Bunte Schriften sind immer häufiger auf den Straßen und Plätzen in Cottbus zu sehen. Doch es sind keine lustigen Kinderzeichnungen, sondern anklagende Texte. Und sie sollen auf ein wichtiges Thema aufmerksam machen.
Es sind Sprüche wie »Ey, geiler Arsch« oder »Titten raus, es ist Sommer«, die auf öffentlichen Plätzen in Cottbus zu sehen sind. Geschrieben mit bunter Kreide und dem Hashtag #stopptbelästigung. Und genau darauf sollen sie aufmerksam machen.
Catcalling
Die Aktion nennt sich Catcalling (deutsch: Katzen-Rufen). Gemeint sind damit das Hinterherrufen, Pfeifen und andere Formen von verbaler sexueller Belästigung im Alltag. Mit bunter Kreide werden diese Situationen, die meist junge Frauen betreffen, auf Straßen und öffentliche Plätze geschrieben. »Angekreidet« sozusagen. Die Aktion ist inzwischen weltweit bekannt. Ob in Dresden, Berlin oder New York – überall finden sich Sprüche und Situationen wieder, denen Frauen ausgesetzt sind und in denen sie sich belästigt fühlten.
In Cottbus wird angekreidet
Zwei junge Frauen haben sich dem Thema jetzt auch in Cottbus angenommen: »Wir haben ein Video über die Aktion gesehen und waren begeistert. Da haben wir beschlossen, es lokal auch bei uns zu machen«, erklärt Jacki den Ursprung der Cottbuser Catcalling-Aktion.
Auch für ihre Mitstreiterin Jessi ist die Aktion zum Herzensprojekt geworden: »Wir wollen damit auf solche Situationen aufmerksam machen und vor allem Mädchen und Frauen eine Stimme geben und ihnen zeigen, dass sie nicht allein sind.« So entstand nach einer kurzen Planungsphase die Instagram-Seite
@catcallsofcottbus.
Dort werden die Bilder der mit Kreide geschriebenen Belästigungen veröffentlicht. Die Situationen, die geschildert werden, stammen alle von Cottbuserinnen. »Wir haben viel Resonanz bekommen. Mehr als wir gedacht hätten. Auch wenn wir für den Anfang unsere eigenen Erlebnisse und die von Freunden gehabt hätten, kamen wir noch gar nicht dazu, sie anzukreiden, weil uns so viele Zuschriften erreicht haben«, so Jacki. Auch die Art der Zuschriften hat die Macherinnen überrascht: »Es ist schon manchmal erschreckend, was wir für Nachrichten erhalten.«
Auf die Straße gebracht werden die Catcalls meist abends oder nachts. »Da ist am wenigstens los auf den Straßen und wir können in Ruhe unsere Catcalls schreiben. Wir schreiben meist an den Plätzen, an denen die Belästigung auch passiert ist. Wenn es keine spezielle Stelle gibt, dann suchen wir uns allgemeine Plätze«, berichtet Jessi. Dabei kreiden die Zwei meist mehrere Nachrichten an einem Abend. »Wir brauchen pro Catcall ungefähr 20 Minuten. Danach machen wir Fotos und müssen meistens am nächsten Tag noch einmal an den Ort zurück, um ein Foto im Hellen zu machen.«
Die Aktion kommt gut an, nicht nur im Netz. »Wir bekommen viele positive Kommentare in den Sozialen Medien. Aber auch beim Schreiben der Catcalls selber gibt es viel positives Feedback. Meist sind es Männer, die auf uns zukommen und fragen, was und warum wir das machen«, erzählen die Macherinnen. »Das hat uns ehrlich gesagt ein wenig überrascht. Den meisten war gar nicht bewusst, dass es so ein Problem überhaupt gibt.«
Umso wichtiger ist es den beiden Erzieherinnen in Ausbildung, auf das Thema aufmerksam zu machen und zu zeigen, dass es nicht okay ist, wenn Frauen sich im Alltag überlegen müssen, wo sie langlaufen oder was sie anhaben, um solchen Sprüchen und Kommentaren zu entkommen. Wichtig ist den Mädels auch, dass ihre Seite für alle da ist, die sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum erlebt haben: »Es ist egal ob Mann oder Frau. Alle können uns ihre Erfahrungen schildern.«