www.osmodrama.com. Genau diese Kunstform, bei der der Geruchssinn im Mittelpunkt steht, kann man aktuell in der Görlitzer Stadthalle erleben. Allein die Technik, die dabei zum Einsatz kommt, ist mehr als einen Blick wert. Eine elektronisch gesteuerte und raumfüllende Geruchsorgel sorgt über kontrollierte Luftströmung dafür, dass immer wieder neue Gerüche in den Raum gelangen. Damit am Ende nicht ein Gemisch unterschiedlichster Gerüche die Sinne überfordert, muss die 1,6 Tonnen schwere Maschine die Luft immer wieder aus dem Raum saugen, ehe neue Luft angereichert mit neuen Düften eingespeist werden kann.

 

Entwickelt wurde die Smeller 2.0 genannte Maschine als funktionales Kunstwerk vom Künstler Wolfgang Georgsdorf, der sich dazu Hilfe verschiedener Expertinnen und Experten aus den Bereichen Parfümistik/Olfaktorik, Klimatechnik, Mechatronik und Informatik holte. Das Osmodrama war bereits Gegenstand zahlreicher Forschungsprojekte. Und das nicht nur aus den Bereichen Kunst und Medien, auch neurowissenschaftlich wurde es beforscht und dazu bereits eine wissenschaftliche Studie zum therapeutischen Nutzen veröffentlicht.

 

Seit 2012 ist der Künstler mit dem Osmodrama unterwegs. Das Gastspiel in der Stadthalle ist das erste in Sachsen. Neben dem Tagesprogramm (Dienstag bis Sonntag) finden zu ausgewählten Terminen auch beispielsweise Konzerte, Märchenaufführungen, Kino und Lesungen statt.

 

Forschung zu Geruchsverlust

 

In Görlitz, wo das Osmodrama vom 1. Juli bis 7. Oktober zu erleben ist, wird auch die Forschung mit einer neuen Studie fortgesetzt. Dabei geht es um die heilende Wirkung von Osmodrama auf Menschen mit Geruchsverlust oder Beeinträchtigung. Dazu sucht die TU Dresden in Zusammenarbeit mit der Berliner Charité nach Personen in Görlitz mit einem verminderten Riechvermögen. Eine Methode, um ein Geruchsstörung (Dysosmie) zu behandeln, ist ein Riechtraining. Denn ähnlich den Muskeln, die durch wiederholtes stemmen von Hanteln trainiert werden können, kann man auch dem Geruchssinn durch wiederholtes Training auf die Sprünge helfen. Dabei werden dem Patienten normalerweise vier Fläschchen mitgegeben, an denen er dann täglich riecht. "Wir wollen herausfinden, ob der Smeller 2.0 hier eine schnellere Verbesserung des Geruchssinns bewirkt", sagt Ärztin Freya Aden. Denn in der Maschine sind die Menschen von dem Geruch komplett umgeben, außerdem können statt vier bis zu 64 Gerüche verwendet werden.

 

Die Teilnehmer setzen sich dazu zwei Monate lang täglich einmal in die Maschine und trainieren ihren Geruchssinn. Eine Vergleichsgruppe nutzt parallel die traditionelle Methode mit den vier Fläschchen und eine Kontrollgruppe wiederrum macht gar nichts. Am Ende wird verglichen, wie sich die Geruchsstörungen in den zwei Monaten entwickelt haben. Noch werden Probanden gesucht. Wer Interesse oder Fragen hat, kann zu den Osmodrama-Öffnungszeiten in der Stadthalle vorbeischauen oder sich unter 0151/56296855 oder freya.aden@t-online.de an Freya Aden wenden.

 

  • Begleitet wird das Osmodrama Festival, das im Rahmen von "1000undDeineSicht - vom Ausbruch zum Aufbruch aus der Pandemie" in Görlitz gastiert, von einem Tagesprogramm und verschiedenen (Ur)Aufführungen, etwa "Zwerg Nase", einem Hörspiel mit Gerüchen und "Die Moldau - Die Neiße", einem Konzert mit Gerüchen. Mehr dazu auf www.1000unddeinesicht.eu.

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