as

Von Coswig auf den Mars

Vor wenigen Tagen machte die Nachricht die Runde, dass die ersten beiden Weltraumtouristen ihre Mondumrundung schon angezahlt haben. In der Branche spricht man längst von „New Space Economy“, dem kommerziellen Zeitalter in der Raumfahrt. Möglicherweise fliegen schon bald Bauteile aus Sachsen in den Orbit (bzw. Urlaub) mit.
Wirtschaftsminister Martin Dulig (r.) bestaunt den Greifarm für den Roboter der ExoMars-Mission. V.l.: HTS-Geschäftsführer  Wolfgang Göhler, Peter Nothnagel (Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH) und Jakob Kanina (Geschäftsführer Support Q GmbH aus Görlitz) bei HTS in Coswig. Foto: Schramm

Wirtschaftsminister Martin Dulig (r.) bestaunt den Greifarm für den Roboter der ExoMars-Mission. V.l.: HTS-Geschäftsführer Wolfgang Göhler, Peter Nothnagel (Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH) und Jakob Kanina (Geschäftsführer Support Q GmbH aus Görlitz) bei HTS in Coswig. Foto: Schramm

Mehrere Hundert Millionen Kilometer von der Erde entfernt, ging im September letztes Jahr sächsische Spitzentechnologie zu Bruch – absichtlich. Die Landung der ESA-Sonde „Rosetta“ auf dem Kometen „Tschuri“ soll ziemlich ruppig gewesen sein. Die Antennen und der Steuermechanismus der Sonde dürften die letzte Reise mit aller Wahrscheinlichkeit nicht überlebt haben. Entwickelt wurden beide Bauteile von der Coswiger Firma Hochtechnologiesysteme GmbH (HTS), einem kleinen, 30 Mann starken Unternehmen mit Sitz am Rande der Stadt. Extreme Ansprüche ans Material Die HTS-Ingenieure beschäftigt mittlerweile längst ein neues Thema – der Mars. Die Europäische Weltraumagentur ESA will zusammen mit den Russen 2020 auf dem roten Planeten landen. Dort soll dann u.a. ein Roboter Gesteinsproben einsammeln und analysieren. Dessen Greifarm trägt wieder die Handschrift der Coswiger. Der  Prototyp existiert bereits. Die Tests in München laufen.  „Die Ansprüche an Bauteile für die Raumfahrt sind extrem hoch“, sagt HTS-Geschäftsführer Wolfgang Göhler und erklärt das an einem Beispiel. Alles, was ins All geschickt werde, müsse absolut sauber sein, sagt er. „Das geht so weit, dass extra dafür spezielle Tests vor jeder Mission entwickelt werden“, erzählt er weiter. Für eine kleine Firma, wie die HTS, seien die hohen Anforderungen ein echtes Problem. Man müsste unglaublich viel Geld für Investitionen in die Hand nehmen. Eine weiteres Problem seien die langen Vorlaufzeiten für Projekte,  die die Zulieferer zur Vorfinanzierung drängten.  Gehört zum Konzern Seit Juni 2016 gehört das Coswiger Unternehmen deshalb zum Schweizer RUAG Konzern, nach eigenen Angaben Europas größtem Hersteller von Raumfahrtkomponenten. Beide Unternehmen unterhielten zuvor schon über mehrere Jahre eine enge Kooperation. Die RUAG  erhofft sich neben der sächsischen Innovationskraft auch einen besseren Zugang zum deutschen Markt. Immerhin steuert die Bundesrepublik 25 Prozent zum ESA-Budget bei und gilt neben Frankreich als der europäische Motor bei Weltraum-Projekten. „Zudem bietet Dresden mit seinen Forschungseinrichtungen und gut ausgebildeten Fachkräften ein ideales Umfeld“, begründet Axel Roenneke von der RUAG das Engagement. Die Coswiger bekommen für ihren Teil einen starken Partner und Sicherheit in einer Zeit des Umbruchs.  Wandel in der Raumfahrt „Wir erleben derzeit eine Umwälzung in der Raumfahrt. Immer mehr private Unternehmen drängen auf den Markt“, so Roenneke weiter. Anders als bei staatlich-institutionell und mit Steuergeld geregeltem Missionsbetrieb sind nicht nur die Motive privater Anbieter, sondern auch deren Preisvorstellungen andere. Universelle Bauteile für mehrere Programme, Kleinserien, Automatisierung und viele andere kostensenkende Maßnahmen sind in dem Zusammenhang eine Herausforderungen der Gegenwart. Auf der anderen Seite steht nicht nur die Zuverlässigkeit von Satelliten, sondern irgendwann auch die Sicherheit der Passagiere im All. Der Kosten- und Innovationsdruck wird mit der Privatisierung in der Raumfahrt steigen.


Meistgelesen