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In Mühlrose wächst der Frust

Mühlrose. Mit Glockenschlägen macht man in Mühlrose seinem Frust Luft. Gemeinderäte und Bürgermeister fühlen sich von der Regierung nicht ernst genommen.

V.l.n.r.: Uwe Radtke, René Mettke, Waldemar Locke und Frank Gärtig läuten die Glocke am Glockenturm Mühlrose.

V.l.n.r.: Uwe Radtke, René Mettke, Waldemar Locke und Frank Gärtig läuten die Glocke am Glockenturm Mühlrose.

Bild: T: Keil

Im Frühjahr 2019 setzte Waldemar Locke seine Unterschrift unter den Umsiedlungsvertrag für Mühlrose. Man habe den Trebendorfer Ortsteil damals aufgegeben, um die Arbeitsplätze in der Kohle zu erhalten, sagt Trebendorfs Bürgermeister. Heute würde er seine Unterschrift nicht mehr auf das Papier setzen. Nicht nur er, auch einige Gemeinderäte sind frustriert darüber, wie die Landesregierung mit dem kleinen Dorf umgeht. Deswegen läuteten sie am 10. August die Glocke in Mühlrose und luden dazu die Medien ein. Die Hoffnung: In Dresden hört man das Läuten und reagiert.

 

Manch einem könnte das bekannt vorkommen. Schon im November 2021 gab es einen ähnlichen Termin. Damals kamen die Bürgermeister aus dem sächsischen Revier zusammen und kritisierten die Verteilung der Strukturmittel. Sie forderten eine Verteilquote, so das ein fester Prozentsatz des Geldes an die kernbetroffenen Gemeinden geht. Es folgte eine Einladung in die Staatskanzlei. Dort sei er aber vor allem für die Aktion angegangen und kritisiert worden, ärgert sich Waldemar Locke.

 

Die Umsiedlung läuft inzwischen. Noch leben rund 140 der 200 Einwohner in Mühlrose. Bis Ende 2023 müssen sie weg sein. Der Tagebau rückt derweil näher, bringt Staub und Lärm und nimmt damit Lebensqualität. Nachts bei offenem Fenster schlafen gehe nicht, weil es zu laut ist. Und das bei der aktuellen Hitze. Doch alle Hinweise und Forderungen dazu verpuffen. Auch in Sachen Kohlegeld fällt Trebendorf durchs Raster. Förderanträge für die Sanierung der Infrastruktur in Klein Trebendorf und einen Anbau am Feuerwehrgebäude wurden abgelehnt. Für die Feuerwehr will man im Herbst einen neuen Antrag stellen. Aber warum beispielweise für Straßenbahnen in Görlitz und die Lausitzhalle in Hoyersdwerda Geld da ist, für einen Ort, der die Bagger vor der Tür hat aber nicht, versteht man hier nicht. Denn finanziell ist die Gemeinde alles andere als rosig gestellt. Die Rückzahlung von Gewerbesteuern und zusätzlich die »Reichensteuer« haben ein Loch in die Kasse gerissen.

 

Das Gefühl, ernst genommen zu werden, hat man in Trebendorf derzeit nicht. Im März schrieb Waldemar Locke an den Ministerpräsidenten, bat ihn um ein Gespräch vor Ort in Mühlrose, um die Probleme ansprechen zu können. Auf eine Antwort wartet er noch heute. Zur Unterzeichnung des Umsiedlungsvertrags habe der MP viel geredet und viel versprochen. Mehr als Lippenbekenntnisse waren das aus Sicht der Trebendorfer Gemeinderäte nicht. »Die Region stirbt politisch aus«, sagt Locke. Man erwarte von der Landesregierung Gesprächsbereitschaft. Sonst werde man demnächst aller 14 Tage an der Glocke stehen, dann aber zusammen mit den Bürgern.


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