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Rainer Könen/mlh

9.000 Euro für kleine Wünsche

In Kamenz wird ein Bürgerbudget eingerichtet, damit die Einwohner mit über den Haushalt entscheiden können. Jedenfalls ein wenig.
Oberbürgermeister Roland Dantz betont, dass sich die Bürger schon bisher gut in die Gestaltung der Lessingstadt eingebracht haben. Foto: Rainer Könen

Oberbürgermeister Roland Dantz betont, dass sich die Bürger schon bisher gut in die Gestaltung der Lessingstadt eingebracht haben. Foto: Rainer Könen

 Bautzen hat einen, Hoyerswerda auch. Kamenz bisher noch nicht. Aber das soll sich ja nun ändern. Im kommenden Jahr werden die Kamenzer Gelegenheit haben, sich mit ihren Wünschen in die Haushaltsplanung der Kommune mit einzubringen. Und zwar im Rahmen eines Bürgerhaushaltes.
Die Stadtratsfraktion der Linken hatte sich jüngst für einen solchen Bürgerhaushalt stark gemacht. Zweifelsohne ein Experiment, was aber in manchen deutschen Kommunen mittlerweile ziemlich gut funktioniert. So sollen in Kamenz im kommenden Jahr für diverse Einwohnerprojekte insgesamt 9.000 Euro bereitgestellt werden.

Kamenz´ Oberbürgermeister Roland Dantz (parteilos) mag da aber nicht von einem Bürgerhaushalt sprechen. Denn »unser gesamter Haushalt ist doch bereits für unsere Bürger«. Das, was die Linke vor einiger Zeit  vorschlug – den Einwohnern mehr Verantwortung und mehr Mitbestimmung für einen bestimmten Teilbereich des Haushaltes zu geben – fand erst unter einem anderen Begriff Zustimmung beim Kamenzer Stadtrat.

Man werde ein Bürgerbudget im kommenden Haushaltsplanentwurf mit aufnehmen, so Dantz weiter. Um  »bestimmte freiwillige Aufgaben« erfüllen zu können. Mit anderen Worten: Nun können sich die Bewohner aller Kamenzer Ortsteile, das sind insgesamt 19, aktiv bei der Gestaltung ihrer Ortsteile und der Stadt mit einbringen.

Dieses  9.000 Euro umfassende Bürgerbudget soll auf drei Kernbereiche der Kommune aufgeteilt werden: jeweils 3.000 Euro gibt es für Kamenz-Ost, die Kernstadt sowie die Ortsteile. Bis zu einem bestimmten Stichtag können demnächst Bürger da Vorschläge einreichen.

Deutschlandweit gibt es mittlerweile über 100 Kommunen, die zusammen mit der Bevölkerung über die Haushaltsfinanzen diskutieren. Bevor solche Bürgerhaushalte aber ins Rollen kommen, braucht es, das haben die vergangenen Jahre gezeigt,  meist eine Weile. Was auch daran liegt, dass sich viele Kommunalpolitiker schwer tun, selbst ein kleines Stück Verantwortung mit den Bürgern zu teilen.
Und wie wird es in Kamenz aussehen? Man muss abwarten. Vielmehr bleibt die entscheidende Frage, ob künftig viele Kamenzer das Interesse aufbringen werden, sich über das Bürgerbudget an der Politik ihrer Kommune zu beteiligen. Oberbürgermeister Dantz hofft es, obwohl er auch immer wieder betont, dass sich bisher die Ortsteile, die Ortschaftsräte, überhaupt alle Bewohner mit in die Gestaltung der Lessingstadt eingebracht haben.

Die Geschichte der Bürgerhaushalte

... startete vor rund 25 Jahren in der brasilianischen Stadt Porto Alegre. Von dort  breitete sich die Idee über Lateinamerika bis nach Europa aus.
1998 entstand in Deutschland in der Schwarzwaldgemeinde Mönchweiler der erste Bürgerhaushalt. Mittlerweile gibt es bundesweit rund 100 aktive Bürgerhaushalte.
In Deutschland wird mit Bürgerhaushalten grundsätzlich eine Form der unverbindlichen Bürgerbeteiligung praktiziert. Bürger haben die Möglichkeit, ihre Vorschläge und Anmerkungen einzubringen. Für die die kommunalen Entscheidungsträger besteht aber keine Verpflichtung, diese auch zwingend umzusetzen. Die Gemeindevertreter können sich zwar selbst verpflichten, die Ergebnisse zu achten, ein rechtlich einklagbarer Anspruch seitens der Bürger besteht aber nicht.


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