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Andre Schramm

Immer gegen den Wind

Neben Autofahrern gibt es auch mindestens eine Wettererscheinung, die Radlern viel zu oft den Spaß im Elbtal verdirbt: Wind. Der kommt in aller Regelmäßigkeit lieber von vorn als von hinten. Typisch!

 Früh morgens mit dem Rad auf Arbeit, nachmittags in die gegengesetzte Richtung wieder heim. Neben der Uhrzeit hat sich noch eine weitere Sache geändert, die Windrichtung. Man wird in unseren Breiten einfach das Gefühl nicht los, ständig gegen den Wind antreten zu müssen. Eines vorweg: Das Elbtal zwischen tschechischer Grenze bis kurz vor Riesa ist windtechnisch ein ganz spezieller Fall.  

Windige Angelegenheit

Es ist der zweite Mittwoch im August. Die numerische Wettervorhersage des Deutschen Wetterdienstes hat für 17 Uhr ein Windmodell nahezu in Stadtteilauflösung ausgespuckt. Wer zum Feierabend an der Niederwarthaer Brücke auf´s Rad Richtung Pirna steigt, den erwartet – Überraschung –  erst einmal Gegenwind. Nichts Weltbewegendes, fünf Knoten (gut 9 km/h). In Cotta zieht´s zu diesem Zeitpunkt von der Seite aus Richtung Radebeul über die Elbe. Dresden Altstadt meldet wieder Gegenwind.  Übers Käthe Kollwitz Ufer zum Blauen Wunder bläst es, wie so oft,  wieder einmal von vorn. Rückenwind gibt es in dieser Richtung heute nicht mehr, höchstens hinter Rathen. Dort hat die Elbe aber auch einen harten Knick nach Südwesten.
Natürlich  hat diese Fantasiefahrt einen Haken. Sie ist eine Momentaufnahme, die Fahrzeit nicht einkalkuliert. Insgesamt, so erklärt Gerold Weber vom Deutschen Wetterdienst, werden die Windverhältnisse im Elbtal zwischen der deutsch-tschechischen Grenze bis etwas südlich von Riesa durch vier  wesentliche lokale Effekte beeinflusst.

Talrichtung

„Das Elbtal hat ja keine einheitliche Richtung“, sagt der Experte. So variiere die Talrichtung zwischen Nordost und Südwest, also im schlimmsten Fall um 180 Grad. „So hat man auf einer längeren Strecke bei bestimmten Windverhältnissen fast zwangsläufig Streckenabschnitte mit Rücken-, Seiten oder Gegenwind“, erklärt Weber.

Zirkulation

Einen wesentlichen Einfluss hat zudem die Berg-Tal-Wind-Zirkulation, die sich bei bestimmten Wetterlagen im Elbtal ausbilden kann. „Aus physikalischen Gründen unterscheidet sich dabei die Zirkulationsrichtung deutlich zwischen den frühen Morgen- und den späten Nachmittagsstunden“, erklärt Weber weiter. Heißt im Klartext: Im Tagesverlauf können in der Talsohle an gleicher Stelle sehr unterschiedliche Windrichtungen und -geschwindgkeiten herrschen.

Wind-Import?

Zu allem Überfluss gibt es dann noch den sogenannten „Böhmischen Wind“, der sich unter bestimmten Wetterbedingungen in relativ kurzer Zeit im Elbtal einstellen kann.  „Der Böhmische Wind folgt in seiner Richtung meist der Elbtalrichtung stromabwärts  wie in einem Kanal, so dass sich Windrichtung und –geschwindigkeit sehr stark von den Verhältnissen vorher unterscheiden können.“ Mitunter reicht dessen Einflussbereich sogar bis hinter Meißen auf die Höhe von Diesbar-Seußlitz.

Seitentäler

Gesäumt ist das Elbland bekanntermaßen auch von zahlreichen Seitentälern. Selbst sie haben lokal begrenzt Einfluss auf Windrichtung und -geschwindigkeit unten an der Elbe.  

Rückenwind-Tour?

Die These vom ständig wechselnden Wind kann Weber für das Elbtal nur unterzeichnen.  Das macht eine „Rückenwindtour“, vor allem über längere Distanzen, wenig planbar. Ordentlicher Gegenwind kann Radlern mitunter 10 km/h kosten.
                   


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