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Birgit Branczeisz

"Wir haben keinen Leerstand"

Dresden. Die Vonovia will weitere 4.000 Wohnungen in Dresden verkaufen. 2000 sind schon veräußert - 1213 davon an die WID. Gibt das der Wohnungsgesellschaft Luft zum Bauen?

Regionalleiter Sebastian Krüger (re.) kündigt an, dass schrittweise 6.000 Wohnungen verkauft werden. 2.000 sind schon weg - davon gingen 1.213 an die WID. Die Baukrise löst das nicht.

Regionalleiter Sebastian Krüger (re.) kündigt an, dass schrittweise 6.000 Wohnungen verkauft werden. 2.000 sind schon weg - davon gingen 1.213 an die WID. Die Baukrise löst das nicht.

Bild: Anja Schneider

Die Vonovia lädt zum Pressegespräch in den FREIRAUM nach Striesen - und natürlich kommt prompt die Frage: "Wann passiert denn endlich etwas an der Hauptstraße am Neustädter Markt?" Sebastian Krüger, Vonovia-Regionalbereichsleiter in Dresden, lässt sich nicht locken. Nur so viel: Zuerst erfahren es seine Mieter. Um gleich nachzusetzen, er hoffe, dass er diese Frage nächstes Jahr nicht mehr gestellt bekomme. "Wir brauchen noch einen Moment", so konkret wird Krüger dann doch.

Immerhin gilt es für den Großvermieter auch hier, bezahlbar zu bauen, mit Belegungsrechten und im Einvernehmen mit dem Denkmalschutz. Jedes für sich ist eine Herausforderung, aber was Neubauen und Sanieren angeht, unterscheidet sich der Standort trotz aller Prominenz gar nicht so sehr von anderen. Neue Projekte werden derzeit nicht angeschoben, bereits begonnene fertiggestellt, so Krüger. 110 neue Wohnungen wird es im Herbst in Löbtau geben, 195 in der Johannstadt. Die Mietpreise liegen zwischen 11 bis 14,50 Euro kalt, wobei Löbtau etwas höherpreisiger startet. Zum Vergleich: 6,82 Euro beträgt die Durchschnittsmiete. Kein Pappenstiel also, trotzdem kommen viele Nachfragen.

Die Wahrheit ist noch eine ganz andere. Der Regionalleiter kommt im Gespräch zu dem Fazit, dass die Mietpreise bei den Baukosten derzeit bei 20 Euro pro Quadratmeter liegen müssten. "Das kann sich kein Mensch leisten. Wir müssen auf 12 bis 15 Euro runter", mahnt er. Doch wie soll das gehen? Auch das steht im Raum und ist nicht mit einer Antwort geklärt. "Wir reden über Kapazitäten, die die Baubranche nicht hat, wir brauchen Förderprogramme und wir brauchen abgespecktes Bauen - es ist ein Mix aus vielem, was sich wieder einrenken muss", konstatiert er.

Mit "abgespeckt" meint Sebastian Krüger Normen wie Dämmungsstärke, aber auch regenerative Energien, wo sie extrem teuer sind und die Stellplatzpflicht, die es noch gibt, "obwohl wir eigentlich die Autos nicht mehr wollen". Krüger weiß: "Parken ist ein extrem emotionales Thema. Jeder Parkplatz, der künftig wegfallen wird, beispielsweise für Ladestationen, tut richtig weh. Trotzdem müssen wir den Parkplatz-Schlüssel absenken - das macht Bauen preiswerter." Aber das funktioniere nur, wenn man Mobilität mitdenke, also den ÖPNV, Radstraßen, Ladestationen, Carsharing - alles, was dazugehöre. Mit "Nearbyk" steckt Vonovia mitten im Test - hier kann man E-Bikes kaufen oder mieten, mit Service. 

Die Quartiere zu entwickeln sei der Vonovia wichtig. Eine Umfrage, bei der drei Viertel der Mieter angaben, zufrieden mit dem Vermieter zu sein, mache da stolz. Einen hohen sechsstelligen Betrag habe die Vonovia in soziale Begegnung, Kultur und Projekte gesteckt. So schön das ist, die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 2,3 Prozent Leerstand, das ist eigentlich kein Leerstand, sondern kommt durch Aus- und Umzug sowie Sanierung zustande. "Wir sind de facto voll vermietet", so Sebastian Krüger. In der Stadt liegt der Leerstand zum Vergleich im Schnitt bei sieben Prozent. Und das hat Folgen.

Wenn der taiwanesische Halbleiterhersteller Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) mit Bosch, Infineon und NXP Semiconductor eine Halbleiterfabrik in Dresden errichtet, rechnet die Industrie mit 25.000 neuen Jobs bis 2035. Wo sollen die Neu-Dresdner alle wohnen? Selbst der Großvermieter kommt da ins Straucheln. "Wir haben keine 10.000 Wohnungen frei, nicht einmal 2.000", so Krüger. Da müssen ganz andere Offensiven entstehen. Zum Beispiel Werkswohnungen über Zuschüsse der Unternehmen bauen? Dieser Vorschlag ist Sebastian Krüger neu, aber das bringe die Zeit mit sich. Sein Unternehmen sei für alle Gespräche offen.


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