Im Görlitzer Waggonbau sollen künftig nur noch Rohbauten in Aluminiumbauweise entstehen. Das erklärte Bombardiers Deutschland-Chef Michael Fohrer in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die IG Metall Ostsachsen sieht den Waggonbau damit auf dem Weg aufs Abstellgleis, will weiter für die Beschäftigten kämpfen und ruft für Samstag zu einer Demo auf.
Die Bombardier-Waggonbauer in Görlitz werden bis heute im Unklaren gelassen, wie es in Zukunft mit dem Standort weitergeht. Die öffentlichen Statements des Managements von Bombardier weisen nicht auf eine langjährige Sicherheit und den Erhalt des Traditionsbetriebes hin. Die Konzernstrategien bedrohen die Arbeitsplätze vieler Menschen in Görlitz, darüber hinaus besteht die Gefahr einer drastischen wirtschaftlichen Verschlechterung aller Bürgerinnen und Bürger und Geschäftsleute in Görlitz und der angrenzenden Gemeinden.
Die IG Metall ruft gemeinsam mit allen, die für ihre eigene Zukunft und die Zukunft der nächsten Generation einstehen, gemeinsame Stärke zeigen und sich gegenseitig Kraft geben am Samstag zur Demonstration mit rund 2000 Teilnehmenden in Görlitz auf.
Am Samstag, 4. März, startet die Demonstration um 10 Uhr vor den Werkstoren von Bombardier auf der Christoph-Lüders-Str. Viele Menschen, Vereine, Betriebe und Freizeitgruppen haben bereits angekündigt, gemeinsam mit den Waggonbauern loszulaufen. Die Route führt über die Cottbuser Str., Bahnhofsstr., Berliner Str., den Postplatz zum Marienplatz. Auf dem Marienplatz wird die Zentrale Kundgebung um ca. 11.30 Uhr durch den Geschäftsführer der IG Metall Ostsachsen Jan Otto eröffnet. Weitere Hauptredner sind Siegfried Deinege (Oberbürgermeister Görlitz), Olivier Höbel (Bezirksleiter IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen) und René Straube (Betriebsratsvorsitzender Bombardier Görlitz).
Erwartet werden auch Betriebsräte, Vertrauensleute und Beschäftigte von Bombardier aus den anderen Standorten in ganz Deutschland. „Wir werden ein deutliches Zeichen für den Erhalt des traditionsreichen Waggonbaus und der Arbeitsplätze in Ostsachsen setzen – dafür stehen wir zusammen!“, so Jan Otto, Geschäftsführer der IG Metall Ostsachsen.
Aufs Abstellgleis?
Mit Entsetzen hätten die IG Metall Ostsachsen sowie die Betriebsräte von Bombardier in Görlitz die Aussage von Michael Fohrer zur Kenntnis genommen, heißt es in einer Pressemitteilung der IG Metall. „Betrachtet man nur den Rohstoff, ist Aluminium zukunftsorientierter. Es ist leicht zu bearbeiten und wiegt weniger als Stahl. Aber Aluminium ist im Gegensatz zu Stahl nicht reparabel. Ein Alu-Wagen, der einen Unfall hat, muss komplett ersetzt werden. Marktanalysen zeigen, dass es derzeit wenige relevante Aufträge für Alu-Rohbauten gibt. Weder im Bereich der leichten noch der schweren Schiene“, erklärt Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostachsen. „Der Weg zur Spezialisierung auf Alu-Rohbauten ist nicht zukunftsfähig und führt direkt aufs Abstellgleis.“
Gespräche auf Augenhöhe gefordert
Dabei habe gerade das Görlitzer Werk den Vorteil, dass man dort fast alles Bauen könne, so Otto. Diese Vielfallt wolle man jetzt wegnehmen und den Standort in seiner Kompetenz beschneiden. Das will die IG Metall nicht hinnehmen. „An erster Stelle steht für uns der Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen“, sagt Jan Otto. Man dürfe die Umstrukturierung nicht auf dem Rücken der Beschäftigten austragen. Die IG Metall will bei dem Kampf um die beiden Standorte die Menschen in der Region mit ins Boot holen. „An jedem Arbeitsplatz bei Bombardier hängen fünf bis sieben weitere Arbeitsplätze in der Region, beispielsweise bei Zulieferern“, schätzt Jan Otto. „Wir haben eine Verantwortung und werden nicht warten, bis der Standort leer läuft. Wir wollen Gespräche auf Augenhöhe.“
Einladung nach Görlitz
Der Betriebsrat hat auf das Interview mit einem Brief an Michael Fohrer reagiert. Darin heißt es unter anderem: „Mit großer Aufmerksamkeit haben die Belegschaften in Deutschland ihre Ausführungen in der FAZ zur geplanten Restrukturierung des Unternehmens aufgenommen. [...] Ihre Aussage, dass die Spezialisierung zur Fertigung von Rohbauten in Aluminiumbauweise künftig die alleinige Kompetenz hier in Görlitz darstellen soll, haben wir mit Entsetzen vernommen! Wir sehen hier einen großen Widerspruch zu früheren zusagen, denen zufolge Standortschließungen in Deutschland ausgeschlossen sind. Dies vor dem Hintergrund, dass unsererseits nicht unerhebliche Zweifel bestehen, dass die Beschäftigung eines ohnehin nur geringen Anteils unserer Kollegen allein mit einer solchen zusage langfristig zu sichern sei. […] Damit Sie uns hier vor Ort die strategischen Planungen für den Standort im Detail erläutern und auch wir am von Ihnen angeregten Dialog zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite sowie Gewerkschaften teilnehmen können, laden wir Sie im Auftrag der Belegschaft umgehend nach Görlitz ein.“
Auf diese Einladung gab es inzwischen eine Reaktion: Bombardiers Deutschland-Chef wird zu Gesprächen nach Görlitz kommen. Der Termin steht allerdings noch nicht fest.
Unter dem Slogan „Tradition erhalten, Arbeitsplätze sichern“ ruft die IG Metall am 4. März zu einer Demo auf. Die Startet um 10 Uhr vor dem Bombardier-Werkstor und erreicht gegen 11.30 Uhr den Marienplatz.
Unter
www.soli-waggonbau.de gibt es die aktuellsten Informationen zu anstehenden Aktionen und Neuigkeiten.