

Vor 35 Jahren wurde der „Sonnenstrahl e. V. Dresden – Förderkreis für krebskranke Kinder und Jugendliche“ von engagierten Ärzten, Krankenschwestern und Eltern gegründet. Seitdem unterstützt der Verein betroffene Familien mit einer Vielzahl an Angeboten in der Akutphase und in der Nachsorge. Dazu zählen Selbsthilfegruppen, Projekte speziell für Geschwisterkinder, erlebnispädagogische Aktivcamps und therapeutische Angebote wie Musik-, Kunst-, Sport- und Reittherapie. Das erste große Projekt war die Anmietung einer Wohnung für Eltern krebskranker Kinder nahe der Uniklinik, damit sie während der oft monatelangen Therapie bei ihnen sein können. Heute gibt es für Übernachtungen elf Familienzimmer in der Villa Sonnenstrahl.
„Der Verein unterstützte und förderte anfangs die Selbsthilfegruppen der Eltern“, erklärt der Vereinsvorsitzende Andreas Führlich. „Aber sehr schnell wurde klar, wie wichtig auch eine psychosoziale Begleitung und die Nachsorge sind. Gerade die Nachsorge wird nicht ausreichend durch das Gesundheitssystem abgedeckt. Bei unseren Projekten haben wir die ganze Familie im Blick, denn auch Eltern und Geschwister durchleben eine schwere Zeit. Wir geben ihnen Rückhalt, damit sie ihr Kind mit allen Kräften begleiten können.“
Das Haus Sonnenstrahl soll Ende des Jahres fertiggestellt sein
Derzeit realisiert der Verein das größte Bauprojekt seiner Geschichte: Auf dem Gelände des Universitätsklinikums Dresden wird das „Haus Sonnenstrahl“ gebaut. Hier entstehen neue Räume für die Musik-, Kunst- und Sporttherapie. Auch die Beratungsstelle des Vereins wird in das neue Haus umziehen. Zwei der fünf Etagen werden an das Universitätsklinikum Dresden vermietet für Projekte, die sich ebenfalls um Kinder in schweren Lebenssituationen kümmern: das Sächsische KinderPalliativZentrum sowie das neue Kinderschutzhaus. Grundsteinlegung war im Mai 2024. Jetzt ist der Rohbau abgeschlossen.
Momentan wird das Haus von außen gedämmt, die Innenwände werden verputzt, Kabel und Leitungen verlegt. Vor wenigen Tagen wurden die ersten sieben Bäume gepflanzt. Als nächstes werden die Trockenbauer erwartet. Das Haus wird zum Jahresende fertiggestellt.
Finanzierung des Neubaus durch Spenden, Zuwendungen, Rücklagen und Erbschaften
Die veranschlagte Bausumme liegt bei rund sieben Millionen Euro. Für den Bau der beiden Etagen, die das Universitätsklinikum mieten wird, hat der Verein einen Kredit aufgenommen. Die Finanzierung der eigenen Räume erfolgt u.a. durch Zuwendungen aus Stiftungen, aus dem Erbe von einer Million Euro von Olaf Böhme, aus über Jahre aufgebauten, zweckgebundenen Rücklagen sowie vielfältigen Spendenaktionen, über die am Ende etwa eine Million Euro eingeworben werden sollen. Dazu zählen Baupatenschaften von Unternehmen, Stiftungen und Privatpersonen.
Die Firma Argo Residential unterstützt den Neubau als Baupate mit 20.000 Euro
Auch die Firma Argo Residential hat eine Baupatenschaft übernommen und spendet 20.000 Euro. Der Wohnraumanbieter betreut rund 4.500 Wohnungen in Leipzig, Dresden und Magdeburg und hat seine Belegschaft an den drei Standorten befragt, welche Einrichtung das Unternehmen mit einer Spende unterstützen sollte. In Dresden hat das Team den Sonnenstrahl e.V. vorgeschlagen, darüber abgestimmt und ihn am Ende ausgewählt. Inzwischen unterstützen 17 Baupaten mit insgesamt über 230.000 Euro den Neubau.
Vor 35 Jahren haben nur drei von vier Kindern überlebt. Heute sind es 88 Prozent.
Die Entwicklung des Vereins ist eng mit dem medizinischen Fortschritt verbunden. Momentan werden am Uniklinikum Dresden jährlich ca. 100 Neuerkrankungen behandelt.Während 1990 noch jedes vierte Kind mit Krebs verstarb, liegt die durchschnittliche Heilungsrate heute - gemittelt über alle Krebsarten bei Kindern und Jugendlichen – bei etwa 88 Prozent. Damit wächst auch der Bedarf an unterstützender Nachsorge.
Mehrbedarf an Übernachtungskapazität und Therapieangeboten
Die gestiegene Nachfrage nach Übernachtungsmöglichkeiten in der Villa Sonnenstrahl hängt auch mit dem großen Einzugsgebiet des Uniklinikums Dresden und der modernen, ambulanten Protonentherapie zusammen. Damit werden zunehmend Kinder aus anderen ostdeutschen kinderonkologischen Zentren in Dresden behandelt. Häufig wohnen sie während der rund zweiwöchigen Therapie mit Mutter oder Vater in einem Familienzimmer des Vereins. Während 2018 insgesamt 36 Kinder mit der Protonentherapie behandelt wurden, waren es 2024 bereits 53, darunter 36 aus kinderonkologischen Zentren außerhalb des UKD. Die Angebote von Musik-, Sport- und Kunsttherapie sollen auch diesen Kindern zugutekommen. Die Kapazität der Therapieräume in der Villa Sonnenstrahl stößt daher seit Jahren an Grenzen. Das gab den Ausschlag, das neue Haus für Therapieangebote zu planen.
Langzeitnachsorge: Angebote über die Kindheit hinaus
Ein wichtiger Bestandteil der Vereinsarbeit ist die Langzeitnachsorge. Spätfolgen einer Krebserkrankung im Kindesalter zeigen sich oft erst Jahre später. Daher richtet sich das Angebot des Vereins an alle, die vor Ende des 18. Lebensjahres erkrankt sind – unabhängig vom aktuellen Alter. „Es gibt Patienten, die erst Jahrzehnte nach ihrer Erkrankung Kontakt zu uns aufnehmen“, erklärt Andreas Führlich. „… zum Beispiel, wenn sie selbst Eltern werden und psychologische Beratung brauchen.“ Bereits 2020 wurde gemeinsam mit dem Universitätsklinikum eine Transitionssprechstunde für junge Erwachsene eingeführt, die den Übergang von der Kinder- zur Erwachsenenmedizin begleitet.
„Die Kinder, die in den 90er Jahren an Krebs erkrankt waren, sind heute erwachsen“, betont Andreas Führlich. „Das Transitionsteam arbeitet interdisziplinär und dient einer behutsamen Langzeitnachsorge. Auch dafür entstehen im Neubau geeignete Räumlichkeiten.“ Derzeit betreut der Verein etwa 300 Familien.
Perspektive: Neue Familienappartements in der Villa Sonnenstrahl geplant
Nach dem Umzug der Therapie- und Beratungsangebote in den Neubau sollen die bisherigen Räume im Haus auf der Goetheallee mittelfristig zu Familienappartements mit eigener Küche umgebaut werden. Damit reagiert der Verein auf die veränderten Bedürfnisse der Familien. Nicht jeder möchte die Gemeinschaftsküche nutzen, sondern wünscht sich in dieser schweren Zeit einen privaten Rückzugsort.
Finanzierung der Angebote fast ausschließlich aus Spenden
Der Sonnenstrahl e.V. hat aktuell 828 Mitglieder. Um alle Projekte finanzieren zu können, benötigt der Verein jedes Jahr mehr als eine Million Euro, die er vor allem als Spenden einwirbt. Lediglich die Personalkosten der ambulanten Krebsberatungsstelle werden momentan zu 80 % durch die GKV (Gesetzliche Krankenversicherung) getragen. Staatliche Förderung erhält der Verein nicht.