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Das Gesundheitszentrum steht an erster Stelle

Boxberg. Am 4. August besuchte Ministerin Barbara Klepsch den Bärwalder See. Wir sprachen im Anschluss mit Boxbergs Bürgermeister Hendryk Balko.

Bürgermeister Hendryk Balko im Gespräch mit Staatsministerin Barbara Klepsch.

Bürgermeister Hendryk Balko im Gespräch mit Staatsministerin Barbara Klepsch.

Bild: T. Keil

WochenKurier: Für Außenstehende wirken solche Besuche wie der der Tourismusministerin eher wie ein rein formeller Akt. Welchen Nutzen bringen sie für die Gemeinde?

Hendryk Balko: Wir freuen uns immer sehr über Besuche wie diese, weil sie ein Zeichen der Wertschätzung und des Interesses für die Region darstellen. Themen und Probleme können direkt angesprochen und vor Ort erklärt werden. So konnte sich die Staatsministerin mit eigenen Augen ein Bild davon machen, was es bspw. heißen würde, die Naturschutzzone auf dem Bärwalder See zu vergrößern und erleben, wie beliebt der Landschaftspark Bärwalder See bei Gästen aus Deutschland, Tschechien und Polen ist.

 

Gab es Themen, die Sie im Gespräch mit der Ministerin gezielt angesprochen haben?

Als Bürgermeister der Gemeinde Boxberg habe ich gemeinsam mit Herrn Krautz (Beauftragter Bärwalder See/Wirtschaftsförderer, Anm. d. Red.) gezielt die Themen angesprochen, welche für die Gemeinde von wesentlichen, touristischen Interesse sind. Dazu zählt die dringend erforderliche Sicherung der Wellenbrecheranlage im Hafen Klitten. Ziel sollte es sein, bis mindestens 2027 unter Verwendung der §4-Mittel (bei §4 handelt es sich umgangssprachlich um das Verwaltungsabkommen zwischen dem Bund und den Ländern zur Braunkohlesanierung, Anm. d. Red.) die wasserrechtlich genehmigten und endabgenommenen Bestands-Schwimmsteganlagen für die Nutzungsdauer bis 2027/2028 dauerhaft so anzupassen, dass sie den Anforderungen des Wind-, Wellen- und Eisgutachtens aus dem Jahre 2017 entsprechen.

 

Weitere besprochene Themenfelder waren die Unterstützung bei der Fertigstellung des §4-Projekts "Schaffung der Voraussetzungen für eine erweiterte Schifffahrt am Bärwalder See", die Unterstützung bei der Umsetzung des Bebauungsplanes "zentrale Gedenkstätte Merzdorf/Schöpsdorf", die Reduzierung der Naturschutzzone "A1" inmitten des Bärwalder See als Problem für Fischer, Angler und Segler und die Abbrüche am östlichen Uferbereich des Bärwalder Sees und daraus resultierende Schäden am Boxberger und Klittener Badestrand und dem Wirtschaftsweg bzw. Radrundweg.

 

Des Weiteren wurde die neue Wassersportart "Foilsurfen" angesprochen. Mit einem Erlass des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr im Mai 2022 wurde die Trendsportart als "gefahrgeneigt" eingestuft und ist seitdem laut Sächsischer Schifffahrtsverordnung auf allen sächsischen Gewässern verboten, auch auf dem größten Binnensee des Freistaates Sachsen. Der Nutzungsdruck bezüglich der dem Kitesurfen sehr ähnlichen Wassersportart ist trotz des Verbots groß. Der Bärwalder See soll der erste See im Freistaat Sachsen werden, auf dem sowohl "Kitesurfen" als auch "Foilsurfen" legal ausgeübt werden dürfen. Aus diesem Grund hat die Gemeinde am 2. August bei den zuständigen Genehmigungsbehörden entsprechenden Anträge gestellt, den Gewässereigentümer informiert und um Unterstützung gebeten. Die Rückmeldungen sind bisher allesamt positiv und wir hoffen auf Genehmigung noch in der Wassersportsaison 2022.

 

Welche Projekte im Bereich Tourismus werden aktuell in der Gemeinde umgesetzt, welche sind in den kommenden Jahren in Planung?

Aktuell werden in der Gemeinde hauptsächlich aufgrund der Initiative von privaten Investoren Projekte im Bereich Tourismus umgesetzt. Die schwimmende Ferienhausanlage im Uferbereich Klitten wird um die nunmehr letzten zwei schwimmenden Häuser komplettiert. Voraussichtlich am 22. Und 23.September wird laut Projektplan die 7. Charge zur Fertigmontage angeliefert und gewassert. Mit insgesamt 26 schwimmenden Häusern ist dann nach Angaben des Investors auf dem Bärwalder Sees die aktuell deutschlandweit größte, schwimmende Ferienhausanlage errichtet und am Markt platziert worden.

 

Im Bebauungsplangebiet "Bärwalder See - Klitten - Jasua" sind aktuell vier "kleine Schweden" und vier "große Schweden" des zukünftigen "Skan-Park Bärwalder See" im Bau bzw. kurz vor der Fertigstellung. Demnächst sollen die "kleinen und großen Schweden" fertig ausgebaut werden. Ein Strandimbiss am Klittener Badestrand mit Toiletten auch für mobilitätseingeschränkte Gäste wurde bereits eröffnet. Davon konnten wir uns am 6. Juli gemeinsam mit dem Mitglied des sächsischen Landtags, dem zukünftigen Landrat Dr. Stephan Meyer und Vertretern der Sparkasse vor Ort überzeugen. Im Zentrum des farbenfrohen Feriendorfes soll ein Funktions- und Begegnungszentrum in Form eines Oktagons entstehen. In direkter Nachbarschaft ist eine gastronomische Einrichtung mit weiteren Ferienwohnungen mit Seeblick in Form einer Arche geplant. Voraussetzung für die erfolgreiche Realisierung der geplanten Investitionen ist laut dem privaten Investor ein hoffentlich schnellstmöglich eintreffender Fördermittelbescheid der Sächsischen Aufbaubank.

 

Nachdem die bisherigen Ausschreibungen bezüglich des §4-Projekts "Errichtung Funktionsgebäude im Hafen Klitten am Bärwalder See" kein Ergebnis gebracht haben, strebt die LMBV als Projektträgerin nunmehr eine gemeinsame, losweise Vergabe der Gebäude "Sanitärcontainer SO9" und "Hafenmeisterbüro" an. Die Bekanntmachung der Ausschreibungsunterlagen als öffentliche Ausschreibung erfolgt ab dem 15. August, frühestmöglicher Leistungsbeginn ist der 2. Januar 2023. Die Bauzeit wird bis Ende 2023 verlängert. Des Weiteren bereiten wir die erneute Ausschreibung für das Hotel am Boxberger Ufer vor.

 

Welche Projekte wollen Sie abseits des Tourismus als neuer Bürgermeister angehen?

Der große Hoffnungsträger im Rahmen des Strukturwandels ist das Forschungsprojekt "InnoCarbEnergy" zur Herstellung von "grünem" Carbon auf dem Gelände des Kraftwerkes Boxberg. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat bereits 2021 die Zustimmung für eines der ersten Landesprojekte des Freistaates im Rahmen des Investitionsgesetzes "Kohleregionen" erteilt. Mit dem Projekt entsteht am LEAG-Standort ein europaweit einzigartiges und weltweit drittes Forschungszentrum für kostengünstige, maßgeschneiderte und "grüne" Carbonfasern.

 

Im Bereich der öffentlichen Fürsorge steht die Errichtung des "Gesundheitszentrums Boxberg" an erster Stelle meiner Prioritätenliste. Ziel ist es schnellstmöglich über die Förderrichtlinie des sächsischen Staatsministeriums für Regionalentwicklung Zuwendungen nach dem Investitionsgesetz Kohleregionen zu erhalten. Das geplante Gesundheitszentrum Boxberg soll perspektivisch in ca. vier bis fünf Jahren entstehen und für die gesamte Gemeinde die medizinische Grundversorgung sichern. Dankenswerterweise werden wir tatkräftig vom Verein Perspektive Boxberg unterstützt. Die Mitglieder haben dazu bereits zahlreiche und konstruktive Abstimmungen mit Interessenten, Planern, der Landkreis- und Gemeindeverwaltung und auch der Entwicklungsgesellschaft Niederschlesische Oberlausitz geführt. Auch das Thema "Mehrzweckhalle Boxberg" bleibt weiter ganz oben in der Prioritätenliste, ebenso wie die Ausrüstung der kommunalen Gebäude mit Photovoltaikanlagen mit dem Ziel der Energiekosteneinsparung.

 

Weiterhin sollen die Vereinsarbeit, das Ehrenamt und Projekte der Daseinsfürsorge zur Grundversorgung auf der Tagesordnung stehen. Im Rahmen des über das Investitionsgesetz Kohleregionen geförderte Projekt "Errichtung innerörtliches Wegeleitsystem Boxberg" werden wir aktuell aktiv durch das Team der Entwicklungsgesellschaft Niederschlesische Oberlausitz (ENO) unterstützt. Als nächster Schritt erfolgt bezüglich der Ist-Aufnahme eine Anfrage beim Landratsamt Görlitz. Die frühzeitige Bürgerbeteiligung im Moderationsprozess beginnt mit einer zentralen Auftaktveranstaltung am 1. November um 16 Uhr im Ratssaal der Gemeindeverwaltung Boxberg. Alle Einwohner sind herzlich willkommen. Gemeinsam möchten wir überlegen, welche Punkte in den einzelnen Ortsteilen für Touristen von Bedeutung sind und so eine Grundlage für das neue Wegeleitsystem entwickeln. Ideen und Vorschläge können bis 24. Oktober auch an schichtwechsel@wirtschaft-goerlitz.de gesendet werden.

 

Im Rahmen eines gemeinsamen §4-Projektes mit der LMBV soll noch in diesem Jahr die Beschaffung der Eisrettungsplattform für die Freiwillige Feuerwehr Boxberg erfolgen. Die Beschaffung und Montage einer Radaranlage für das Mehrzweckboot der Freiwilligen Feuerwehr zu Zwecken der Seenotrettung wird erst im Jahr 2023 erfolgen.

 

Im Rahmen der Planungshoheit der Gemeinde unterstützen wir aktiv die Großprojekte des örtlichen Kraftwerks- und Tagebaubetreiber LEAG im Bereich der nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, z.B. die in Kooperation mit der Veolia demnächst in Betrieb gehende Klärschlammtrocknungsanlage und der geplanten Monoklärschlammverbrennunngsanlage. Der Neubau einer Mitverbrennungsanlage zur thermischen Verwertung von Sekundärbrennstoffen im Kraftwerk soll voraussichtlich ab dem Jahr 2023 dazu beitragen, die Kreislaufwirtschaft umweltverträglicher zu gestalten.

 

Anfang des Jahres fuhr in Boxberg ein Bürgerbus. Wie war die Resonanz bei diesem Projekt? Ist geplant, den Bürgerbus dauerhaft zu etablieren?

Wir sind mit der Resonanz zufrieden und konnten für Bürger in allen 18 Ortsteilen ein attraktives Angebot schaffen. Auch wenn die Busse teils nur mit 2 oder 3 Personen gefahren sind, hat sich gezeigt, dass der Bürgerbus in so kurzer Zeit angenommen wird und das gezielte Angebote von den Bürgern genutzt werden. Im Normalfall braucht es zur Etablierung solcher neuen Linien 3 Jahre, damit die Kunden sie in ihren Alltag integrieren. Eine so lange Finanzierung ist durch den Fördermittelgeber jedoch nicht vorgesehen. Die Gemeindeverwaltung Boxberg und der Verein Perspektive Boxberg wollen die gewonnenen Erkenntnisse nutzen, um weiterhin mit den Partnern des ÖPNV wie dem ZVON oder dem Landkreis Görlitz weitere Angebote schaffen.


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