Birgit Branczeisz

UPDATE: So sieht die Stadt das Brücken-Gutachten

Dresden. Für die Stadt ist die Brücken-Frage offenbar längst entschieden.

Wie wird die neue Carolabrücke aussehen? Die Stadt-Pläne überraschen nicht.

Wie wird die neue Carolabrücke aussehen? Die Stadt-Pläne überraschen nicht.

Bild: Archiv

Wie ersetzt man eine alte Brücke so baugleich, dass kein jahrelanges Behörden-Verfahren nötig ist und  doch alle heutigen Anforderungen erfüllt werden?  Das war die Frage im juristischen Gutachten zur Carolabrücke. Erste Antwort: Der Ersatzneubau wird juristisch zur »Unterhaltungsmaßnahme«. Dann ist es schließlich kein echter Neubau. Die Frage nach den heutigen »Verkehrsbedürfnissen« und der daraus erwünschten »veränderten Leistungsfähigkeit« ist schon kniffliger. Denn »erhebliche Veränderungen«  führen unweigerlich zum Behördenmarathon. Doch was ist erheblich? Eine Kfz-Spur abschaffen schon mal nicht – so das Gutachten der Kanzlei Redeker Sellner & Dahs. Das liegt ganz auf der  Linie von Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne). Aber wäre es nicht auch eine Steigerung der »Leistungsfähigkeit« einer Verkehrsart, wenn eine zusätzliche Radspur kommt? Die Juristen halten das tatsächlich für schwierig! Stadträtin Heike Ahnert (CDU) hakt ein: Gibt es jetzt deshalb plötzlich die kritisierten Fahrradbarometer, quasi als Nachweis, daß wir diesen Verkehrsbedarf heute haben? Denn der aktuelle »Verkehrsbedarf« darf erfüllt werden - sagen die Juristen. Nur was über neue gesetzliche Vorgaben hinaus geht, müsste wieder aufwendig genehmigt werden.

Stephan Kühn sieht  sich bereits mit dem neuen Regelwerk für Radverkehrsanlagen auf der sicheren Seite für einen Brücken-Umbau, der eben vom Original »erheblich« abweicht.  Das mit dem »Verkehrsbedarf« gilt aber für Radwegen und Straßen, merkt das Gutachten an.  Letzteres spricht Kühn gleich gar nicht an. Und: Neue Radwege bedürfen eigentlich grundsätzlich eines Planfeststellungsverfahrens. Die Juristen sehen hier ein erhebliches Risiko! Man sei aber »großzügig« und meine: „Ja, das geht!“                    Doch was ist mit der Brückenart? Eine Initiative  und etliche Stadträte fordern einen historisch anmutenden Neubau. Die Stütze solcher Pläne wäre wohl ein zusätzlicher Brückenpfeiler - und der wäre »erheblich« und damit ist dieser Gedanke von der Stadt nicht gewollt und wird einfach nicht diskutiert. Dabei ist ein erster Schritt für eine »schöne« Brücke sehr wohl möglich, wie das Gutachten entgegen den bisherigen Aussagen von Kühn just bescheinigt: Eine Behelfsbrücke, die in der gleichen Achse bleibt, gäbe es ohne großes Behördenverfahren.

Die Straßen-Anschlüsse zu verändern, wie die Stadt das möchte, um die St. Peterburger Straße städtebaulich zu verschlanken, ist dagegen wiederum schwierig ohne Planfeststellungsverfahren. Denn: Es ist eine erhebliche bauliche Umgestaltung, wenn man die Auffächerung der Brückenzüge verändert, die Straßenbahn z.B. in die Mittellage umsetzt – denn dann müssen die Straßen mit umgebaut werden! Und was antworten die Juristen?  »Es kommt darauf an. Auf die Ausgestaltung«. Die Stadträte wirken jetzt ratlos. Sie finden keinen Halt in dieser Logik.

Auch beim Brückenkörper selbst läßt sich die Stadt nicht festlegen. Was ist eine maßgebliche Veränderung? Was nicht? Nicht jede gestalterische Änderung ist unmöglich, sagt das Gutachten. Dazu kommen ohnehin Fragen neuer Bautechnologien und Materialien. Es kann gar nicht mehr dieselbe Carolabrücke wie aus den 1960er Jahren werden. Apropos Material: Wie wäre es denn wenigstens mit einer Sandsteinoptik - auch das eine Forderung aus der Stadtgesellschaft? Die Juristen halten das für unproblematisch - im Gegensatz  zu einer Sandsteinbrücke, die tatsächlich komplett anders wäre. Kühn hat allerdings auch in der Optikfrage Zweifel. Schließlich stand die Carolabrücke ja im DDR-Zustand unter Denkmalschutz. Allerdings ist dieser Status vom Landesdenkmalamt mit dem Brücken-Sturz gelöscht, wie er im selben Atemzug erklärt. Trotzdem. Spätestens da wird aus Unbehagen Gewißheit: Kühn will nicht. Wer könnte denn gegen einen Stadt-Entwurf klagen? Die Stadt Dresden und die Umweltverbände - »mit denen sind wir im Gespräch«, schmunzelt Kühn.

Thomas Ladzinski (AfD) pocht auf »Verkehrsbedürfnisse« für alle: 30.000 Fahrzeuge täglich auf der B170, da komme nur ein vierspuriger Ersatzbau infrage. Zumal der äußere Stadtring Alt-Cotta mit einer dritten Marienbrücke nie gebaut wurde. Stefan Engel (SPD) konstatiert: »Wir haben gar nicht viel zu beschließen, nur zur Kenntnis zu nehmen – die wirkliche Diskussion spiegelt sich nicht wider. Und was beschlossen wird, fasst nicht, worum es geht.«

Susanne Krause (Grüne) hält das Ganze für »eine große Wunderkiste, weil man nicht weiß, was im Schiff Stadtverwaltung passiert.« Und für Heike Ahnert (CDU) »ist es völlig abwegig, daß wir erst nach dem Sommer eine Aufgabenstellung haben, die in der Stadtgesellschaft dann nicht mehr diskutiert wird!« Die Stadt habe sich bewusst dagegen entschieden, die eigentliche Frage einer Brückengestaltung zu diskutieren! Bauausschuss und Stadtrat könnten die Stadtpläne ablehnen - wahrscheinlicher ist, daß sich die Mehrheit fügt.

Es gibt zwei Bürger-Runden von der Stadt, am 26. Mai im Plenarsaal und am 27. Mai im Stadtforum.

 

 


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