Birgit Branczeisz

Wer darf auf diesem Filetstück mitten in Dresden bauen?

Dresden. Die Stadt soll mit den 12 Eigentümern über einen Flächenkauf verhandeln.

SPD-Stadträte Vincent Drews (l.) und Stefan Engel wollen, dass die Stadt Flächen am "Alten Leipziger Bahnhof" kauft.

SPD-Stadträte Vincent Drews (l.) und Stefan Engel wollen, dass die Stadt Flächen am "Alten Leipziger Bahnhof" kauft.

Bild: Branczeisz

Mitten in der Debatte um einen riesigen Globus-Markt, stößt die SPD-Fraktion des Stadtrates eine gewichtige Debatte für die Friedrichstadt an: Wie will Dresden mit dem 27 Hektar großen Areal "Alter Leipziger Bahnhof" umgehen? Ein Areal in bester Zentrumslage, von der Leipziger- Eisenbahnstraße bis zur Erfurter Straße & zum Puschkin-Platz.

Globus gehört hier das Filetstück. Sobald Globus Baurecht für ein Grundstück der Sachsen-Energie an der Bremer Straße erhält, würden beide Eigentümer ihre Flächen tauschen. Doch auch mit dem neuen Eigentümer Sachsen-Energie sind die Probleme "an der Leipziger" nicht gelöst. So sieht es die SPD. Die beiden Stadträte Vincent Drews und Stefan Engel stellten vor Ort einen Antrag vor, der die Stadt Dresden ins Spiel bringen soll. Denn von den 27 Hektar gehört nicht ein einziger der Stadt. Das Gebiet teilen sich 12 Eigentümer - solche, die ihre Flächen entwickeln und solche, die sie irgendwann gekauft haben, erklärt Stefan Engel.

Die Stadt spricht gern von "kooperativer Bestandsentwicklung". Stefan Engel: "Das ist ja alles ganz toll, die Frage ist nur, wie soll die Stadt das hinbekommen?" Für den SPD-Mann ist klar, private Eigentümer haben sicher wenig Interesse, ein familienfreundliches Stadtquartier mit Gemeinsinn, Kulturtreffs und sozialen Einrichtungen wie einen Kindergarten zu bauen. Das kann nur kommunal passieren. "Die Stadt muss einen Fuß in der Tür haben", so Engel. "Und man muss ehrlicherweise sagen, auch die Sachsen-Energie ist nicht frei von wirtschaftlichen Erwägungen", so Engel.

Deshalb soll der Stadtrat beschließen, dass der Oberbürgermeister mit den Eigentümern verhandelt und Dresden schließlich Flächen kauft. Der Druck auf das Areal "Alter Leipziger Bahnhof" ist immens. Hier gibt es so viele Interessen, dass die von vornherein kaum unter einen Hut zu bringen sind. Gewerbetreibende werden vielleicht bleiben wollen, Eigentümer nicht verkaufen oder wenn, dann zu horrenden Preisen. Die Stadt ihrerseits muss etwas tun - sie braucht dringend bezahlbaren Wohnraum. Dresden hat 10.000 Sozialwohnungen, deren Status bis 2036 ausläuft. "Wir wissen jetzt schon, dass wir das nicht kompensieren können", so Vincent Drews, der sich mit sozialem Wohnen befasst.

Die Stadt braucht also Geld, um der Vonovia Wohnungen abzukaufen, die sonst an Private gehen und unweigerlich weg sind vom sozialen Markt. Dresden muss aber auch neu bauen - und verbraucht schon mal viel Geld für die Flächen. Auch freie Wohnprojekte melden Ansprüche für Baugemeinschaften an. Dazu befindet sich das Areal am Rande der Neustadt, deren Klientel steigende Mieten zunehmend Probleme machen. Nebenan in der "Hafencity" verweist die SPD auf die Art Wohnungsbau, wie er eben nicht stattfinden soll.

Der "Alte Leipziger Bahnhof" treib Denkmalschützer um: Er war schließlich der erste Bahnhof in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden, Endpunkt der 1839 eingeweihten ersten deutschen Ferneisenbahn Leipzig-Dresden - und ist damit ein besonderes Zeitzeugnis, an das Backsteinbauten, aber auch Ruinen wie Lokschuppen und Bahnsteig erinnern. Das sollte Dresden nicht einfach wegbaggern. Gerade die alten Bahnsteige sind aber auch ein ganz anderer Erinnerungsort - der an die schrecklichen Deportationen von Juden. Dafür soll es einen Erinnerungsort geben, der schon im Entstehen ist - ein Jüdisches Begegnungszentrum hat sich bereits angesiedelt.

Gleich nebenan ist ein alternatives Camp untergekommen, das aus der Hafencity hier her umgezogen ist, als dort gebaut wurde. Aus diesem Geflecht an Wünschen und Forderungen etwas Sinnvolles machen, so lautet jetzt die wirkliche Aufgabe.

 


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