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Entscheiden jetzt die Bürger über die Wasserversorgung?

Weißwasser. Gegen den Beschluss zum Beitritt der Stadt zum Wasserzweckverband regt sich Widerstand. Einige Bürger streben einen Bürgerentscheid an.

Entwurf des Bürgerbegehrens.

Entwurf des Bürgerbegehrens.

Bild: T. Keil

Im Juni entschied der Stadtrat Weißwasser, dass die Glasmacherstadt dem Wasserzweckverband (WZV) "Mittlere Neiße-Schöps" beitritt. Die Stadtwerke waren damit auch das Wassergeschäft im Stadtgebiet los, nachdem vorher schon die Umlandgemeinden entschieden hatten, die Wasserver- und Abwasserentsorgung selbst in die Hand zu nehmen.

 

Doch hier könnte das letzte Wort noch nicht gesprochen sein, denn einige Weißwasseraner wollen einen Bürgerentscheid zum Thema. Der könnte das Votum des Stadtrats überstimmen. Am Montag hat Rico Jung ein Bürgerbegehren bei der Stadt gemäß Sächsischer Gemeindeordnung angezeigt. Damit kann die Unterschriftensammlung beginnen. Zur Erklärung: Die Durchführung eines Bürgerentscheids kann schriftlich von Bürgern beantragt werden. Das nennt man Bürgerbegehren. Mindestens 5 Prozent der Bürger müssen dieses Bürgerbegehren unterzeichnen und damit unterstützen. Das Sammeln der Unterschriften wiederrum muss vorher bei der entsprechenden Gemeinde angezeigt werden. Das genau ist am Montag geschehen.

 

Variantenvergleich gefordert

 

Warum der ehemalige Kämmerer der Stadt und seine Mitstreiter diesen Weg gehen, wird im Entwurf des Bürgerbegehrens deutlich. Darin bemängeln sie, dass hier ein "funktionierendes, effizientes und erfahrenes Unternehmen" vom Wettbewerb ausgeschlossen wird. Es gehen Synergien verloren. Ohne eine öffentliche Ausschreibung gebe es keinen Wettbewerb. Für die Bürger könnten am Ende Mehrkosten stehen. Was Rico Jung wurmt, ist, dass es keinen belastbaren Variantenvergleich gibt, der alle Optionen im Detail erklärt. Es gab zwar viele Präsentationen für die Stadträte. Vieles blieb aber unklar.

 

Ein Beispiel: Beim Kauf des Anlagevermögens (der Zweckverband muss die Anlagen der Stadtwerke übernehmen und damit kaufen) muss ein Kredit aufgenommen werden. Der wiederum bedeutet, das jährliche Zinsen anfallen. Wie die allerdings genau berechnet wurden, ist nicht klar, denn es war ja zum Zeitpunkt der Stadtratsentscheidung nicht einmal klar, wie hoch der Kaufpreis letztlich ausfällt. Ein weiteres Beispiel: Die Personalkosten. Zunächst rechneten die von der Stadt beauftragten Wirtschaftsprüfer mit 25 Mitarbeitern, die von den Stadtwerken übernommen werden müssten. Das Unternehmen wiederrum kritisierte diese Zahl als viel zu niedrig, sprach von mindestens 40 Mitarbeitern. Letztlich wurde die Zahl korrigiert, in den zugeschriebenen Gehaltskosten klaffte aber ein Loch von 500.000 Euro.

 

Die Stadtwerke kritisierten den Beitritt der Stadt zum Wasserzweckverband als rein politische Entscheidung, die nicht auf wirtschaftlichen Betrachtungen beruhe. Und auch im Stadtrat gab es große Uneinigkeit darüber, was nun der beste Weg sei. 10 zu 5 lautete am Ende das Ergebnis pro Beitritt. Die AfD-Fraktion enthielt sich mit der Begründung, das Thema sei zu komplex und man habe nicht genug Informationen, um eine qualifizierte Entscheidung zu treffen. Im Bürgerbegehren wird kritisiert, dass diese wichtige Grundsatzentscheidung "den Bürgerinnen und Bürgern weder vorgestellt noch erörtert" wurde und das keine Einwohnerversammlung dazu stattfand. "Deshalb wollen wir mehr Information erhalten und als Bürger direkt selber darüber entscheiden."

 

Stichtag: 8. September

 

Damit es zum Bürgerentscheid kommt, braucht es jetzt Unterschriften. Die müssen bis 8. September vorliegen. Denn laut Sächsischer Gemeindeordnung beträgt die Frist für ein Bürgerbegehren, das sich gegen einen Beschluss eines Gemeinderats richtet, drei Monate. Danach entscheidet der Gemeinderat, ob das Bürgerbegehren zulässig ist. Konkret will man erreichen, dass per Bürgerentscheid darüber abgestimmt wird, ob der Beschluss zum Beitritt in den Wasserzweckverband wieder aufgehoben wird. Mit der Unterschrift stimmt man also nicht für oder gegen den Stadtratsbeschluss, sondern zunächst nur für einen möglichen Bürgerentscheid.

 

Begonnen hat die Unterschriftensammlung heute (16. August). "Auf einen Facebookpost zu dem Thema haben sich rund 30 Freiwillige gemeldet", sagt Rico Jung. Die wollen jetzt in der Stadt Menschen ansprechen. "Wir wollen gezielt auf die Leute zugehen. So können sie auch Fragen zum Thema stellen und wir können erklären, warum wir das machen", sagt Rico Jung. Wer sich seine Meinung schon gebildet hat, kann aber auch in "Die Tankstelle" (Berliner Str. 73) gehen. Dort liegen Listen aus.


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