Kirschau goes to India
Sie haben seit November trainiert, bis zu fünf Mal pro Woche drei Stunden und mehr – neben der Schule, der Ausbildung, dem Studium oder der Arbeit. Nun ist der große Tag gekommen: Am 10. Januar fliegen die jungen Tänzerinnen aus Schirgiswalde-Kirschau zum Internationalen Tanz- und Musikfestival nach Indien, wo sie als erste deutsche Gruppe mit zeitgenössischen Tänzen gleich mehrfach im Land auftreten werden. In Goa, Baroda (Vadodara) und Mumbai werden zudem auch klassische indische Tänze gezeigt. Der Verein TanzART e.V., der in dem 3000-Einwohner-Städtchen nahe Bautzen eine bedeutende Plattform für professionellen Tanz im ländlichen Raum geschaffen hat, freut sich über die zunehmende Aufmerksamkeit, die die Leistung der Tänzerinnen und Tänzer würdigt. Nach der Rückkehr aus Indien wird es in der ehemaligen Textilfabrik „Friese“, dem Hauptsitz des Vereins, eine Abschlussveranstaltung als Dankeschön geben.
Den Jahreswechsel haben neun junge Frauen gleich doppelt gefeiert: Zwischen Weihnachten und Neujahr erhielten sie die Nachricht, dass die aufregende Reise in eine spannende fremde Kultur auf der anderen Seite der Erde tatsächlich stattfinden wird. Zahlreiche Spender aus mehreren Bundesländern – von Privatpersonen wie auch von Unternehmen – haben es ermöglicht und die Finanzierung der Flüge gesichert. Verpflegung, Übernachtungen und Transfers übernimmt das Indian Council for Cultural Relations (ICCR), das den Verein TanzART aus Sachsen auf Empfehlung der indischen Botschaft in Berlin eingeladen hatte. Das Internationale Tanz- und Musikfestival in Delhi findet vom 13. bis 15. Januar im Kamani-Auditorium statt, einer der bedeutendsten Theaterhallen des gesamten Landes.
Das Ensemble von TanzART wird das Tanz- und Musikfestival in Delhi mit der Performance „Manucharitam_to be“ eröffnen, was in der Sprache Sanskrit so viel bedeutet wie „Mensch sein“. Bisher einmalig für das Festival: Gezeigt wird westlicher zeitgenössischer Tanz auf höchstem Niveau: Drehungen, fließende Tanzbewegungen, Kraft und Dynamik wechseln sich ab mit sinnlichen Gesten und Momenten. Doch es geht nicht nur um Bewegung, es geht auch um Inhalte. Die Performance stellt den Menschen in unserer schnell wachsenden globalen Welt mit all seinen vielfältigen gesellschaftlichen Fragen und Problemen in den Mittelpunkt.
Dass das semiprofessionelle Ensemble bei einem solchen Großereignis für Profis auftreten darf, ist für den Verein eine besondere Auszeichnung. TanzART (www.TanzART-kirschau.de) ist inzwischen über die Grenzen von Ostsachsen hinaus bekannt – nicht nur für das künstlerische Niveau. Geschätzt wird auch der interkulturelle und interdisziplinäre Austausch, der für Weltoffenheit und Toleranz steht. Vor allem hat der Verein für die wirtschaftlich und politisch schwierige Region eine wichtige soziale, pädagogische, kulturelle und künstlerische Bedeutung. Am Hauptsitz in Schirgiswalde-Kirschau und am zweiten Standort Bischofswerda tanzen gut 170 Kinder, Jugendliche und Erwachsene zwischen 4 und 50 Jahren.
„Tanzen ist mehr als nur ein Hobby. Der Verein TanzART ist einer meiner Lebensmittelpunkte, ein Teil meiner Familie und bedeutet viele Freundschaften“, schwärmt die 16-jährige Naja Nimmrichter, die schon seit ihrem vierten Lebensjahr tanzt. Ihr Vater, der Fotograf Uwe E. Nimmrichter, begleitet den gesamten Prozess der Indienreise fotografisch – von der intensiven Vorbereitung über die Auftritte in Asien bis zum Abschlussfest in der Textilfabrik. Und er spricht nicht nur von seiner Tochter, wenn er die Zielstrebigkeit und Ernsthaftigkeit hervorhebt: „Das Tanzen und der Verein haben über sehr schwierige Phasen von Naja hinweggeholfen, sie hat sich zu einer selbstbewussten jungen Frau entwickelt. Ihre Disziplin ist unglaublich, vor Auftritten wird oft täglich mehrere Stunden trainiert.“
So fiebern die Jugendlichen einem ganz besonderen Highlight entgegen. Gemeinsam gefeiert wird dann noch einmal: Unter dem Titel „Emotionen erleben – Menschen verbinden“ wird es im Frühjahr in Schirgiswalde-Kirschau eine Abschlussveranstaltung mit Tanz, einer Fotoausstellung sowie kulinarischen Erlebnissen geben. Jana Schmück erklärt: „Damit wollen wir allen Spendern und Unterstützern danken und diese außergewöhnliche gemeinsame Reise noch einmal erlebbar machen.“
Doch der Wunsch, Menschen zu verbinden, ist mit der Indien-Reise und der Abschlussveranstaltung noch nicht beendet. „Nach wie vor sind wir auf Spenden angewiesen, und jeder Cent, der über die nötige Summe für die Flugkosten hinausgeht, fließt in weitere wichtige Projekte für 2017“, freut sich Anne Dietrich und nennt deshalb noch einmal die Bankverbindung: TanzART e.V. Kirschau, IBAN: DE84 8555 0000 1002 0187 02, Verwendungszweck: Indien.
Vorbereitet wird derzeit das Projekt „Alice und ihre wundersame Reise“, ein von TanzART choreografiertes und inszeniertes Tanztheater, das am 5. und 9. April mit 170 Tänzerinnen und Tänzern im Theater Bautzen aufgeführt wird. Ebenso ist „Dance on Screen“ geplant: Videoclips mit jungen Tänzern sollen die reale und die virtuelle Welt verbinden und eine Brücke zu den digitalen Medien schaffen. Das Projekt wird von LEADER, einem Förderprogramm der Europäischen Union, unterstützt.
Weitere Auskünfte zu dieser Meldung gibt Jana Schmück, künstlerische Leitung & Vorstand von TanzART e.V. / Atelier für Tanz, Bewegung und Kunst, Friesestraße 31, 02681 Schirgiswalde-Kirschau, Tel. 0177 / 2096604, E-Mail: www.TanzART-kirschau.de
Uwe E. Nimmrichter