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Carola Pönisch

Notruf 110 - Willkommen in der Warteschleife

Wer die 110 anruft, hat in aller Regel ein Problem und erhofft sich Hilfe von der Polizei. Doch wie lange muss man am Telefon bleiben, ehe sich ein Beamter meldet? Ein Beispiel zeigt, dass Geduld gefragt sein kann.
Fotomontage: Schramm

Fotomontage: Schramm

Als Tim (14) am vergangenen Mittwoch sich in Torgau bei seiner Oma aufs Rad schwang, um heim nach Dresden zu radeln, war die Welt für Silvia R. (beide Namen geändert) noch in Ordnung. Ihr Großer ist ein kluges und vor allem sehr selbstständiges Kerlchen, was soll schon schiefgehen. Doch schon bald machte sich seine Mutter Sorgen: Inzwischen goss es zeitweise wie aus Kübeln, ihr Sohn meldete sich nicht mehr. Aus anderen Bundesländern liefen Hiobsbotschaften wegen sintflutartiger Regenfälle über die Ticker. Was also tun? Die Polizei weiß Rat, dachte sich Silvia R. und wählte 18.26 Uhr das erste Mal die 110. Nach dem Klingeln hörte sie die Bandansage „Sie werden verbunden“, danach wieder Freizeichen.  „Ich habe eine Minute gewartet, mir das Rufzeichen angehört und dann aufgelegt“, erzählt Silvia R. Kurz danach der zweite Versuch, inzwischen ist es 18.28 Uhr. Wieder wählt sie 110, hört die Bandansage, danach Freizeichen. Nach 40 Sekunden legt sie erneut auf. Erreicht hat sie bei der Dresdner Polizei niemanden.  Virtuelle Leitung Polizeisprecherin Jana Ulbricht versucht das Problem zu erklären: „Die 110 ist keine ‚gerade‘ Telefonleitung wie ein normaler Anschluss, sondern eine virtuelle Leitung ohne Besetztzeichen. Die Anrufer landen nacheinander in einer Art Warteschlange. Sobald ein Notruf abgearbeitet ist, wird das nächste Gespräch angenommen.“ An jenem Mittwochabend seien neun Kollegen im Einsatz gewesen. „Weil Frau R. den ersten Anruf beendete, landete sie beim zweiten Anruf auf dieser Liste wieder am Ende.“  Normalerweise werden „verlorene Notrufe ausfindig gemacht“, wie Jana Ulbricht erklärt, was bedeutet, dass der Anrufende durchaus von den Polizeibeamten zurückgerufen wird. „Warum das an jenem Abend nicht geschah, kann jetzt nicht geklärt werden“, gibt die Polizeisprecherin zu. 360 Anrufe pro Tag Im Lagezentrum der Notrufzentrale gehen im Schnitt täglich 360 Notrufe ein, mitunter sind es deutlich mehr als 400. Und zwar nicht nur aus Dresden, sondern auch aus den Landkreisen Meißen und Sächsische Schweiz.  Um Hilfe gerufen wird bei Unfällen, Lärmbelästigung, Einbruch, Streit in der Nachbarwohnung, der Katze im Baum – und wenn Menschen vermisst werden. Im Falle von Silvia R. löste sich das Problem zum Glück kurz nach 19 Uhr auf, als Sohn Tim tropfnass und unterkühlt vor der Tür stand. Doch was, wenn die Sache nicht so glimpflich verlaufen, wenn Hilfe dringend erforderlich gewesen wäre? „Bleiben Sie am Telefon, haben Sie Geduld, bis sich ein Kollege meldet und beantworten Sie dann die wichtigen W-Fragen“, rät Jana Ulbricht.

W-Fragen:

Wer (meldet den Vorfall: Name, Adresse, Telefon angeben) ? Wo (ist etwas passiert) ? Was (Art des Geschehens) ? Wann (genaue Zeitangabe) ? Wieviele (Beteiligte) ? Guter Rat: Ruhe bewahren Guter Tipp: Notrufe werden aufgezeichnet


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