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Hobby der 90er: Funkt da noch wer?

In der Blütezeit gab es in Meißen hunderte CB-Funker. War es damals ein kostengünstiges Kommunikationsmittel, scheint die Funke heute fast schon ein Fall für´s Museum – nicht aber für die Mitglieder des letzten sächsischen CB-Funk-Vereins, dem „Meißner Reblaus e.V.“.
Wenn alle kommerziellen Dienste eines Tages versagen sollten, gibt es immer noch ein paar Meißner, die sich mit dem zuverlässigen CB-Funk auskennen.		Foto: Verein

Wenn alle kommerziellen Dienste eines Tages versagen sollten, gibt es immer noch ein paar Meißner, die sich mit dem zuverlässigen CB-Funk auskennen. Foto: Verein

Als Georg Sämmang seine Hand-Funke anwirft, bleibt das Gerät stumm. Auf keinem der 80 Kanäle ist jemand unterwegs. Nicht einmal auf dem Rufkanal 01 kommt eine Antwort zurück, nur ein Rauschen. „Polnische Verkehrsbetriebe oder ein Taxi in Moskau dran zu bekommen ist inzwischen fast schon einfacher, als jemanden aus der Region“, lacht er schließlich. Der Jedermannsfunk hat heute in Meißen noch etwa ein Dutzend Freunde. In Weinböhla, Dresden, Coswig und Nossen gibt es vereinzelt auch noch ein paar CB-Funker. „Viele Vereine haben sich die letzten Jahre aufgelöst“, meint Sämmang im 24. Jahr der Meißner Reblaus, dem letzten CB-Funk-Verein Sachsens. "Meißner Funkuropa" Nach der Wende erlebte das Hobby hierzulande einen regelrechten Boom. Zeitweise gab es bis zu 600 CB-Funker in der Stadt, auch weil Handys und Festnetzanschlüsse noch nicht so verbreitet waren wie heute. „Es war mitunter schwierig, einen freien Kanal zu finden, stellenweise waren zehn bis zwölf Funker auf einem Kanal plus ein paar Gummiohren“, erinnert sich der Experte. Gummiohren werden in der Fachsprache jene genannt, die auf einem Kanal mitlauschen, sich aber nicht zu erkennen geben. Gesprochen wurde über die täglichen Dinge. „Mitunter war auch viel Quatsch dabei“, schmunzelt Sämmang. Manche Angelegenheiten waren sogar beinahe institutionell geregelt. So berichtet Sämmang vom „Meißner Funkuropa“, der den ganzen Tag ortsfremde LKW-Fahrer an niedrigen Brücken, engen Straßen und Baustellen vorbeinavigierte. Funkkontakt nach Barcelona Aber auch weit über Meißens Grenzen hinaus gab es Funkkontakt, beispielsweise bis Barcelona oder Süditalien.  Die Reichweite hängt von vielen Faktoren ab. „Wetter, Anlage, Antenne und Untergrund spielen u.a. eine Rolle“, erklärt der Experte. Bei der Funkstaffel machen die Meißner jedes Jahr mit. „Analog der Stillen Post wird ein Spruch von Rügen aus quer durch Deutschland und die Nachbarländer transportiert und wieder an den Anfang zurück – im Idealfall ohne Veränderungen“, sagt Sämmang. Zum festen Ritual gehört neben der „Fuchsjagd“ (Funkpeilen) auch das Funkertreffen auf der Bosel jedes Jahr. Dort gab es hin und wieder Überraschungen, wenn „Wolfgang 03“ und „08/15-Stephan“ feststellten, dass sie im wirklichen Leben Arbeitskollegen waren.  Es gehört zu den Regeln, dass die wahre Identität oder der genaue Wohnort unter CB Funkern tabu bleibt. Dass die Zahlen der CB-Funker in den alten Bundesländern wieder steigen, hat man in Meißen inzwischen wohlwollend vernommen. „Woran das liegt, wissen wir nicht – vielleicht bloß daran, dass die Kinder die Funke ihrer Eltern auf dem Dachboden gefunden haben“, meint Sämmang.
   


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