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André Schramm

Pirna: Das Unding mitten in der Altstadt

Pirna hält sich ein Türchen offen, um den verfüllten Brunnen in der Altstadt wieder zu öffnen. Die Entscheidung zugunsten des historischen Gemäuers war ziemlich knapp.

  Bei Bauarbeiten auf der Dohnaischen Straße wurde 2016 zufällig ein alter Brunnen entdeckt, wie sich herausstellte aus dem 13. Jahrhundert. Noch bevor die Nachricht über den Sensationsfund vollends die Runde machte, war er schon wieder verfüllt. Auch Archäologen legten keinerlei Veto ein. Das Vorgehen sorgte bei Bürgern, Händlern und in den Medien für harsche Kritik. Geht man so mit gut erhaltenen Hinterlassenschaften unserer Vorfahren um? Nun, zwei Jahre und eine Spendensammlung später, gilt es in der Stadtratssitzung grundsätzlich zu klären, welches Ende die Pirnaer Brunnengeschichte nehmen soll. Die Vorlage der Verwaltung empfiehlt, das Bodendenkmal nicht freizulegen – aus Kostengründen. Auch der vorberatende Ausschuss (Stadtentwicklungsausschuss) stimmte dem mehrheitlich zu.

Zahlen der Stadt

Bereits Tage vorher macht die »vorläufige Kostenannahme für die Freilegung des historischen Brunnens« in sozialen Kanälen die Runde. Erstellt hat sie die Stadtverwaltung. In Summe weißt die Kalkulation knapp 94.000 Euro für das Herrichten der Sehenswürdigkeit aus. Obendrauf kommen rund 4.500 Euro pro Jahr für die Instandhaltung.  »Die Zahlen basieren auf den Erfahrungswerten der letzten Ausschreibungen«, sagt Kerstin Westermann, Fachgruppenleiterin Tiefbau. Lediglich bei den Posten »Beleuchtung« und »Belüftung« (jeweils mit 5.000 Euro veranschlagt) habe man sich fachlichen Rat einholen müssen. Dass die Glas- und Edelstahlabdeckung (ursprünglich 10.000 Euro) wohl eher bei 5.000 Euro liegt, räumt sie ein. Belastbare Zahlen, so sagt sie, könne nur eine Fachplanung liefern.

 »Mit Absicht unbezahlbar gerechnet«

Ronny Kürschner, Chef des Vereins »Pirna in Aktion« und Initiator der Spendensammlung (10.800 Euro), spricht an diesem Abend von einer »Bauverhinderungskostenschätzung«. Für ihn liegen die städtischen Zahlen um ein Vielfaches höher als die marktüblichen Preise. Absicht? »Wie naiv muss man sein, um zu glauben, dass eine Brunnenbeleuchtung 5.000 Euro kostet«, fragt er. LED-Strahler mit 10.000 Lumen (ca. 725 Watt) würden seiner Ansicht nach völlig reichen und seien schon für 500 Euro zu haben. Er arbeitet sich noch eine ganze Weile an den einzelnen Posten der städtischen Kalkulation ab, nicht immer korrekt im Ton. Am Ende stehen 38.000 Euro auf seinem Zettel. »Allein 30.000 Euro davon gehen drauf, weil der Brunnen voreilig verfüllt wurde«, schimpft er.   Arbeitsgruppe soll´s richten Stadtrat Ulrich Kimmel (SPD) findet, dass man dem Thema noch ein bisschen Zeit geben sollte. »Nicht wenige Bürger hängen mit ihrem Herz an dem Brunnen«, sagt er. Frank Ludwig von der CDU sieht das ähnlich. »Das ist einfach zu wichtig, um jetzt darüber hinweg zu gehen«, sagt der Fraktions-Chef. Also zurück in den Ausschuss? Und dann? Dass sich plötzlich alle um eine Entscheidung winden, kann Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke nicht verstehen. Er braucht einen Alternativvorschlag. Der vielversprechendste kommt an diesem anstrengenden Abend von Stadtrat Thomas Mache („Wir für Pirna – Freie Wähler“): die Gründung einer Arbeitsgruppe.  Das Gremium solle mit je einem Vertreter aus den Fraktionen sowie Mitarbeitern der Stadtverwaltung und den »Brunnenrettern« besetzt werden. Ziel: Ein Ergebnis zur Brunnenfreilegung dem Stadtrat im September vorzulegen. Vielleicht wird dann sogar eine Variante ohne Steuergeld präsentiert, wie Bürgermeister Eckhard Lang vorschlug.  »Dazu braucht es wirklich eine belastbare Zahl.  Jene, die bereits gespendet haben, sind schon jetzt total enttäuscht, dass es nicht vorwärts geht«, sagte Tim Lochner. 11 Räte stimmen schließlich Maches Antrag zu, 9 dagegen.


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