Farrar

Geheimnisvolles Kirchenfenster

Meißen. Nach der Restauration hat Christina Koenig einen neuen »Star« in ihrer Galerie. Ein Kirchenfenster aus Chicago raubt den Besuchern durch seine starke Wirkung den Atem.

Christina Koenig mit ihrem restaurierten Kirchenfenster aus Chicago.

Christina Koenig mit ihrem restaurierten Kirchenfenster aus Chicago.

Bild: Farrar

Eine künstlerische Verbindung zu Engeln existiert für Galeristin Christina Koenig schon immer. In ihrer Galerie »Himmlisch« an der Görnischen Gasse stellt sie seit neuestem ein weiteres, ganz besonderes Stück aus. Die Darstellung zeigt einen Engel inmitten von Flammen. Das auf einer biblischen Geschichte basierende Glasbild präsentiert im Zentrum ein sehr ebenmäßiges und schönes Gesicht inmitten von Flammen. Dieser Engel soll drei Männer gerettet haben, die von König Nebukadnezar zur Strafe in einen Feuerofen gesteckt wurden. Sie entkamen unbeschadet den Flammen und inspirierten den unbekannten Künstler zu dieser Darstellung.

 

Allerdings macht nicht nur die Darstellung des Engels das Exponat zu etwas Besonderem, sondern auch das Material. Als Bleiglasfenster einer Kirche hat es nicht nur eine spannende Geschichte, sondern ist auch künstlerisch und handwerklich besonders.

 

Glückliche Fügung

 

Aufgespürt hat Christina Koenig das Kirchenfenster im Internet auf einem Verkaufsportal. Der positive Kontakt zur Verkäuferin in München führte die Meißnerin in die bayrische Landeshauptstadt. Die ehemalige Stewardess Lisa, mittlerweile in hohem Alter, hatte das Fenster aus Chicago von einer ihrer Reisen mitgebracht und immer gut bewahrt. Jetzt wollte sie es in gute Hände abgeben. Auch sie wurde einst von der berührenden Darstellung und besonderen Form in ihren Bann gezogen. Dennoch war das Objekt in keinem so guten Zustand: Viele Bleischienen waren über die Zeit nicht mehr in takt und Scheiben zerbrochen, Teile fehlten ganz. Ein ganz neuer Rahmen musste hergestellt werden. Dafür wandte sich Christina Koenig an die Glaswerkstatt Körner aus Dresden, die Fachleute auch auf dem Gebiet der Bleiglaskunst sind. Sie restaurierte die schadhaften Stellen und stabilisierten das Fenster. Ein Lichtpanel hinter einer zusätzlichen Milchglasscheibe sorgt für gute Beleuchtung.

 

Bewegte Geschichte

 

Ursprünglich kann das Fenster in der neogotischen Kirche »St. Martin von Tours« verortet werden. Dort gingen einst deutsche und österreichische Auswanderer ein und aus. Später wurde sie zu einem anerkannten Glaubensort der rein schwarzen Gemeinde mit vielen multikulturellen Einflüssen. Seit fast 35 Jahren ist die Kirche verlassen und weist viele Schäden an Fenstern, Dach und Fassade auf.

 

Insgesamt gab es ursprünglich vier dieser Fensterteile. Mittlerweile sind nur noch zwei in der leider verlassenen und dem Verfall preisgegeben Kirche in den Spitzen der hohen Fenster an ihrem Platz. Sie stammen wahrscheinlich aus Werkstätten in München und Innsbruck.

 

Viele Fragen bleiben offen...

 

Die Neugier von Christina Koenig ist aber noch lange nicht gestillt. »Ich möchte gern noch wissen, warum fand die Verkäuferin das Bleiglasfenster in Chicago bei einem Antiquitätenhändler? Wie gelang es dorthin? Handelt es sich doch um ein Ersatzfenster?«, fragt sich Christina Koenig. Vielleicht kann sie der Fenster-Geschichte noch etwas näher kommen. Sie freut sich über das tolle Stück und über die gelungene Restauration. Dennoch muss sie zugeben: Der Reiz, die Kirche in Chicago noch mal in live zu sehen, ist für sie nicht unerheblich. »Mal sehen, was die Zeit so bringt, auf jeden Fall vereise ich auch gern ...«, verrät Galeristin Christina Koenig.


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