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Matthias Stark

Der Gegenwind wird stärker

Radeberg. Die Aufstellung von Bebauungsplänen für zwei Gewerbegebiete auf Landwirtschaftsflächen hat in Radeberg zu einem Bürgerbegehren für einen Bürgerentscheid geführt.

Vera Winkler von der Bürgerinitiative vor dem Gelände an der Stolpener Straße, dass zum Gewerbegebiet werden soll.Foto: Matthias Stark

Vera Winkler von der Bürgerinitiative vor dem Gelände an der Stolpener Straße, dass zum Gewerbegebiet werden soll.Foto: Matthias Stark

Auf Nachfrage teilt der Oberbürgermeister der Röderstadt, Frank Höhme, zum geplanten Vorhaben mit: "Eine lebenswerte Stadt kommt ohne einen gut laufenden Wirtschaftsmotor nicht aus. Je mehr Unternehmen es in Radeberg gibt, desto mehr Arbeitsplätze und folglich auch mehr Steuerreinnahmen gibt es in unserer Stadt - in Zeiten klammer Kassen ein nicht zu vernachlässigender Punkt, ebenso wie eine höhere Kaufkraft. Viele Unternehmen engagieren sich zudem gesellschaftlich vor Ort, wovon Vereine profitieren. Die eventuell entstehenden zwei Gewerbegebiete eröffnen die Möglichkeit zur Sicherung und Stärkung unseres Wohlstands und Wachstums. Sie sind eine Investition in die Zukunftsfähigkeit und Lebensqualität unserer Stadt. Wir stehen aktuell vor einer bislang nie dagewesenen Chance: Die Stadt Dresden hat signalisiert, kaum noch Gewerbeflächen ausweisen zu können. Unternehmen werden aufs Umland ausweichen müssen. Radeberg könnte sich mit den beiden Gewerbegebieten in Position bringen und von der Situation profitieren. Die Entwicklungsperspektiven, die Gewerbegebiete aufmachen, werden aber unabhängig davon benötigt. Bereits ansässige Unternehmen mit Vergrößerungswunsch und Betriebe, die sich neu ansiedeln möchten, finden bei uns keine geeigneten Flächen. Gewerbegebiete an der S 177 haben das Potenzial, Unternehmen bei uns zu halten und neue zu gewinnen. Dadurch können Arbeits- und Ausbildungsplätze erhalten werden und neue entstehen, wodurch sich auch die Möglichkeit eröffnet, Chancen für jedes Qualifikationsniveau anbieten und das Pendeln aus Radeberg heraus senken zu können. Heutige Gewerbegebiete lassen sich nicht mehr mit den grauen Betonflächen aus den 90er-Jahren vergleichen. Berücksichtigt werden unter anderem die Belange des Umwelt- und Naturschutzes und insbesondere auch der Mensch als Schutzgut - insbesondere in Bezug auf seine Gesundheit."

Vera Winkler vertritt die Bürgerinitiative. Sie sieht das naturgemäß aus anderer Perspektive. Sie sagt: "Wir möchten, dass bei so weitreichenden Entscheidungen alle Bürger mitentscheiden, nicht nur der Stadtrat. Im Stadtrat wurde sehr kontrovers diskutiert und die Beschlüsse sind mit knapper Mehrheit gefasst worden. Unser Anliegen ist, dass die Bürgerschaft entscheidet, ob die Landwirtschaftsflächen tatsächlich zu Gewerbeflächen umgewandelt werden. Derzeit kann man gar nicht sagen, wie eine solche Abstimmung ausgehen wird. Wir haben als Bürgerinitiative Kontakt zu vielen Menschen, sowohl Befürwortern wie Gegnern. Die Skepsis ist sehr groß, es gibt vielleicht sogar eine Mehrheit, die sich nicht vorstellen kann, die beiden Gewerbegebiete auszuweisen. Das werden wir aber erst beim Bürgerentscheid erfahren. Es wären etwa drei bis vier Unternehmen, die sich beispielsweise an der Stolpener Straße ansiedeln könnten. Fördermittel stehen für Großansiedlungen zur Verfügung, insofern ist uns nicht klar, was der Plan der Stadt tatsächlich ist. Grundsätzlich spricht ja nie etwas gegen Gewerbeansiedlungen, solange sie maßvoll sind und die Leistungsfähigkeit einer Stadt nicht überschreiten. Es ist jedoch wichtig, dass sich eine Gemeinde Gedanken darüber macht, welche Folgen solche Ansiedlungen haben. Wenn man bestehende Gewerbegebiete erweitert oder Brachflächen ertüchtige, dann ist das etwas anderes. Wenn man aber in diesen Größenordnungen Gewerbeflächen ausweisen will, dann ist das schwierig. Man muss die Folgebedarfe an technischer und sozialer Infrastruktur berücksichtigen. Und ob die Gewerbesteuereinnahmen tatsächlich kommen, kann die Stadt gar nicht beeinflussen, solange sie nicht Eigentümer der Flächen ist. Wir machen uns Sorgen um die künftige Generation, weil alles, was wir heute an Fläche versiegeln, verloren ist. Und was wir über Kredite finanzieren, müssen unsere Enkelkinder zurückzahlen."

Noch bis zum 27. April ist es möglich, mit seiner Unterschrift für das Bürgerbegehren zu stimmen.


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