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Integration fängt bei der Sprache an

Wie empfangen wir die Hunderten Flüchtlinge im Landkreis? Ein Pilotprojekt ist in Freital gestartet!

Es wird kein Aufatmen geben. Noch vor Wochen war von 1.400 Flüchtlingen im Landkreis die Rede. Jetzt geht die Prognose von 2.500 aus – nach oben offen. Zu allererst müssen diese oft traumatisierten Menschen ein Dach über den Kopf bekommen. Erfolgreich setzt der Landkreis hier bisher auf eine Unterbringung in Wohnungen. „Genau so wichtig ist, dass wir diese Menschen nicht alleine lassen. Sie kommen aus fremden Kulturen, können unsere Sprache nicht und haben somit eine hohe Hürde zu nehmen, um mit uns ins Gespräch zu kommen“, bringt es der Sebnitzer OB Mike Ruckh auf den Punkt. Sebnitz hat dafür über das Demografieprojekt eine Sachbearbeiterstelle eingerichtet, wo Hilfsangebote und Freiwilligeninitiativen koordiniert und gebündelt werden. 15 solcher Willkommensbündnisse von Bad Gottleuba, Dipps über Pirna bis Tharandt und Wilsdruff gibt es schon.  „Die Namen spielen dabei keine Rolle. Ob sie sich Netzwerk, Beirat oder Arbeitskreis nennen, wichtig ist, sie haben ein Ziel: helfen“, unterstreicht Dr. Petra Schickert von der AG Asyl im Landkreis. Einige haben sogar eine eigene Homepage eingerichtet. Vor allem bei Alltagsproblemen  füllen diese Ehrenamtlichen bestehende Lücken aus – sei es der gemeinsame Gang zur Apotheke, ein Grillabend oder kulturelle Angebote z. B. für Kinder, wie auf dem Pirnaer Sonnenstein, wo die  „Ökumenische Arbeitsgruppe Flüchtlingshilfe Pirna“ monatlich ein Begegnungscafé anbietet und Kinder von Flüchtlingen das Flötespielen erlernen können. „Wir werden im Herbst wieder zwei Schulungen für ehrenamtliche UnterstützerInnen in Tharandt und in der Region Königstein/Gohrisch anbieten. Die letzten zwei im Sommer fanden großen Zuspruch und vor allem zeigen sie Wirkung“, sagt Petra Schickert.  So gründete sich in Altenberg die Initiative Asyl, die schon  die Ankunft der Flüchtlinge in Zinnwald vorbereitet. Karten des Ortsteils in verschiedenen Sprachen werden erstellt, ein Begegnungscafé eingerichtet und Deutschkurse vorbereitet. Denn über eines dürften sich alle einig sein: Erfolgreiche Integration fängt bei der Sprache an. Bislang werden Deutschkurse meist von Ehrenamtlern organisiert. In neun Kommunen des Landkreises  werden derzeit 24 Deutschkurse ehrenamtlich angeboten. Seitens des Freistaates und des Landkreises fehlen dafür noch die Voraussetzungen, zumal es auch formelle Hürden gibt. „Wer älter als 27 ist und kein Deutsch kann, für den gibt es  keine Fördermöglichkeit. Damit ist auch eine Integration in den Arbeitsmarkt fast illusorisch“, erklärt Stephan Härtel, Migrationsbeauftragter des Landkreises. Nun gibt es aber erstmals mit   „Deutsch ++“ in Freital ein Pilotprojekt, das das Erlernen der deutschen Sprache und gemeinnützige Tätigkeiten vereint. WochenKurier besuchte den Deutschunterricht: Lehrerin Eleonora Rosen hat hochmotivierte 29 Asylbewerber vor sich im Klassenraum, die meisten stammen aus Syrien und haben große Chancen auf Bleiberecht. Träger des Projekts ist der Förderkreis Biotec. Dessen Vorstandsvorsitzender Enrico Schwarz sagt: „Der Kurs ist eigentlich ausgelegt für 15 Leute, aber ich bringe es nicht über mich, die Interessenten wegzuschicken. Jetzt suchen wir gerade Kindergartenplätze für einige Kinder, deren Eltern an den Kursen teilnehmen.“ Die zweite Seite des Projekts ist gemeinnützige Arbeit. Dafür werden jetzt Einsatzmöglichkeiten gesucht. „Das wird am Anfang viel auf Zuruf geschehen“, so Schwarz. Nach den drei Monaten Projektzeit sollen die Asylbewerber so fit sein, dass sie sich mit Bewerbungsunterlagen auf dem Arbeitsmarkt bewerben können. Froh ist Schwarz über den Schulterschluss zwischen Landratsamt, Stadt Freital und dem Träger, der die Maßnahme durchführt. Nur so kann Integration funktionieren, ist seine Überzeugung. „Wir wollen Zeichen setzen, Frieden stiften und Freital heller machen.“ Als äußeres Zeichen wurde jetzt am Sitz von Biotec ein Transparent angebracht mit der Aufschrift: „Freital ist bunt“...                                  (caw/cda) Aufmerksame Gesichter beim Deutschunterricht im überfüllten Klassenzimmer in Freital beim Träger des Pilotprojekts.                                                                                Foto: Dahlke


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