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Spielsalon für Jugendliche

Wenn Jugendliche oft und gern am Computer sitzen, muss das nicht gleich ein Problemverhalten sein.
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Peg Koedel ist Medienpädagogin und beschäftigt sich mit der Spielkultur von Jugendlichen. Der WochenKurier hat mit ihr über Computergames und ein neues Projekt gesprochen.
 
Welchen Stellenwert haben Games bei Jugendlichen?
Wir haben es mit einer Jugendkultur zu tun. Fast jedes Kind hat schon einmal online etwas gespielt. Selbst die Kleinsten probieren auf dem Handy von Papa oder Mama aus, was es da zu entdecken gibt. In unserem Alltag gehört es mittlerweile dazu, dass digital gespielt wird. Das Erkunden neuer Technik ist schon eine Form des Spielens. Bei Games werden Strategien und Lösungen erforscht, das kreative Denken gefördert. Das muss keine Zeitverschwendung sein, weil die kognitive Herausforderung eine große Rolle einnimmt. Da ist oft Konzentration oder Logik gefragt. Jede Spielform hat ihre eigenen Herausforderungen. Natürlich gibt es aber auch Grenzen.
 
Wie sehen diese aus?
Menschen haben alle für neue Dinge ein Lernfenster. Wer etwas neu entdeckt, beschäftigt sich automatisch intensiver damit, ob als Erwachsener oder als Kind. Dabei entsteht eine Faszination, die anhält oder auch wieder verschwindet. Wer älter ist, hält Computerspiele vielleicht für Zeitverschwendung, aber Kinder können eine ganz andere Sicht haben.
 
Woran erkennt man das gesunde Maß?
Wichtig ist die Beobachtung, wie ein Kind sich verhält. Wer fasziniert ist, verliert sich schnell in seiner Beschäftigung. Als Erwachsener muss man Hilfestellung geben, wenn Anzeichen für einen hohen Spielkonsum sichtbar werden. Allgemein gültige Maßstäbe gibt es aber nicht. Hier ist eine individuelle Einschätzung gefragt, da jeder Mensch anders tickt. Manchmal werden Jugendliche aggressiv, wenn sie beim Spielen unterbrochen werden. Aber das werden Erwachsene auch, wenn sie aus intensiven Ereignissen gerissen werden! Es ist ratsam, miteinander eine Lösung auszuhandeln und nicht einfach die Konsole abzuschalten.
 
Wann ist jemand spielsüchtig?
Es gibt keine Computerspielsucht, jedenfalls keine Definition dafür. Die Kriterien für suchtähnliches Verhalten sind dieselben wie beim Alkohol oder Drogen. Wenn Jugendliche sich vernachlässigen, die Eltern keinen Zugang mehr finden oder die Kinder nur noch über das Spiel nachdenken, ist eine gewissenhafte Beobachtung angebracht. Allerdings darf man Verhalten nicht fehlinterpretieren, denn wer ein Game komplett durchspielt, ist nicht gleich süchtig, sondern befindet sich im angesprochenen Lernfenster. Hier ist Differenzierung und nicht gleich die Keule gefragt.
 
Gibt es gute und schlechte Computerspiele?
Das ist Geschmackssache. Jedes Game hat seine Herausforderung, weil es um Teamwork, Treffsicherheit oder Rätsel geht. Viele Spiele sind beliebt, weil sie helfen, auch einmal den Alltag auszuschalten. Das ist typisch für jedes Hobby, wenn man in eine neue Welt eintaucht und den stressigen Rest vergisst.
 
Verklärt das nicht die Realität?
Damit so etwas nicht passiert, sind die Begleitpersonen gefragt, also Eltern oder Lehrer. Ein Abgleich mit der Realität ist immer wichtig, also auch der Spaß im Alltag. Wer diesen nicht findet, neigt schnell zur Flucht in eine Phantasiewelt. Das ist bei anderen Suchtmitteln auch so. Wer zu oft am Computer hängt, hat möglicherweise zu wenig positive Erfahrungen im realen Leben.
 
Der Salon für Spielkultur, ein neues Projekt, startet im September. Worum geht es da?
Die Idee dazu kam von Jugendlichen selbst, die gern in einer größeren Gruppe gemeinsam Computerspiele ausprobieren. Sie möchten alle gern mal auf die Gamescom, der größten Fachmesse der Gaming-Branche in Deutschland. Für das Mekka der Spielindustrie können sich die Teilnehmer am Spielsalon eine Eintrittskarte "verdienen", in dem sie im ehemaligen Casablanca-Kino bestimmte Computerspiele selbst ausprobieren und darüber berichten. Sie sollen dabei eine Bewertungskompetenz entwickeln und Faktoren wie den Spielinhalt, das Design, die Benutzerfreundlichkeit oder den Schwierigkeitsgrad einordnen und rezensieren. Beim Spielen soll ja die Herausforderung im Mittelpunkt stehen und nicht das stundenlange Rumdatteln.
 
Um welche Spiele geht es?
Der Fokus liegt mehr auf Games, die nicht so bekannt sind. Die meisten Spielenden kennen "Need for Speed" oder "World of Warcraft". Bei YouTube findet man dazu bereits viele Tutorials, also Leitfäden, daher sollen im Spielsalon eher die noch unbekannten Spiele thematisiert werden.
 
Wer kann mitmachen?
Es ist ein offenes Angebot, also kann jeder mitmachen. Zu Beginn werden wir ein bestimmtes Spiel thematisieren, aber später können die Teilnehmer auch eigene Vorschläge einbringen. Geeignet ist das Angebot für Jugendliche ab 12 Jahre. In so einem Alter ist das Verständnis für Games sinnvoll ausgeprägt. Aller zwei Wochen werden wir uns jeweils von 18 bis 21 Uhr treffen, eine Gaming-Area aufbauen, viel spielen und besprechen.
 
Was ist aktuell ein Spieletrend?
Das lässt sich schwer sagen, da jede Altersgruppe eigene Favoriten hat. Zugenommen hat das Spielen im Internet mit Freunden oder Menschen auf der ganzen Welt. Jugendliche nutzen diese Vernetzung eher in ihrem eigenen Bekanntenkreis. Nach der Schule gehen sie nach Hause, verabreden sich zum Spielen und zocken dann online gemeinsam. Das funktioniert auch, wenn Freunde wegziehen, weil der Kontakt auf dieser Ebene aufrecht erhalten wird. So werden Freundschaften weiter gepflegt. Das hat einen starken sozialen Charakter, der den Computerspielern oft abgesprochen wird. Der Zusammenhalt bleibt aber groß und einmal im Jahr trifft man sich dann auf der Messe Gamescom. Infos und AnmeldungFoto: Pohl


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