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Siemens bestätigt Schließungspläne für Görlitzer Werk

Worüber lange spekuliert wurde, ist jetzt Gewissheit. Siemens fährt in der Kraftwerkssparte einen radikalen Sparkurs und will auch das Görlitzer Werk schließen.
Die Schließungspläne waren lange nicht offiziell bestätigt, Widerstand gab es dennoch bereits: Bei einer Demo kamen am 9. November über 2000 Menschen vor dem Siemens-Werk in Görlitz zusammen.  Foto: Keil

Die Schließungspläne waren lange nicht offiziell bestätigt, Widerstand gab es dennoch bereits: Bei einer Demo kamen am 9. November über 2000 Menschen vor dem Siemens-Werk in Görlitz zusammen. Foto: Keil

Wie das Unternehmen heute bekanntgab, sollen insgesamt 6900 Stellen gestrichen werden, die Hälfte davon in Deutschland. Die Turbinenwerke in Görlitz und Leipzig fallen dem Rotstift komplett zum Opfer. Was der Konzern als Steigerung der Kompetenz durch Bündelung von Ressourcen und als Erhöhung der Effizienz verkauft, sorgt nicht nur bei den Angestellten sondern bei allen Menschen in der Region für Unverständnis, gerade angesichts des vor wenigen Tagen verkündeten Rekordgewinns in Milliardenhöhe. Die Reaktionen sind dem entsprechend: Olivier Höbel, IG Metall Bezirksleiter Berlin-Brandenburg-Sachsen: „Wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen. Joe Kaeser hat erst letzte Woche Rekordgewinne verkündet. Die seit zehn Jahren geltende Vereinbarung zur Standort- und Beschäftigungssicherung, die Kündigungen und Standortschließungen ausschließt, wird von Siemens mit Füßen getreten. Herr Kaeser, jetzt können Sie als Teil der Elite, die Verantwortung übernehmen, von der Sie gesprochen haben.“ Der geplante Kahlschlag treffe viele Standorte und Arbeitsplätze im Osten. Das sei fatal für die Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit und die weitere Entwicklung der Zivilgesellschaft, kritisierte Höbel. „Wir fordern Herrn Kaeser auf, die Pläne für Schließungen und Stellenabbau zurückzunehmen. Wir werden gemeinsam mit den Beschäftigten und Betriebsräten mit allen Mitteln gegen den Kahlschlag kämpfen.“ Gerd Lippold, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag: „Ich bin empört über diese Entscheidung, die bei Umsetzung zur kompletten Standortschließung führen würde und erkläre die Solidarität der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit den betroffenen Menschen. Auch wenn ein deutscher Technologiekonzern wie die Siemens AG überall in der Welt operiert, so enthebt ihn das nicht seiner besonderen Verantwortung für daheim, wo er seit über 150 Jahren die Industriegeschichte mit geprägt hat." Zu den aktuellen Ankündigungen des Siemens-Vorstandes, wonach das Görlitzer Werk im Jahr 2023 voraussichtlich geschlossen bzw. nach Mühlheim verlagert werden soll, sagt der Landtagsabgeordnete Octavian Ursu: „Die Schließung des traditionsreichen Turbinenwerkes ist für Görlitz und die Lausitz absolut inakzeptabel. Die Auftragsbücher sind voll, die Mitarbeiter sind hoch motiviert und die Innovationskraft des Standortes wird weltweit geschätzt. Den Siemens-Vorstand fordere ich zu Verhandlungen und sofortigen Gesprächen über neue Konzepte für den Standort Görlitz auf. Ich werde zusammen mit vielen anderen Mitstreitern aus Politik und Gesellschaft weiterhin mit aller Kraft für den Erhalt des Werkes kämpfen.“ Anlässlich der heute in München bekanntgegeben Schließungspläne für das Görlitzer Siemens-Werk erklären der Görlitzer Bundestagsabgeordnete Thomas Jurk (SPD) und der Görlitzer SPD-Kreisvorsitzende Thomas Baum, MdL: „Unsere schlimmsten Befürchtungen sollen nach dem Willen der Siemens-Chefetage wahr werden und die Werkstore in Görlitz in wenigen Jahren für immer geschlossen bleiben. Dazu darf es nicht kommen! Jetzt gilt es unseren Zorn, unsere Wut und unsere Enttäuschung zu kanalisieren und mit hoher Energie in einen kraftvollen Arbeitskampf einzutreten. Wir stehen uneingeschränkt an der Seite der Beschäftigten und ihrer Familien und werden gemeinsam mit den Gewerkschaften und dem Betriebsrat alle Hebel in Bewegung setzen, um das drohende Unheil abzuwenden. Von der künftigen Bundesregierung und vor allem von der Bundeskanzlerin erwarten wir an Stelle täglich neuer Ausstiegsszenarien aus der Braunkohle eine klare Haltung und vor allem eine verlässliche Energie-und Wirtschaftspolitik.“ Landrat Bernd Lange mahnt von der Siemens-Zentrale ausdrücklich die Einhaltung des Grundsatzes der Wirtschaftspolitik ein, nämlich die soziale Marktwirtschaft: „Die Region hat es einfach nicht verdient, die überwiegende Last des Siemens-Stellenabbaus zu tragen.“ An die Politiker in Berlin gerichtet: „Ich appelliere an Sie, durch Ihre Entscheidungen zur Energiepolitik, dass für Europa so wichtige Dreiländereck in seiner Struktur nicht zu schwächen, sondern zu stärken“. Der Görlitzer Der Görlitzer Oberbürgermeister Siegfried Deinege fügt hinzu: „Die Entscheidung ist auch eine Katastrophe für unseren Mittelstand, für die Zulieferer, für den Handel und viele weitere Bereiche des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens für uns hier vor Ort. Unsere Stadt wird bei diesem geplanten Ausverkauf, der vor allem unsere jungen Familien betrifft, nicht kampflos zuschauen“.


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