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Uwe Schieferdecker/ck

Stadtbild e.V. kritisiert »Neue Stadt am Blüherpark«

Dresden. Im März legte die Stadt Dresden den Entwurf eines Bebauungsplans für ein »Stadtquartier am Blüherpark« öffentlich aus - doch der trifft nicht jeden Geschmack.

Das Quartier reicht im Norden bis an die Grunaer Straße heran. Im Westen bildet eine Planstraße in der Verlängerung der Zirkusstraße die Grenze, im Süden die Lingnerallee – bis 1945 Johann-Georgen-Allee genannt – und im Osten die Blüherstraße (früher Albrechtstraße). Das Areal liegt in der Pirnaischen Vorstadt und ist weitgehend unbebaut.

Historisch gesehen war das Viertel im Unterschied zur Wilsdruffer Vorstadt kaum erschlossen. Erst in den 1870er Jahren wurde die Grunaer Straße angelegt, was eine rasche gründerzeitliche Bebauung nach sich zog. In der Vorstadt entstanden kulturelle Einrichtungen wie das Residenztheater in der Zirkusstraße, das Künstlerhaus in der Albrechtstraße, die Kreuzschule am heutigen Georgplatz und, viel später, das Deutsche Hygiene-Museum. Die Bürgerhäuser zeichneten sich durch zeitgemäß-prachtvolle Fassaden aus. Schöne Beispiele sind das Eckgebäude zwischen der Johann-Georgen-Allee und der Albrechtstraße oder auch der majestätische Kaiserpalast am Pirnaischen Platz.

1945 fiel die Vorstadt praktisch vollständig dem Bombenhagel zum Opfer. Es folgte die Enttrümmerung und das erste Neubauquartier der Stadt auf der Nordseite der Grunaer Straße. Sehr schnell wurde das zu 80 Prozent zerstörte Hygiene-Museum wieder aufgebaut. Der in das Atrium eingebaute Steinsaal war die erste Veranstaltungsstätte in der Innenstadt und ging beim Rückbau 2003 verloren. In den 1970er Jahren folgten die Wohnhochhäuser auf der Südseite der Grunaer Straße. Sie wurden dem Charakter der Elbestadt ebenso wenig gerecht wie der Neubau des Dorint Hotels in den Neunzigern. Das für die Bebauung vorgesehene Areal weist heute neben Bäumen eine wenig attraktive Gemengelage von Parkplätzen und kleinen Bauten auf.

 

Für Qualität und gegen Beliebigkeit

 

In dem Planungs-Entwurf der Stadt sind zwei hufeisenförmige Baukörper zwischen der Lingnerallee und der Pirnaischen Straße angedacht. Entgegen dem historischen Stadtgrundriss wird das Quartier in der Mitte durch eine Planstraße zerschnitten. Die Wohngebäude sollen fünf- bis sechsgeschossig ausgeführt werden, für Eckgebäude sind bis zu sieben Geschosse zulässig.

Im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung kritisierte der Verein »Stadtbild Deutschland« die Planung. Satzungsgemäß tritt die Institution bundesweit für die Wiedergewinnung der im 20. und 21. Jahrhundert durch Kriegseinwirkungen, fehlende Wertschätzung und behördliche Fehlentscheidungen verloren gegangenen historischen Stadtbilder und Strukturen ein. Dabei wendet sich der Verein keineswegs gegen eine Bebauung des Quartiers. Vielmehr setzt er sich – mit Fingerzeig auf die Geschichte des Ortes – für eine hohe baukulturelle Qualität an Stelle der verbreiteten Beliebigkeit von Investorenarchitektur ein.

Im Detail fordert »Stadtbild Deutschland« die Wiederaufnahme der historischen Baulinien und Parzellenstruktur, wie das im Neumarktquartier in bester Manier verfolgt wurde und deutschlandweit für positives Aufsehen sorgte. Der Verein lehnt die mittige Durchschneidung des Neubauquartiers ab. Mit Verweis auf die frühere Qualität drückt die Stellungnahme den Wunsch aus, den Gebäuden ihr eigenes Gesicht zu geben und sich wiederholende Architektur im Bebauungsplan auszuschließen. Als negatives Beispiel wird die jüngere Bebauung der Schweriner Straße angeführt.

In Abkehr von Flachdächern sollten Mansarddächer entstehen, hinter denen begrünte Flachdächer möglich wären. Schließlich würden Dresden-typische Fassaden aus Putz, Ziegel, Sandstein und roten Granit dem Quartier eine unverwechselbare Qualität geben. So könnte sich das Innenstadtquartier zu einem Vorbild für zukünftige Vorhaben in Dresden mausern.


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