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Carola Pönisch

Wackerbarth testet neue Rebsorten

Auf dem Johannisberg in Radebeul pflanzten die Winzer von Schloss Wackerbarth die Rotweinsorte Gamay, die erstmals im 14. Jahrhundert erwähnt wurde, im französischen Beaujolais bis heute eine Leitrebsorte ist, aber von weinbauerfahrenen Mönchen einst auch in Sachsen gehegt und gepflegt wurde. In Diesbar-Seußlitz wächst jetzt Pinotin.

Wenn es um Weinanbau geht, dann gehört Sachsen zu den Gewinnern des Klimawandels. Doch ausgerechnet an dem Tag, an dem die Winzer von Schloss Wackerbarth 6.500 Reben der Sorte Gamay auf dem Radebeuler Johannisberg in die Erde bringen, pfeifft Sturm Eugen so heftig und hängen dicke dunkle Wolken so tief, dass von Frühlingsgefühlen keine Rede sein kann. Der Wonnemonat Mai, er kam bisher eher als Winterausläufer daher... Dennoch sitzen die Winzer des Staatsweingutes seit 7 Uhr morgens auf dem Traktor und stecken die neuen Reben Reihe für Reihe schnurgerade in die Erde. Auf der 1,3 Hektar großen Fläche, die am 4. Mai neu aufgerebt wurde, wuchs in den letzten 33 Jahren Dornfelder heran. Nun wird es drei Jahre dauern, bis sich erste Erfolge einstellen und im Weinkeller des Staatsweingutes mit dem Ausbau der neuen Rebsorte begonnen werden kann, Denn erst im Weinjahr 2024 werden Wackerbarths Winzer voraussichtlich die ersten Rotweintrauben lesen können. "Wir sind auch Versuchsstation" Schloss Wackerbarth ist das erste Weingut in Sachsen und auch eines der ersten Weingüter in ganz Deutschland, das diese französische Rebsorte in die hiesigen Weinberge zurückbringt. "Als Staatsweingut des Freistaates sehen wir darin auch eine gewisse Verpflichtung. Wir testen neue Rebsorten nicht nur für uns, sondern auch im Interesse aller Winzer", sagt Sonja Schilg, Geschäftsführerin von Schloss Wackerbarth. Dass der Gamay hier gut gedeiht, davon ist auch Weinbauleiter Till Neumeister überzeugt."Der Klimawandel macht es möglich, dass auch im dWeißweinland Sachsen immer mehr Rotweine heranwachsen. In unseren Weinbergen könnten bald weitere Spitzenrotweine reifen, wie wir sie heute aus dem Beaujolaise oder Burgund kennen", schwärmt er. Die Neuen: Gamay und Pinotin Gamay wurde erstmals im 14. Jahrhundert erwähnt und ist bis heute die Leitrebsorte im Beaujolais. Ihre französische Heimat erhielt der Rotwein durch einen Konflikt: Ende des 14. Jahrhunderts war der robuste Gamay im Burgund so beliebt, dass er dem heimischen Burgunder ernsthafte Konkurrenz machte. Um diesen zu schützen, verbot Philip der Kühne von Burgund kurzerhand den Anbau von Gamay in seinen Ländereien. Im angrenzenden Beaujolais galt dieses Verbot jedoch nicht. Hier gedieh die Gamay-Rebe sogar noch besser und entwickelte sich zur Leitrebsorte der Region. In den 1970er-Jahren entwickelte sich der Rotwein als „Beaujolais primeur“ und „Beaujolais nouveau“ zum Trend in Paris – wurde damit auch über die Grenzen Frankreichs hinaus bekannt. Typisch für junge Gamay-Weine ist ihre Fruchtigkeit, Eleganz und lebhafte Frische mit Aromen von Himbeeren und Kirschen. Gamay gedeiht wunderbar in „Cool Climate“-Regionen wie Sachsen, wächst heute außerhalb Frankreichs unter anderem auch in der Schweiz, in Italien, Südafrika oder Kalifornien. Eine zweite neue Sorte im Elbland ist der Pinotin. Er wächst jetzt in Diesbar-Seußlitz, auf einer 0,8 Hektar großen Flachlage mit Löss-Lehm-Boden. 3.500 Reben werden in dieser ersten Maiwoche gepflanzt.Diese moderne pilzwiderstandsfähige Rotweinsorte züchtete der Schweizer Rebenzüchter Valentin Blattner erst 1991 aus dem Spätburgunder. Die Rebsorte verspricht auch unter schwierigen klimatischen Bedingungen robuste Erträge. Im Unterschied zum Gamay, der sortenrein ausgebaut wird, werden Weinliebhaber den Pinotin in Cuvéeweinen wiederfinden. "Der Pinotin erinnert im Glas an Spätburgunder, jedoch mit mehr Farbdichte und Tiefe", weiß Weinbauleiter Till Neumeister. >>HIER<< gibt's ein Video vom Aufreben der Sorte Gamay auf dem Johannisberg Radebeul.


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