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Bildungssystem vor dem Kollaps?

Brandenburg. Lehrermangel, Unterrichtsausfall, stockende Digitalisierung und überhandnehmende Bürokratie. Hat die Bildungspolitik versagt? In den kommenden Wochen wird sich der WochenKurier näher mit dem Thema »Bildung und Schule« befassen.
Die Missstände im deutschen Bildungssystem belasten Schüler und Lehrer gleichermaßen.

Die Missstände im deutschen Bildungssystem belasten Schüler und Lehrer gleichermaßen.

Bild: Freepik

Das Recht auf Bildung ist ein hohes Gut. Denn Bildung ist für die Entwicklung und für die persönliche Entfaltung ausschlaggebend. Dieses Recht ist aber nicht nur jetzt im Krisenzustand. Bildungsexperten prognostizieren schon länger, dass unser Bildungssystem vor einem Zusammenbruch stehe. Dies offenbaren unter anderem die Ergebnisse der PISA-Studien oder des IQB-Bildungstrends. Letzterer zeigt zudem einen drastischen Abfall der Leistungen und Fähigkeiten von Viertklässlern. Brandenburger Schulkinder sind dabei ein Schlusslicht im bundesweiten Vergleich.

 

Einer Baustelle folgt die nächste

 

Nicht nur die Lehrmethoden sind veraltet. Durch überlastete oder fehlende Pädagogen fallen auch immer mehr Unterrichtsfächer aus. Aktuell werden zwar Studienplätze ausgebaut. So werden beispielsweise in Brandenburg nun auch Lehrer am Standort Senftenberg ausgebildet, aber Lücken füllen Quereinsteiger und aus dem Ruhestand zurückgeholte Lehrkräfte. Auch sind Lehrer oft mit zu vielen Klassen und Schülern konfrontiert, was zu einem Mangel an individueller Betreuung führt und den Unterricht beeinträchtigt. Viele Schulen haben nicht einmal genügend Ressourcen zur Verfügung, um den Bedarf an Lehrmaterialien, technischen Geräten und Schulinfrastruktur zu decken.

 

Die Politik hat es dabei versäumt, frühzeitig auf die sich schon länger anbahnenden Probleme einzuwirken. Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), die nach ihren Angaben zufolge u.a. für ihre Pläne gegen den Lehrermangel keinen Rückhalt in ihrer eigenen Fraktion erhielt, ist zurückgetreten. »In den vergangenen Monaten redete sie endlich Klartext und suchte wiederholt das Gespräch und den Austausch mit den Eltern. Ihr Rücktritt darf daher keinen Rückschritt zur Lösung der vorhandenen Probleme bedeuten«, betont der Landeselternrat Schule Brandenburg.

 

Ein weiteres Problem betrifft die enorme Bürokratie, welche den Lehrern in immer größerer Menge aufgebürdet wird. So wird jeglicher Fortschritt ausgebremst. Aus dem Sächsischen Kultusministerium heißt es: »man möchte dafür Sorge tragen, dass sich die Lehrerinnen und Lehrer wieder auf ihr Kerngeschäft, den Unterricht konzentrieren können«.

 

Auch bei der Integration und Inklusion stehen die Schulen vor großen Herausforderungen, bei denen sie auf mehr Unterstützung angewiesen sind. Lehrkräfte sind derzeit zusätzlich durch mehr als 200.000 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine gefordert.

 

Die Corona-Pandemie hat zudem aufgezeigt, dass Deutschland beim Thema »Digitalisierung der Schulen« weit hinterherhinkt. Denn die Digitalisierung der Schulen wurde seit Jahren verschleppt. Hinzukommt, dass nur wenige Lehrer zeitgemäß ausbzw. weitergebildet sind und nur eine kleine Anzahl an IT-Betreuern in den Schulen vor Ort sind.

 

Deutschland hat 16 Bildungssysteme. Der Förderalismus ermöglicht zwar den Ländern, ihre Bildungspolitik nach eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen zu gestalten und auf regionale Gegebenheiten und Bedürfnisse einzugehen. Andererseits führt das jedoch auch zu erheblichen Nachteilen. Denn die einzelnen Bundesländer sind für Bildung und Schulen selbst zuständig, was ein gemeinsames Vorgehen erschwert. »Bildung muss Chefsache werden und die Bildungspolitik darf keine Baustelle der aktuellen Landesregierung bleiben. Es darf keine verlorene Schüler-Generation geben«, das fordert der Landeselternrat Schule Brandenburg.

Ihre Meinung zählt

 

Wenn Sie als Elternsprecher oder Lehrer Schwierigkeiten haben, vor Herausforderungen stehen, Kritikpunkte oder Hinweise äußern möchten, dann bitten wir Sie, uns Ihre Erfahrungen mitzuteilen. Gern können Sie uns eine E-Mail an aktion@wochenkurier.info (Betreff »Bildung«) senden.


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